Chatkontrolle scheitert in der EU erneut: Erfolg gegen Massenüberwachung

Der massive Protest von Bürgerrechtsorganisationen gegen die gefährliche Chatkontrolle hat zumindest vorerst gewirkt. Die Überwachungs-Maßnahme wird seit Jahren immer wieder diskutiert. Sie scheitert nun bereits zum dritten Mal.
Was ist die Chatkontrolle?
Die Chatkontrolle ist eine anlasslose Massenüberwachung. Das bedeutet: Man wird ohne jedes Fehlverhalten überwacht. Mit der Chatkontrolle ist ein Programm gemeint, dass automatisch Nachrichten prüft, die wir auf unseren Telefonen und Computern verschicken. Verdächtige Inhalte werden dann an Behörden gemeldet. Sie wird gern unter dem Vorwand des Kampfes gegen Kinderpornografie argumentiert. Aber wenn die Technik einmal eingeführt ist, lassen sich die Vergehen und die Art der Nachrichten rasch ausweiten, die durchsucht und gemeldet werden. Das ist nicht erst dann gefährlich, wenn autoritäre Parteien an die Macht kommen.
Die Chatkontrolle gefährdet jede vertrauliche Kommunikation. Sie wäre ein massiver Eingriff in unsere Privatsphäre – darüber hinaus auch eine große Gefahr für wichtige demokratische Rechte. Kritischer Journalismus und politische Arbeit brauchen vertrauliche Kommunikation. Diverse Messenger-Dienste, die verschlüsselte Kommunikation ermöglichen (z.B. Signal) hatten angekündigt, Europa zu verlassen, sollte die Chatkontrolle beschlossen werden.
Wie steht Deutschland zur Chatkontrolle?
Das Vorhaben sollte kommende Woche am 14. Oktober im zuständigen EU-Rat der Innenminister:innen besprochen werden. Ein Beschluss drohte, denn das deutsche Innenministerium (unter Leitung der konservativen CDU) hatte sich zuletzt offen dafür gezeigt. Deutschland war bisher ein klarer Gegner der Chatkontrolle. Aber die aktuelle deutsche Regierung ist sich nicht mehr einig. Das Justizministerium (SPD) ist dagegen.
Wenn 24 der 27 EU-Staaten zustimmen (oder wenn es 15 sind, in denen zumindest 65 % der Gesamtbevölkerung leben), wäre die Maßnahme durch die nationalen Regierungen angenommen. Mit Deutschland wäre so eine Mehrheit möglich. Nach so einem Beschluss müsste die Chatkontrolle im EU-Parlament verhindert werden
Nach heftigen Einsprüchen von Expert:innen und Zivilgesellschaft kam es jetzt auch zu einem Rückzieher der konservativen CDU. Die Entscheidung darüber wurde deshalb für kommende Woche vom Tagesplan des Rates gestrichen. Ob die derzeitige dänische Ratspräsidentschaft im Dezember noch einen Anlauf wagt, bleibt abzuwarten. Auch für die Zukunft ist die Gefahr damit nicht gebannt. Seit 2022 gab es bereits mehrere Anläufe.
Wie steht Österreich zur EU-Chatkontrolle?
Österreich hat leider zuletzt selbst bedenkliche Maßnahmen zur digitalen Überwachung beschlossen. Etwa die „Messenger-Überwachung„, gegen die es sehr ähnliche Argumente gibt. Die Chatkontrolle auf EU-Ebene wurde bisher von österreichischen Regierungen aber abgelehnt.