Eine Frau mit Kind auf dem Schoss sitzt fassungslos vor dem Computer.

Monatelange warten Familien in Not auf das Corona-Geld: Wer die Behörden nervt, muss noch länger warten: Credit: pexels.com/Anastasia Shuraeva

/ 3. August 2020

Schnell und unbürokratisch sollte die finanzielle Hilfe für Eltern sein, die von der Corona-Krise hart getroffen wurden. Doch viele warten seit Monaten auf das Geld. Mittlerweile hat sich eine Facebook-Gruppe mit tausenden wütenden Betroffenen formiert.

 

Die Stimmung in der Facebook-Gruppe “Corona - Familienhärteausgleich 2020 AT” schwankt zwischen Verzweiflung, Zorn und Euphorie - jedoch nur bei denjenigen, die nach monatelangem Warten endlich einen positiven Bescheid erhalten haben. 

Mit Galgenhumor gegen die Verzweiflung

Immerhin zeigen einige der über 3.300 Mitglieder Humor. So meint etwa eine Mutter, die schon unzählige Male in der Warteschleife der Ministeriums-Hotline hing, um nachzufragen, ob und wann sie denn endlich mit Geld aus dem Familienhärtefallfonds rechnen könne: “Mit welcher Standardantwort ich das nächste Mal vertröstet werde, wird bestimmt gewürfelt.” 

Darauf eine andere: “Nein, die ergeben sich aus den letzten drei Ziffern der anrufenden Nummer!”

 

Zehntausende Familien warten seit Monaten auf Geld

Doch Grund zum Lachen haben die rund 65.000 Betroffenen eigentlich nicht, die im Familienministerium um Geld aus dem Familienhärtefallfonds angesucht haben. Dieser Fonds in der Höhe von 60 Millionen Euro wurde eingerichtet, um coronabedingte Einkommensausfälle zu kompensieren. Durchschnittlich werden 1.500 Euro ausbezahlt. Ansuchen dürfen Eltern, die aufgrund der Corona-Krise ihren Job verloren haben, massive Einkommens-Verluste hinnehmen mussten oder in Kurzarbeit geschickt wurden. 

 

Wer nervt, muss noch länger warten

Doch anstelle von schneller und unbürokratischer Hilfe, so wie es die Regierung versprochen hat, bekommen viele seit Monaten im besten Fall nur automatische Antworten oder werden am Telefon vertröstet. Und oft ist dann die Rückmeldung ganz anders als erwartet, wie ein Betroffener berichtet: “Als Antwort habe ich bekommen, dass ich denen am A… gehe, weil ich dauernd anrufe, Mails schicke, nachfrage und so weiter. Und dann meinten sie, dass sie als letztes mich auszahlen werden.” 

Auch der Screenshot eines anderen Gruppenmitgliedes beweist: Wer endlich Klarheit haben will und ob der mangelnden Information mehrere Nachrichten schreibt, muss noch länger warten:

 

Chaos und Kritik an Abwickelung des Familienhärtefallfonds

Dass es Probleme bei der Ausbezahlung und Bearbeitung der vielen Anträge gibt, ist nicht neu. Das Familienministerium hat Besserung versprochen und die MitarbeiterInnenzahl verdoppelt. Doch offensichtlich gibt es noch immer Probleme. 

Kritikpunkte, die in der Gruppe regelmäßig auftauchen:

 

  • Ansuchen kommen nicht an: Manche Betroffenen berichten darüber, schon etliche Male eingereicht zu haben. Doch bei Nachfrage scheinen sie nicht im System auf. Sogar Einreichungen, die mit der Post eingeschrieben versendet wurden, scheinen verloren gegangen zu sein. So viele Mails gingen anscheinend verloren, dass einige in der Gruppe sogar darüber diskutieren, ob nicht eine “Black List” oder ein Spam-Filter Schuld daran seien, dass so viele Nachrichten nicht im Ministerium ankommen.

 

  • Fehlerhafte Einreichungen: Laut Auskunft des Familienministeriums sind rund 25.000 Anträge unvollständig. Erst Wochen später werden Familien benachrichtigt, welche Unterlagen fehlen. Doch manches ist einfach unklar formuliert: So müssen etwa beide Seiten der Bankomatkarte abfotografiert werden, was vielen nicht bewusst war, da nur ein Foto hochgeladen werden kann. Doch offensichtlich kommen auch viele Dokumente einfach nicht an: Viele beschweren sich, dass nach wochenlanger Wartezeit die Nachreichung von Dokumenten verlangt wird, die längst eingesendet wurden. 

 

  • Nicht nachvollziehbare Reihung: Manche Familien, die bereits im April eingereicht haben, wissen bis heute nicht, ob sie überhaupt jemals Geld aus dem Familienhärtefallfonds erhalten werden. Andere, die erst im Juni oder Juli eingereicht haben, hatten das Geld binnen zehn Tagen am Konto. Das verärgert natürlich jene, die schon ewig warten und manche fragen sich, ob die Bearbeitung nach dem Prinzip Brieflos erfolgt und das Glück entscheidet, welcher Antrag als Nächstes dran kommt.

 

  • Unverständliche Ablehnung: Der Familienhärtefallfonds soll Einkommensverluste durch Corona ausgleichen. Doch manche werden abgelehnt, auch wenn sie Einbußen hatten. Diese Mutter versteht die Welt nicht mehr: “In meinem Bescheid steht, dass ich keine Verluste habe. Aber das stimmt nicht. Ich habe nun 400 bis 600 Euro weniger im Monat. Was soll ich nun tun? Neu beantragen?” Manche vermuten, dass eventuell bei den zahlreichen und schnellen Bearbeitungen Sonderzahlungen, Prämien oder Urlaubsgeld falsch berechnet werden würden.



 

Kein Wunder, dass angesichts dieser Probleme manche Familien wütend sind, wie diese Mutter, die bereits im April eingereicht hat und noch immer auf eine Antwort wartet: “Wir fühlen uns nur mehr verarscht, wir haben jetzt schon zwei Mal das Gleiche nachreichen müssen. Ganz verstehe ich nicht, was das mit einer Soforthilfe zu tun haben soll. Aber bis Weihnachten werde ich vielleicht das Geld oder einen Bescheid haben.” 

 

MOMENT hat das Familienministerium um eine Stellungnahme zu all diesen Vorwürfen gebeten, aber bis Redaktionsschluss keine Antwort erhalten.

 

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