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Ungleichheit

"Bildung in Zahlen": Was in Österreichs Bildungssystem schlecht ist

Der Bericht "Bildung in Zahlen" der Statistik Austria zeigt auf, was in Österreichs Bildungssystem schlecht läuft und wo die Baustellen sind. Die Probleme beginnen schon im Kindergarten.

„Bildung in Zahlen“ gibt Auskunft über den aktuellen Zustand des österreichischen Bildungssystems. Darin werden wichtige Kennzahlen in den Bereichen Schul- und Hochschulwesen erhoben. Außerdem bereitet er Zahlen und Fakten über die Bildungssituation in Österreich auf, etwa über Bildungsverläufe, den Bildungsstand der österreichischen Bevölkerung sowie die staatlichen Bildungsausgaben.

Am 12. Mai wurde der aktuelle Bericht veröffentlicht. Wie ist der Stand der Dinge?

Baustellen im österreichischen Bildungssystem gibt es immer noch viele. Die beginnen schon bei der Elementarpädagogik: Dort braucht es wesentlich mehr Betreuung und Pädagog:innen werden zu schlecht entlohnt. Die Betreuungsziele der EU werden von Österreich seit mehr als einem Jahrzehnt verfehlt. 

Zu wenig Plätze, zu wenig Geld

Das EU-2020-Ziel bei der Kleinkindbetreuung der 0-2-Jährigen hat Österreich wieder nicht erreicht. Nur ein Viertel der 0-2-Jährigen sind in Betreuung. Dabei fließt ein großer Teil der Bildungsausgaben in den Elementarbereich, vor allem in Personalaufwände. Trotzdem werden Pädagog:innen und Lehrkräften schlecht entlohnt. Kindergarten-Pädagog:innen verdienen rund 1.500 Euro netto pro Monat – eine durchschnittliche Lehrkraft im Sekundarbereich verdient rund 2.400 Euro netto monatlich, wobei schon Volksschullehrer:innen schlechter bezahlt werden als AHS-Lehrkräfte. Es gibt also auch Unterschiede zwischen den einzelnen Schultypen.

Dabei ist die Elementarpädagogik enorm wichtig für den späteren Bildungsweg, die Pädagog:innen sollten also auch dementsprechend entlohnt werden. Außerdem könnte ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr weiterhelfen, um der sozialen Selektion im Bildungssystem entgegenzuwirken. Ein zweites Pflichtjahr im Kindergarten kann die Kinder bereits frühzeitig „abholen“ und sozial ausgleichend und integrativ wirken. 

Bildung wird vererbt

Warum das wichtig ist? Weil die Vererbung von Bildung, die in Österreich noch immer sehr stark ausgeprägt ist, ein weiteres großes Problem ist, das bereits frühzeitig bekämpft werden sollte. Fünf Generationen, also rund 100 Jahre, dauert es, bis eine Person aus dem niedrigsten Einkommensfünftel in das Mittlere aufsteigen kann. Das ist keine Grundlage für ein gerechtes und chancengleiches Bildungssystem.
Der Bildungstrichter vom Momentum Institut veranschaulicht das Problem: Je höher der Bildungsabschluss der Eltern, desto höher auch die Bildungschancen der Kinder. Rund 80 Prozent der Kinder aus Akademiker:innen-Haushalten macht die Matura, bei Nicht-Akademiker:innen-Haushalten sind es nur 37 Prozent. Diese Ungleichheit zieht sich bis zum höchsten Bildungsgrad, dem Doktorat. Nicht einmal 1 von 100 Arbeiter:innen-Kindern beginnt mit einem Doktoratsstudium. Bei Kindern von Akademiker:innen sind es immerhin 3 von 100. 
 

 
Bildungstrichter: Bildung wird in Österreich vererbt. Akademikerkinder und Arbeiterkinder im Vergleich ihrer Bildungs-Laufbahn

Bildung wird in Österreich vererbt

Dabei ist Aufklärung ein springender Punkt. In gebildeten Haushalten wissen Eltern, wie sie es ihren Kindern ermöglichen können, ein Gymnasium zu besuchen, Matura zu machen und ein Studium zu absolvieren. Vor allem beim Übergang von der gemeinsamen Volksschulzeit zu weiteren Bildungswegen gibt es viel Aufklärungsbedarf. In Österreich werden Kinder bereits im Alter von 10 Jahren vor die Entscheidung ihres weiteren Bildungsweges gestellt, in anderen Ländern passiert das erst zu einem viel späteren Zeitpunkt. Umso wichtiger ist es daher, Eltern gut über die verschiedenen Möglichkeiten aufzuklären.

Klarerweise können wir nicht bildungspolitisch aufholen, was wir sozialpolitisch liegen lassen. Stichwort: Corona-Krise. Kinder aus reicheren Haushalten kamen wesentlich leichter durch die Schulschließungen. Sie hatten häufiger einen eigenen Lernplatz, Hilfe und technische Geräte, die das Home-Schooling erheblich erleichtert haben. Die OECD schätzt, dass benachteiligte Kinder rund 3-5 Prozent ihres Lebenseinkommens durch die entstandene Benachteiligung während der Corona-Schulschließungen verlieren werden. 

Welche Maßnahmen es für ein gerechteres Bildungssystem brauchen würde?

  • Betreuungsschlüssel verbessern (mehr Lehrkräfte pro Klasse/Schüler:innenanzahl reduzieren)
  • Zweites verpflichtendes Kindergartenjahr
  • Besserer Wechsel und mehr Aufklärung beim Übergang zur Mittelschule, um sozialer Selektion entgegenzuwirken
  • Pädagog:innen und Lehrkräfte fair und gleich bezahlen
  • Studienbeihilfen besonders für Personen mit niedrigem Einkommen erhöhen, um den Zugang zu Hochschulbildung zu erleichtern

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