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Arbeitswelt
Kapitalismus

Eine Ausgabenbremse richtet mehr Schaden an als sie hilft

Immer wieder kommt von rechter Seite die Forderung nach einer gesetzlichen Begrenzung der Staatsausgaben. Aber eine Ausgabenbremse oder Schuldenbremse ist aus vielen Gründen eine schlechte Idee.

Eine Ausgabenbremse richtet mehr Schaden an als sie hilft. Die Ausgaben der Gesellschaft durch Alterung und Klimakrise werden in den nächsten Jahren und Jahrzehnten steigen. Sie sind notwendig und gehören vernünftig finanziert, nicht im Keim erstickt. Die Lebensqualität ist anderswo kaum wo so hoch wie hierzulande. Das liegt auch an den Ausgaben, die der Staat für uns tätigt: Absicherung im Alter, bei Armut oder Krankheit, Bildung für die Jugend, exzellente Infrastruktur.

Der Sozialstaat hebt hierzulande 600.000 Menschen bis 65 über die Schwelle, unter der sie armutsgefährdet wären. Da sind Pensionist:innen, die ohne Mindestpension in Altersarmut leben würden, noch gar nicht eingerechnet. Zehntausende Kinder können jährlich gratis oder billig Kindergarten, Schule oder Uni besuchen. Anderswo sind dafür Tausende Euro pro Jahr zu zahlen. Das alles sind Staatsausgaben (Lehrer:innen, Polizist:innen, Kindergärtner:innen, usw.).

Hier auf die Bremse zu steigen, gefährdet direkt die Finanzierung dieser staatlichen Aktivitäten, und damit auch der Lebensqualität und des Wohlstandes der breiten Masse in Österreich. 

Schweden und Deutschland als abschreckende Beispiele

Das sehen wir in Schweden. Die Ausgabenbremse dort hat unter anderem zu massiven Einsparungen im Gesundheitssystem geführt. In den 1990ern hatte Schweden noch 4300 Intensivbetten, heute nur mehr 500. Während Corona hätte das Land aber mindestens dreimal so viele benötigt. Auch Deutschland ist ein Land mit strenger Schuldenbremse und einer Ideologie des immer zwingend ausgeglichenen Haushalts. Die Folge: Es wird so wenig investiert, dass Schulen, Autobahnen, und öffentliche Gebäude schleichend verfallen. Von Ausbau keine Rede.

Es gibt also konkrete Gefahren einer Ausgabenbremse. Sie können zu dramatischen Kürzungen in den falschen Bereichen führen, weil durch sie staatliche Ausgaben pauschal als schlecht und ineffizient vorverurteilt werden.

Für die großen Aufgaben unserer Zeit brauchen wir den Staat

Als Gesellschaft stehen wir heute vor drei großen Herausforderungen: der Klimakrise, Jobs für 400.000 Arbeitslose, und die Organisation eines würdigen Lebens für mehr ältere Menschen. Diese Aufgaben unserer Gesellschaft (Klimakrise: Umstieg auf Öffis, Alterung: Pflege, Pensionen, Arbeitslosigkeit: Ausreichende wirtschaftliche Ankurbelung/öffentliche Beschäftigung) spielen sich stark in Wirtschaftsbranchen ab, die staatlich organisiert oder finanziert sind. 

Auch, wenn es vielen aus ideologischen Motiven nicht gefällt. Um eine zeitlich begrenzte deutliche Erhöhung der Staatsquote in den nächsten Jahrzehnten werden wir kaum herumkommen. Sonst lassen sich die Herausforderungen nicht bewältigen. 

 
Das Comic zeigt drei Teile. Am ersten Bild fährt ein Radfahrer mit einem Stock in der Hand, daneben steht, dass er die großen Probleme unserer Zeit lösen will. Am zweiten Bild wirft er sich den Stock selbst zwischen die Speichen. Daneben steht, dass das Bild dafür steht, eine Ausgabenbremse zum beschließen. Am dritten Bild liegt der Fahrer verletzt am Boden und daneben steht "The End".

Meme zur Schuldenbremse und Ausgabenbremse

Katastrophale Kombination: Ausgabenbremse und keine Steuern für Reiche

In Österreich ersparte man wohlhabenden Gesellschaftsschichten in den letzten Jahrzehnten einen ausreichenden Beitrag zur staatlichen Finanzierung unserer stark gestiegenen Lebensqualität. Das hat schleichend die staatliche Verschuldung in die Höhe getrieben. 

Seit 2008 gibt es keine Erbschaftsteuer mehr. Seit 1993 keine Vermögensteuer. 2004 wurden die Gewinnsteuern für Konzerne gesenkt, die zudem noch Gewinne ohne Besteuerung ins Ausland verschieben. Eine ausreichende Besteuerung von Grund und Boden – wie im Ausland üblich – fehlt. 

Vor allem eine Ausgabenbremse gemeinsam mit der Forderung, keine neuen (oder alten) Steuern wiedereinzuführen, fordert damit reale Kürzungen im Sozialstaat und anderen staatlichen Aufgaben. 

Nur Wohlhabende können sich eine Welt ohne Staat leisten

Solch einen erzwungenen Rückzug des Staates aus seinen Aufgaben ersetzt der Privatsektor nur für zahlungskräftige Kunden. Qualitätsvolle Pflege gibt es nur mehr für Wohlhabende. Pensionen nur mehr für Leute, die sich Privatpensionen leisten können. 

Bleibt die Gesamtsumme für staatliche Aufgaben zwingend gleich hoch, dann schafft das künstlich hergestellte „Sachzwänge“: Mehr Arbeitslose bedeutet dann weniger Arbeitslosengeld pro Person, weil sonst das Geld fehlt. Mehr Pensionisten bedeuten dann eine Kürzung der individuellen Pension. 

Besser wäre ein Ende für ungerechte Steuerprivilegien

Statt einer Ausgabenbremse braucht es eine gleiche Mindestbesteuerung aller Einkommensarten. In Zeiten der Klimakrise und hoher Arbeitslosigkeit sind steuerliche Privilegien, die sich gesellschaftlich mächtige, besitzende Gruppen herausgeschlagen haben, nicht mehr angebracht. 

Für die Finanzierung der künftigen Aufgaben braucht es daher eine Diskussion, wer in Zukunft wie viel beitragen soll. Reiche Menschen mittels „Keine neuen Steuern“ pauschal auszunehmen, aber ärmeren Menschen Ausgabenbremsen umzuhängen, geht in die falsche Richtung. 

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