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Klimakrise
Demokratie

Erderhitzung: Warum wir das 1,5-Grad-Ziel wahrscheinlich nicht erreichen

Hitzewellen, Dürren, Fluten, Tornados, starke Gewitter. Das Klima ist in der Krise und das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen ist wichtig, damit es nicht zur Klimakatastrophe kommt. Doch Experten zweifeln nun daran, dass wir dieses erreichen werden.

Was bedeutet es, wenn wir die 1,5-Grad-Grenze überschreiten?

Gerade in den letzten Wochen waren Nachrichten über extreme Wetterereignisse wieder sehr präsent. Experten warnen davor, dass diese sich in Zukunft häufen werden. Grund dafür ist die Erderhitzung. Verschiedene Szenarien mit unterschiedlichen Temperaturanstiegen zeichnen dramatische Bilder. Die Erderhitzung bedroht unseren Lebensraum und sorgt dafür, wenn sie nicht eingedämmt wird, dass große Gebiete unserer Erde nicht mehr bewohnbar sein werden.

Um dies zu verhindern haben sich 2015 auf der UN-Klimakonferenz in Paris 196 Staaten und die Europäische Union auf das Ziel geeinigt, die Erderwärmung unter zwei bzw. möglichst 1,5 Grad zu halten. Ob es möglich ist, dieses Ziel zu erreichen, oder ob wir mit höheren Temperaturanstiegen rechnen müssen, dazu gibt es unterschiedlichste Szenarien.

Doch auch die günstigsten Szenarien mit einer geringeren Erderhitzung stehen vor einem Problem. Selbst wenn sie technologisch möglich wären, können sie trotzdem unwahrscheinlich sein. Das Hamburger Forschungsteam von Climate, Climatic Change, and Society (CLICCS) erforscht den Klimawandel aus unterschiedlichen Forschungsrichtungen. Es hat sich dieser Frage gewidmet: Wie wahrscheinlich ist es, dass wir das 1,5-Grad-Ziel erreichen?

Erderhitzung: Wie wahrscheinlich erreichen wir das 1,5-Grad-Ziel?

Um diese Frage zu klären, untersuchten sie das gesellschaftliche Handeln in Bezug auf den Klimawandel. Also wenige konkrete politische Maßnahmen und auch nicht technologische Möglichkeiten, sondern wie wandlungsfähig die Gesellschaft als Ganzes in Bezug auf das Verhindern der Klimakrise ist.

Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht. Die absoluten Horrorszenarien von einem Temperaturanstieg von mehr als 4,9 Grad sind aus heutiger Sicht nicht sehr plausibel. Von der Erde als einen bewohnbaren Planeten könnte man dabei aber auch längst nicht mehr sprechen. Das ist die „gute“ Nachricht.

Die schlechte: Laut der Studie ist auch das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels nicht realistisch – und die Auswirkungen davon, dieses zu verpassen, sind bereits drastisch. Die gesellschaftlichen Herausforderungen seien viel größer als viele sich das vorstellen. Dabei betonen die Forscher:innen, dass ihr Urteil eine Momentaufnahme sei. Wenn die Gesellschaft sich verändert, kann es sich auch ändern. Sie wollen ihre Studie jährlich aktualisieren. Das Ergebnis sei daher auch ein Weckruf an die Politik und die Gesellschaft.

Wer versucht, die Klimakatastrophe zu lösen?

Es wurden zehn gesellschaftliche Triebkräfte festgelegt. Sechs dieser “Treiber” unterstützen die Ziele zwar. Das sind: Die Klimapolitik der Vereinten Nationen, transnationale Initiativen, klimabezogene Regulierung, Gerichtsverfahren zum Klimawandel, der Kapitalabzug aus fossilen Wirtschaftsbereichen und die Wissensproduktion.

Warum reicht das nicht aus?

Allerdings reicht ihre Dynamik nicht aus, um die Ziele auch zu erreichen. Auch deshalb, weil andere Faktoren keine nachweisbare Wirkung haben und wiederum andere den Kampf gegen die Klimakatastrophe ausbremsen. Bei den Treibern Journalismus und Klimaproteste und soziale Bewegungen lasse sich der Einfluss derzeit nicht klären. Letzteres auch aufgrund der ausbleibenden Proteste durch die Pandemie. Außerdem ist in vielen Ländern der Protest zu schwach oder wird unterdrückt.

Wer bremst den Kampf gegen den Klimawandel?

Zwei Treiber stehen der Erreichung der Ziele aktuell sogar im Weg. Es sind das Konsumverhalten und die Unternehmensstrategien. Zwar gibt es hier ebenfalls bereits Entwicklungen zu einem nachhaltigeren Verhalten, allerdings handelt es sich dabei noch um Minderheiten, die nur wenig Auswirkung haben.

Was muss sich ändern, damit wir die Klimakatastrophe noch vermeiden?

Konsequentes Handeln ist notwendig, um die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten. Dabei beeinflussen sich die einzelnen Treiber gegenseitig und sowohl Gesellschaft als auch Politik und Unternehmen können bzw. müssen sich daran beteiligen, den richtigen Kurs zu setzen.

Soziale Bewegungen beispielsweise tragen, sowie der Journalismus, zur Wissensproduktion bei. Das erhöht die Dynamik anderer Treiber. Außerdem übernehmen Klimaaktivist:innen oft eine unterstützende Rolle bei Gerichtsverfahren zum Klimawandel und sie erhöhen den Druck auf die Politik. Die Politik wiederum kann auf nationaler und internationaler Ebene durch verschiedene Maßnahmen wie CO2-Bepreisung oder nachhaltige Investitionen Einfluss auf die Zielerreichung nehmen. Damit setzt sie auch einen Anreiz für Unternehmen, ihre bislang umweltschädlichen Strategien zu ändern. Außerdem können klimafreundliche Gesetze, Verordnungen und Infrastrukturen sowie der gesellschaftliche Druck die gegenwärtigen ungleichen Konsummuster verändern.

Die Gesellschaft muss sich in erster Linie vor allem verändern wollen.

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