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Demokratie

Empfehlungen des Klimarats: “In der Bevölkerung ist die Bereitschaft viel größer als bei den Vertreter:innen”

Foto: Klimarat Verein

93 Empfehlungen für eine klimagesunde Zukunft hat der Klimarat im Sommer an die Bundesregierung übergeben. Seither haben sie auf eine Antwort gewartet. Jetzt ist sie da. Mit 130 Seiten sehr umfangreich, aber ohne konkrete Ziele, Pläne oder Commitments, sagt Marianne Penker, Nachhaltigkeitsforscherin und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats.

„Das politische Commitment fehlt“

„Worüber wir uns gefreut hätten – und das sind vor allem die Bürger:innen, die viel Zeit und Energie in diese Empfehlungen investiert haben – wäre ein politisches Commitment gewesen. Dass man sich von Regierungsseite einsetzt, dass die Ziele erreicht und die Empfehlungen möglichst umgesetzt werden.“ Das fehle, sagt Marianne Penker, Nachhaltigkeitsforscherin und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Bürger:innenrats.

„Man hat das Gefühl, in der Bevölkerung ist die Bereitschaft viel größer als bei den Vertreter:innen“, kritisiert sie. Es liegt an den Vertreter:innen, die Empfehlungen des Klimarats der Bürger:innen ernstzunehmen und schnell umzusetzen. Dafür wurde der Klimarat schließlich gegründet. Die Diskussion im Parlament ist der notwendige Schritt dafür, den sich die Beteiligten des Bürger:innenrats wünschen. Doch nun gab es erst einmal eine schriftliche Einordnung.

Der Verein Klimarat beschreibt das Ergebnis auf seiner Website ähnlich. „Wir als Verein stellen dankbar fest, dass seitens der mit Umwelt- und Klimaagenden befassten Fachabteilungen der involvierten Ministerien unsere Empfehlungen sehr ernst genommen und Wege gesucht werden, diese auch umzusetzen. Wir halten aber auch fest, dass viele dieser Antworten vage und unverbindlich bleiben, und vor allem ohne eine Zeitperspektive für deren Umsetzung sind. Die Zeit für solche unverbindliche Ankündigungen ist vorbei. Im Blick darauf, dass Österreich bei der Umsetzung der Klimaziele mehr als säumig ist, ist schnellstes Handeln vonnöten.“

Vieles bleibt unklar

Punkt für Punkt wird auf den 130 Seiten erläutert, ob und wie die jeweiligen Empfehlungen umsetzbar und wer dafür zuständig sei. Es handle sich um keine politische Einordnung, heißt es aus dem Umweltministerium gegenüber der APA. Und genau darin liegt die Kritik. Denn vieles bleibt unklar – allem voran, ob und wann die Empfehlungen umgesetzt werden. Und die Zeit drängt.

Bei der Abschaffung klimaschädlicher Subventionen verweist die Regierung beispielsweise auf mehrere Studien, die durchgeführt wurden und werden. Klartext: Ob und wann diese Subventionen abgeschafft werden, ist noch unklar. Georg Kaser, Co-Leiter des wissenschaftlichen Beirats des Klimarats betont, dass eine schnelle Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen auf Staats-, Länder- und Gemeindeebene unumgänglich ist. Erst recht nach der gescheiterten UN-Klimakonferenz in Ägypten.

Doch hier liegt ein weiteres Problem. Das Antwortschreiben verweist immer wieder darauf, dass Länder, Gemeinden oder die EU für Maßnahmen zuständig sind. Das zeigt sich auch am Beispiel der Empfehlungen für den Stopp der Bodenversiegelung. „Fällt nicht in die Zuständigkeit des Bundes“, „Die Empfehlung richtet sich an die Bundesländer“ und „Die Empfehlung richtet sich an den Verfassungsgesetzgeber“ steht geschrieben. 

In einer Presseaussendung von Diskurs. Das Wissenschaftsnetz machen die Wissenschafter:innen aber deutlich, dass genau das die Aufgabe der Regierung ist: Den Dialog mit den zuständigen Akteuren zu suchen und die Umsetzung voranzutreiben.

Zu wenig Einsatz von der ÖVP

Penker führt das auch darauf zurück, dass der Einsatz nicht bei allen Ministerien gleich hoch sei. Das Grün-geführte Bundesministerium für Klimaschutz (BMK) koordinierte schriftliche Stellungnahmen aller betroffenen Ministerien. Andere seien aber wohl nicht ganz so engagiert wie das BMK. Dieses Versäumnis ortet sie auch beim Koalitionspartner der Grünen insgesamt. „Es erweckt den Eindruck, dass die Grüne Partei mehr dahinter ist als die ÖVP“, sagt sie.

Die Bürger:innen geben nicht auf

Vom Klimarat sind die Wissenschafter:innen begeistert. Dieser geht auf das Klimavolksbegehren im Juni 2020 zurück, das fast 400.000 Menschen unterstützten. Darin wurde gefordert, die Bevölkerung bei Klimaschutzmaßnahmen aktiv mitbestimmen zu lassen. Mit dem Klimarat der Bürger:innen setzte die Regierung diese Forderung um. 
 

„Es war für mich unerwartet und höchst eindrucksvoll, wie eine Gruppe von fast 100 österreichischen Bürger:innen aus allen Bevölkerungsschichten bereit war, wissenschaftliche Erkenntnisse aufzunehmen und in all ihrer Konsequenz für unsere Gesellschaft zu verstehen. Das Erkennen der Dringlichkeit zum Handeln angesichts der sich rasch zuspitzenden Klimakrise hat die Bürger:innen dazu befähigt, einen Maßnahmenkatalog zu erarbeiten, der sie zum Teil weit aus ihrer persönlichen Komfortzone herausholt“, meint Kaser.

Auch Penker zeigt sich beeindruckt. Besonders vom Einsatz, den mehr als die Hälfte der Bürger:innen aus dem Klimarat darüber hinaus zeigen. Sie gründeten einen Verein und engagieren sich nach wie vor. Sie stehen in Kontakt mit Politik auf Gemeinde- und Länderebene und mit NGOs und setzen sich weiter für den Klimaschutz ein. 

Die Wissenschafterin findet das ansteckend: Diese Menschen aus der Bevölkerung bleiben angesichts einer bedrohlichen Krise optimistisch. Und sie sehen eine Chance für Familien, Betriebe und die gesamte Gesellschaft. Die Chance, diese Veränderung, die sonst in anderer Form kommt, positiv zu gestalten. 

 
 

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