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Kapitalismus
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Tax me now: Sogar Reiche und Superreiche wollen, dass sie endlich besteuert werden

Tax me now: Ein Bild einer Superyacht im Hafen.
Tax me now: Eine Superyacht muss dann auch mal genug sein. Reiche wollen besteuert werden. Foto: Diego F. Parra/Pexels
Die Vermögensverteilung gerät aus den Fugen und auch den Reichen fällt es auf. Mit der Aktion "Tax me now" preschen manche von ihnen auch in Österreich, Deutschland und der Schweiz vor und fordern von der Politik: Besteuert uns endlich.

In Deutschland gibt es 2,2 Millionen Dollar-Millionäre, in der Schweiz 800.000, in Österreich noch einmal etwa 300.000. Viele von ihnen haben nie etwas Herausragendes geleistet, nicht mehr Herzblut und Schweiß in ihre Arbeit gesteckt als die meisten Menschen das täglich tun. Sie haben geerbt, hatten die richtigen Kontakte, die richtige Familie und die richtigen Möglichkeiten. Andere Möglichkeiten.

Immerhin: Einige von ihnen entdecken, dass die Vermögensverteilung so nicht bleiben kann. Unter ihnen ist die angehende Millionenerbin Marlene Engelhorn, die jüngst öffentlich bekannt gab, 90% ihres Erbes spenden zu wollen. Die Gruppe hofft, dass sich mehr Menschen – MillionärInnen oder nicht – ihren Forderungen anschließen.

„Tax me now“: Besteuert die Reichen endlich

Tax me now“ heißt ihre neue Initiative, die am Wochenende mit Artikeln in der Süddeutschen Zeitung (Bezahlschranke) und im Standard gestartet ist. Sie fordern Vermögenssteuern und Erbschaftssteuern für ihresgleichen. Sie fordern progressive Steuersysteme, die konsequent jene mehr beitragen lassen, die mehr haben. Sie fordern mehr Einsatz im Kampf gegen Steuervermeidung und Steuerhinterziehung.

Die Zahl der MillionärInnen und noch reicheren Menschen wächst. Das ist aber kein Ausdruck einer immer reicher werdenden Gesellschaft. Die Reichen werden tatsächlich reicher. Das reichste Prozent in Österreich hat 40% des Nettovermögens. Gehört man zu dieser Gruppe, erbt man im Schnitt auch noch 3,4 Millionen Euro, während die meisten Menschen überhaupt nie etwas Nennenswertes erben. Die reichsten 10% des Landes bekommen 90% jener Einkommen, die aus Vermögen entstehen. Und während die höchsten Einkommen (Managergehälter explodieren im Vergleich zu denen ihrer Angestellten) wachsen, stagnieren die meisten und schrumpfen die niedrigen Einkommen sogar seit Jahrzehnten.

 
Die Steuern auf Löhne und Gehälter tragen immer mehr, die auf Vermögen immer weniger öffentliche Leistungen

Die Steuern auf Löhne und Gehälter tragen immer mehr, die Steuern auf Vermögen immer weniger öffentliche Leistungen

Die großen Vermögen vermehren sich

Österreich ist ein reiches Land. Aber, wie in der ein oder anderen Form überall, passt auch hier die Verteilung des Kuchens einfach nicht. Plakativ zeigt sich das daran, dass den über 300.000 Dollar-MillionärInnen auch über 300.000 Kinder und Jugendliche gegenüberstehen, die an oder unter der Armutsgrenze leben müssen. 

Für die meisten Menschen in Österreich ist trotz jahrzehntelangem Wirtschaftswachstum und steigender Produktivität der Reichtum schon von „einfachen“ Millionären völlig außer Reichweite – von MultimillionärInnen und MilliardärInnen ganz zu schweigen. Die meisten sind froh, wenn sie nicht zu denen gehören, die ärmer werden. Und auch davon gibt es viel zu viele.

Reiche leisten weniger für die Allgemeinheit

Es sind die Einkommen der ohnehin schon Reichen, die kaum oder gar nicht besteuert werden. Sie ergeben sich aus Vermögenszuwächsen, aus Aktiengewinnen oder noch leistungsloser: aus Erbschaften. Sie parken es – meist aber auch nicht immer legal – in Steuersümpfen und Stiftungen, rechnen sich und ihren Unternehmen die Steuerschuld schön. Das Vermögen derer, die kaum noch wissen können, wohin mit ihrem Geld, das wächst. Und das ohne einen gerechten Beitrag zur Finanzierung der Allgemeinheit zu leisten, von der sie jeden Tag profitieren.

Und wenn sie freiwillig doch etwas für gute Zwecke geben, verleiht ihnen auch das Macht – weil wohltätige Organisationen, NGOs und Parteien von ihnen abhängig werden, weil das Geld der Reichen bestimmt, welche Probleme wichtig sind, und welche nicht. 

All das ist ganz anders als bei Normalsterblichen, die mit jedem Einkommens-Euro einer höheren Steuerstufe näherkommen und auf jeden Einkauf Mehrwertsteuer zahlen. Wie die jüngsten Leaks in den USA gezeigt haben, tragen NormalverdienerInnen zigfach mehr zum Steuertopf bei als Reiche. Das ist überall so. Und deshalb entscheidet bei ihnen das Finanzministerium, was mit dem beigetragenen Geld passiert.

Gleiches Recht für alle

In einer Demokratie ist das normal und gut, denn in letzter Konsequenz sollte dann die Bevölkerung gemeinsam entscheiden, was wichtig ist. Und sie will Vermögenssteuern seit geraumer Zeit. Es kann in letzter Konsequenz auch keine andere, gerechte Lösung für all das geben, als dass das endlich auch Reiche mit den gleichen Rechten und Pflichten ausgestattet werden – und nicht davon profitieren, dass sie sich ihre Einkunftsarten und Steuerschuld gestalten können, wie es ihrer Steuerberatung einfällt. 

Namhafte ExpertInnen und linke Parteien fordern es seit langem, sogar neoliberale internationale Institutionen drängen auf mehr Reichenbeiträge. Und nun verlieren sogar die Reichen selbst die Geduld. Wer fehlt? Die Regierungen, die konservativen, rechten und liberalen Parteien. Es ist höchste Zeit, dass sie aufwachen.

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