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Kapitalismus

Die unheimliche Macht der großen Aktienfonds

Aktienfonds haben enorme Macht über die börsennotierten Unternehmen. Das führt zu einer enormen Machtkonzentration, die durch Anleger:innen in ETF gestützt wird.

Banken und Finanzfirmen wollen wieder Geld verdienen. Deshalb raten sie – sowie diverse bankennahe Denkfabriken – ihren Kunden mittlerweile häufig dazu, mit dem gesparten Geld riskantere Aktien zu kaufen. Mit normalen Konten verdienen sie kein Geld mehr. Darum müssen Provisionen für den Verkauf von Aktien, Fonds, Versicherungen, Privatpensionen und ähnliche Finanzprodukte das Ergebnis aufbessern.

Neu ist das nicht. In regelmäßigen Abständen schwatzen Banken und andere Finanzfirmen Kunden das neueste, tollste Finanzprodukt auf, bei dem absolut nichts schiefgehen könne. Stimmen tut das nicht immer. Bei der Zukunftsvorsorge (staatlich geförderte Privatpensionen bei Banken & Versicherungen) sind Kunden rund 15 Jahre später noch immer im Minus, wenn sie zum falschen Zeitpunkt eingestiegen sind. Nicht wenige Kunden mussten ihre Bank auf Wiedergutmachung für die herben Verluste aus Fremdwährungskrediten in Schweizer Franken klagen. 

Die versteckte Wette hinter einem ETF

Argumentiert wird diesmal, man solle sein Geld einfach in Fonds anlegen, genannt ETFs. Die bilden den gesamten Aktienmarkt bzw. große Aktienindices mit vielen Unternehmen ab und senken das individuelle Risiko einer einzelnen Aktie stark.

Die Grundidee ist an sich nicht verkehrt, nur ganz ohne Risiko ist sie freilich auch nicht. Denn 60% der Unternehmen selbst weltweit agierender Fonds befinden sich in den USA. Als Europäer wettet man damit auf den US-Dollar. Fällt der Dollar im Vergleich zum Euro, sinken auch die entsprechenden Gewinne aus dem Fonds, weil sie großteils in Dollars ausbezahlt werden.

Die Risiken eines ETF

Andere Risiken gibt es natürlich auch. Geht der Aktienmarkt von seinen Rekordwerten von nun an wieder bergab, kann es sehr lange dauern, die Verluste wieder aufzuholen. Der Einstiegszeitpunkt aktuell ist recht riskant. Wer sein Geld zwischenzeitlich brauchen könnte, sollte besser die Finger davon lassen, zum Höhepunkt einer möglichen Blase einzusteigen.  

Ein paar spezifische Risiken gibt es auch noch: Die Fonds verleihen gerne die Aktien, die sie im Namen der Kunden halten, um zusätzlichen Gewinn zu machen. Die Aktienleiher sind Institutionen, die diese Aktien für Leerverkäufe und ähnliche Spekulationen benötigen. Weil sie das ermöglichen – und diese Spekulation auch schnell einmal schief gehen kann – hätte das den Fonds fast eine Eintragung in die Liste systemisch riskanter Institutionen auf den Finanzmärkten gebracht. Mit entsprechendem Lobbying konnte das aber noch abgewehrt werden.  

Enorme Machtkonzentration

Das Unheimlichste am neuen Anlagetrend – alle legen ihr Geld nur mehr in wenige Fonds, die den gesamten Markt abbilden sollen – ist aber die riesige Konzentration von Macht in einigen wenigen Fonds – den großen Spielern am Markt.

Hinter den drei seltsamen Namen Blackrock, Vanguard, und State Street stecken die größten Fonds, die 90% des passiv veranlagten Geldes einsammeln. Gemeinsam mit ein paar weiteren Namen – Fidelity, BNY Mellon Investment Management, and Capital Group – halten sie zudem bereits ein Viertel des insgesamt veranlagten weltweiten Vermögens. Sie halten einen immer größeren Anteil nicht nur an einigen börsennotierten Konzernen – sondern an allen börsennotierten Firmen.

Zusammen machen die „Big Three“ des passiven Anlegens schon in 438 von 500 der größten börsennotierten US-Firmen den größten Aktienbesitzer aus. Mit dem Ergebnis, dass sie auch die meisten Stimmrechte halten, um zu bestimmen, wer und diese Konzerne führt und wie sie geführt werden. Denn die Kunden verzichten mit dem Kauf Fonds auf alle Rechte an ihren Aktien. Sie kaufen lediglich Anteile an dem Fonds, während der Fonds selbst die Aktien hält.  

Auch in Österreich dominieren amerikanische Fonds

Genau wie in den USA sind die großen Fonds in Österreich oder Deutschland veranlagt. Mit dem Effekt, dass bereits zwei Drittel der Aktien der Wiener Börse in ausländischer Hand sind. Jede Privatisierung kommt somit einem Ausverkauf an ausländische – meist amerikanische – Fonds gleich. Soviel Macht in wenigen Händen einiger weniger Firmen ist unheimlich.

Passt man nicht auf, kann so etwas schnell zu einem Problem für die Finanzstabilität werden, aber auch für den notwendigen gesunden Wettbewerb zwischen den Firmen. Denn große Fonds haben nicht unbedingt ein Interesse, dass Firmen zu hart miteinander konkurrieren, schließlich mindert das die Gewinne.

Wenn das konzentrierte Finanzkapital also die eigentlich produktiven Firmen übernimmt und die Richtung vorgibt – indirekt und unabsichtlich gestützt durch Anleger weltweit – könnten die Konsument:innen und Arbeitnehmer:innen weltweit draufzahlen. 

 

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