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Ungleichheit

Fehlende Gleichstellung? Frauen sind doch selbst schuld!

Frauentag 2022: Fordern Frauen einfach nicht mehr?
Der Frauentag 2022 zeigt die fehlende Gleichstellung in Österreich auf. Aber: Frauen fordern einfach nicht mehr. Die Frauen sind doch selbst schuld! Barbara Blaha erklärt, warum wir Sätze wie diese nicht mehr hören wollen.

 

 

Frauen sind selbst schuld

Frauen sind ja echt selbst schuld. Heulen immer rum wegen Benachteiligungen. Gender Pay Gap, genau. Gender Choice Gap! Ehrlich gesagt:

Frauen- und Männerdomänen

Es gibt heute fast jeden Scheiß in Blau und in Rosa, vom Duschgel bis zum Überraschungsei. Und es gibt auch einen lieblich-pinken Arbeitsmarkt und einen blauen. Frauen- und Männerdomänen. Und da, wo vor allem Frauen arbeiten, da wird schlechter gezahlt. Liegt das an der Art der Berufe? Ist es ein Naturgesetz, dass Arbeit mit Kindern, mit Alten und Kranken einfach mies bezahlt wird?

Mal ganz davon abgesehen, dass sich irgendwer um Kinder, Alte und Kranke wird kümmern müssen. Aber das ist ein anderes Thema. Wenn es so einfach wäre, dann müssten Frauen halt einfach nur Technik, Informatik und Naturwissenschaften studieren und alles wäre in Butter.

Der Schönheitsfehler: Sobald Frauen in eine Branche drängen, sinkt das Ansehen der Branche – und das Gehalt gleich mit, das belegen auch Studien. Apotheker oder Lehrer waren früher fast ausschließlich Männer – und Prestige und Gehalt entsprechend hoch.

Übrigens: Umgekehrt gilt das auch: Wenn Männer einen Beruf übernehmen, dann steigt das Gehalt: In den Anfangszeiten der Computerbranche war das Programmieren Frauensache. Als Computer immer wichtiger wurden, haben die Männer das übernommen: natürlich nur gegen höhere Bezahlung. Zusammengefasst heißt das: “Frauenberufe sind auch deshalb schlechter bezahlt, weil es … Frauenberufe sind„. Von wegen “Selbst schuld”.

Frauentag 2022: Wir brauchen keine Ratschläge!

Aber es geht noch weiter. Wo Tauben sind, fliegen Tauben zu, heißt es. Und wo es Barrieren für Frauen gibt, kommen Barrieren für Frauen dazu! Denn Frauen sind mit der Familienarbeit schlicht alleine: Für 70 Prozent der Kinder unter 6 Jahren in Österreich gibt es außerhalb der Städte keinen Betreuungsplatz, der einen Vollzeitjob zulässt. Das ist also schon lustig, wenn wir die Frauen immer wieder vor der Teilzeitfalle warnen, aber ihnen keine Alternativen bieten. Sollen sie sich die Kindergärten selber bauen? Den Preis für das Scheitern der Politik zahlen die Frauen. Und zwar nur die Frauen:

Bis das Kind die Volksschule verlässt, verdienen Mütter im Schnitt nur HALB so viel wie vor der Schwangerschaft.
Männer verlieren nichts. Nach der Volksschule ist es natürlich nicht vorbei, beruflich kommen Mütter nicht mehr vom Fleck: Wer in Teilzeit ist, wird seltener befördert. Einen Führungsjob kannst du meistens auch knicken. Und all das bleibt an den Frauen picken – und wir geben ihnen die Schuld dafür, statt klar zu sagen: hier hat die Politik versagt.

Was wir brauchen sind deshalb nicht Ratschläge an die Frauen, sondern Politik, die solche Ratschläge überflüssig macht:

  • Eine 30 Stunden Woche und einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab Geburt.
  • Eine verpflichtende Karenz-Aufteilung und exzellente Kinderbetreuungsplätze – auch außerhalb der Städte! –, die lang genug offen haben, damit man seinen Job machen kann.
  • Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit. Zahlen wir der Altenpflegerin doch genauso viel wie dem KFZ-Mechaniker.
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