Wie Gavin Newsom Donald Trump trollt
Der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom ist nicht unbedingt ein linker Revoluzzer. Er unterscheidet sich dennoch deutlich von anderen demokratischen Politiker:innen mit ihren hilflosen Agentur-Floskeln. Er (bzw. sein Team) setzt nicht mehr auf die naive Idee des Wettbewerbs oder der eines demokratischen Austauschs. Sie haben verstanden, dass Social Media ein Schlachtfeld ist, und verhalten sich entsprechend. Im Fall von Gavin Newsom sieht das so aus, dass er Trump nachäfft. Er schreibt im Stile der trump’schen Truth-Social-Posts eigene Tweets. Er muss dafür gar nichts ironisch überhöhen. Es reicht aus, dass sie einer anderen Person als Trumps zugeordnet sind, um eine Komik zu entwickeln. Alles ist großgeschrieben, willkürlich werden Anführungsstriche gesetzt, ironiefreies Eigenlob und alles eingebettet in einen redeschwallartigen Gedankenstrom. Am Schluss wird für die Aufmerksamkeit in der Sache gedankt und fertig ist der trumpeske Newsom-Post. Seine Tweets erreichen in der Sache (es geht vor allem um die Zeichnung der Wahlbezirke) nichts und sollen es auch nicht. Es geht einzig darum, den Gegner fertigzumachen. Das gelingt sehr gut. Denn die wichtigste Währung im permanenten Online-Kulturkampf ist Aufmerksamkeit. Newsom bindet so die Aufmerksamkeit an sich.
Newsoms erstes Ziel: Aufmerksamkeit
Man könnte einwenden, dass Aufmerksamkeit um der Aufmerksamkeit willen noch kein Gewinn ist. Das stimmt im Jahr 2025 nicht mehr. Jede Aufmerksamkeit weg von rechten Kulturkriegern ist ein Gewinn. Der liebe nette, getestete Agentur-Sprech, mit dem Politiker:innen jahrzehntelang durchgekommen sind, hat ausgedient. Der war immer nur gut, um in Presseaussendungen und dann in Zeitungen vorzukommen. Im Prinzip konnte man das alles schon vorher wissen. Deswegen hatte Trumps Stil auch Erfolg. Die Unberechenbarkeit und das Amusement, eine ganze Klasse von zentristischen Politiker:innen zu blamieren, reichten schon aus, um Frust zu binden. Nun wird Trump selbst zum Ziel des Spotts. Das liegt auch daran, dass Trump als geiferndes Feindbild längst akzeptabel ist. Der fiktive Mitte-Wähler, der keine Polarisierung möchte und davon abgestoßen ist, existiert kaum noch. Der Mainstream-Wähler freut sich vielmehr, wenn sich endlich jemand auf die Beine stellt und Feuer mit Feuer bekämpft.
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Newsoms zweites Ziel: Donald Trumps Drive brechen
Gleichzeitig macht er Trump damit viel kleiner, als dieser zu sein vorgibt. Trump hat auch deswegen diese Online-Macht, weil sich alle präventiv in den Staub werfen oder ihm irgendein Genie zuschreiben. Aber wenn man einmal mit denselben Waffen gegen ihn kämpft, dann wird schnell klar, dass das nicht stimmt.
Man möchte ja meinen, dass die Ironie sehr leicht zu durchschauen ist, und trotzdem entblöden sich Maga-Fans nicht, Newsom als unprofessionell zu schelten. Dass sie damit eigentlich Trump meinen, entgeht ihnen, und so tappen sie zielstrebig in die sehr offensichtliche Falle. Plötzlich beschäftigen sich nicht mehr alle mit jedem Mucks, den Trump von sich gibt, sondern alle müssen auf jemand anderen reagieren. Das bringt die Maga-Kommunikation zum Stottern. Vor allem, weil Trump eitel ist und sich schnell provozieren lässt. So ist es nur eine Frage der Zeit, bis er auf Newsom losgeht. Dann ist Newsom am Ziel.
“Troll the trolls” ist ein effektives Mittel, für das sich bis jetzt alle zu gut waren. Gavin Newsom geht kompromisslos wie sonst niemand der ersten Riege der Politiker:innen diesen kommunikativen Weg. Das verdient Respekt.
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