Epstein-Files: Zerfallserscheinungen bei Trumps MAGA-Bewegung
Womöglich stolpert Trump am Ende über ein Netzwerk reicher Männer, die Minderjährige sexuell ausgebeutet haben und glaubten, über dem Gesetz zu stehen.
Es wäre ein Treppenwitz. Das herbeigeraunte “Pädophilennetzwerk” war doch fest in der Verschwörungs-Mythologie von QAnon und Pizzagate verankert. Deren Anhänger himmeln Trump allerdings in der Regel an.
Das Netzwerk reicher Männer, die Minderjährige sexuell ausgebeutet haben, gibt es also wirklich. Aber anders als sich die Verschwörungsideolog:innen das dachten. Denn am Ende scheint der eigene Held tief drinnen zu stecken. Anders scheint das panische Verhalten von Donald Trump nur schwer zu erklären.
Das könnte dir auch interessieren
Der Fall Jeffrey Epstein
Im Wahlkampf hat Trump selbst noch versprochen, den gesamten Akt zu Jeffrey Epstein zu veröffentlichen. Der Unternehmer Epstein geriet 2006 ins Visier von Ermittler:innen und wurde zum ersten Mal 2008 festgenommen, weil er ein minderjähriges Mädchen missbraucht hat (mehrere minderjährige Opfer beschuldigten ihn). Durch einen Deal, der ohne Absprache mit den Opfern entstand, entging einer Gefängnisstrafe, musste sich aber als Sexualstraftäter registrieren.
Spätestens ab diesem Zeitpunkt konnte jeder Mensch in seinem Umfeld alles wissen. Elf Jahre später, 2019, wurde er erneut festgenommen. Die Anklagepunkte waren dieses Mal Menschenhandel und Zwangsprostitution von Minderjährigen. Bevor es zum Prozess kam, starb Epstein in seiner Zelle. Offiziell wurde es als Suizid erfasst, Ungereimtheiten verbleiben.
Die Epstein-Files
In Vorbereitung zu diesem Prozess wurde viel Material gesammelt (oft als Epstein-Files bekannt). Dieses beinhaltet wohl viele prominente Männer, die kein Problem hatten, weiter eng Kontakt mit Epstein zu halten und sich teils auch auf Epsteins Karibikinsel fliegen zu lassen.
Wer genau dies ist, ist unklar, deswegen gibt es ein wachsendes Interesse einer politischen Öffentlichkeit dies zu erfahren. Einige Namen sind klar: Der britische Prince Andrew (seit der Aberkennung seiner Titel nun als Andrew Mountbatten-Windsor bekannt). Der Ökonom Larry Summers hat sich selbst als Epstein-Vertrauter geoutet.
Trump in den Epstein-Files
Was teilweise veröffentlichte Auszüge schon klarmachen: Der Name Donald Trump taucht bei verschiedenen Gelegenheiten auf. Ein paar sind in der Öffentlichkeit noch wegzureden, weil Trump Epstein lange vor den ersten Ermittlungen kannte. Etwa, dass Trump in Epsteins Adressbuch steht.
Andere sind eklig. Wie andeutungsvolle Geburtstagsgrüße von Trump an Epstein - aber bisher kommt Trump damit durch, dass er sie bestreitet. Enger wird es eben schon in den vor einer Woche geleakten Mails, in denen Epstein dem Journalisten Michael Wolff schreibt: “Natürlich wusste Trump von den Mädchen”. Und in einer anderen Mail an Epsteins Partnerin Ghislaine Maxwell (die wegen sexuellem Missbrauchs von Kindern verurteilt ist und in Haft sitzt) erzählt, dass Trump “in meinem Haus Stunden mit [einem Opfer] verbracht” habe.
Dass der US-Präsident offenbar eng mit dem Kopf eines Rings zur sexuellen Ausbeutung unter anderem von Minderjährigen befreundet war und zumindest von dessen Missbrauch Minderjähriger wusste, ist nicht nur moralisch verwerflich. Es macht ihn auch erpressbar für ausländische Geheimdienste.
Republikanische Abtrünnigkeit
Das Repräsentantenhaus (die zweite Kammer im US-Parlament neben dem Senat) hat die Möglichkeit, eine Herausgabe der Akte zu erzwingen. Genau dieser unwahrscheinliche Fall eingetreten. Denn vier republikanische Abgeordnete wurden abtrünnig und haben sich der demokratischen Minderheit angeschlossen.
Trump hat hier einige seiner loyalsten Abgeordneten verloren. Er hat mit Drohungen und Diffamierungen versucht, sie wieder zu sich zu lotsen. Es hat nicht funktioniert. Über die Herausgabe wurde nun abgestimmt. Nach ewig langer Blockade durch die Mehreit der Republikaner:innen wurde sie im Repräsentantenhaus plötzlich beinahe einstimmig beschlossen und wurde auch durch den Senat gewunken.
Wer will schon namentlich in die Geschichtsbücher eingehen als jemand, der das kriminelle Pädophilennetzwerk geschützt hat? (Es gibt eine Antwort: Der rechtsextreme Trump-Verbündete und Republikaner Clay Higgins war im Repäsentantenhaus die einzige Stimme gegen die Herausgabe.) Trump selbst muss den Akt noch unterschreiben.
Was kommt nach Trump?
Werden die Akte wirklich unbearbeitet und unverfälscht herausgegeben, dann dürfte wohl kein Stein auf dem anderen bleiben. Und wenn Trump dadurch wirklich weiter belastet und seine Verwicklung unleugbar wird, ist er zumindest als Lichtfigur der Bewegung Geschichte - vielleicht sogar als amerikanischer Präsident.
Der Streit um die Epstein-Akten zeigt: Trumps Macht bröckelt. Er kann sich nicht mehr so durchsetzen wie noch vor wenigen Monaten. Im Machtkampf um die Republikanische Partei bringen sich Leute in Stellung, aber auch seine “MAGA”-Bewegung zerfällt längst in verschiedene Lager.
Die beiden aussichtsreichsten Nachfolger hier sind Vizepräsident JD Vance und sein eigener Sohn Donald Trump Jr. Beide haben (sogar aus MAGA-Sicht) massive Schwächen.
Für Donald Trump jr. spricht eigentlich überhaupt nichts - außer, dass er der Sohn seines Vaters ist.
Aber auch JD Vance ist niemand, der Massen begeistern kann. Die aktuelle Regierung funktioniert in guten Teilen ohne ihn. Er wird aus wichtigen Angelegenheiten ausgeschlossen.
Das führt zu einer Zwickmühle für MAGA. Wenn die Epstein Files rauskommen, dann können sie mutmaßlich nicht mehr mit Trump leben, aber ohne ihn eben auch nicht.
Das könnte dir auch gefallen
- Der Mythos vom wertfreien Journalismus: Keine Haltung ist auch eine Haltung
- Klimaschädliche Subventionen: Wo die Regierung Milliarden auf der Straße liegen lässt
- Shutdown beendet: Die Demokraten haben es immer noch nicht verstanden…
- Auch im Fall Wöginger: Immer Opfer - die ÖVP
- Die angekündigte „Fluchtwelle“ afghanischer Frauen, die nie kam
- Warum Zohran Mamdani der beste Kommunikator von links ist
- Rechenfehler im System: Die unnötige Panik um die Lohnquote
- Dass über den Sozialstaat nur noch autoritär geredet wird, ist ein demokratisches Versagen