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Arbeitswelt
Ungleichheit

Grunderwerbsteuer abschaffen nützt den Mieter:innen nichts

Grunderwerbsteuer abschaffen, um junge Menschen zu unterstützen? Millionen Haushalte fürchten, ihre Miete nicht zahlen zu können. Daran ändert eine Abschaffung der Grunderwerbsteuer genau nichts. Was wirklich helfen würde: eine Mietpreisbremse.

Hunderttausende Haushalte warten in Österreich darauf, dass die Regierung endlich Maßnahmen gegen die explodierenden Mieten ergreift. Bisher vergeblich. Eine Mietpreisbremse könnte diesbezüglich Abhilfe schaffen, ist aktuell aber in weite Ferne gerückt. Zwar hatte sich Einigung zwischen der ÖVP und den Grünen schon abgezeichnet, diese platzte dann aber in letzter Minute. Der Grund dafür: Die ÖVP forderte im Gegenzug plötzlich einen Freibetrag bei der Grunderwerbssteuer. Konkret sollen angeblich beim Kauf des ersten Eigenheims Beträge bis 500.000 Euro von der Grunderwerbssteuer ausgenommen werden. Damit unterstütze man vor allem junge Menschen, so ihr Argument.

Grunderwerbsteuer abschaffen nützt den wenigsten

Tatsächlich würde so eine Maßnahme aber den wenigsten Haushalten nützen. Fast alle Haushalte müssten für den Kauf eines Eigenheims einen Kredit aufnehmen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass zumindest 20 Prozent an Eigenmittel vorgewiesen werden können und die monatliche Kreditrate 40 Prozent des Nettoeinkommens nicht übersteigt. Angesichts der aktuellen Immobilienpreise sind solche Konditionen für den Großteil der Haushalte unmöglich zu erfüllen. Ein Wegfall der ohnehin niedrigen Grunderwerbssteuer wäre da nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein.

Anstieg der Immobilienpreise als wahre Hürde

Für die ärmeren Haushalte bleibt der Traum vom Eigenheim in der Regel genau das – ein Traum. Sie wohnen zum absoluten Großteil zur Miete und verfügen weder über ein Vermögen, mit dem sie sich ein Haus kaufen könnten, noch können sie sich einen Kredit leisten. Im Gegensatz dazu wohnen die vermögenderen Haushalte in der Regel bereits im Eigentum. Von den Haushalten, die sich in der Mitte der Vermögensverteilung befinden, wohnt ungefähr die Hälfte zur Miete. Geht man davon aus, dass eine Eigentumswohnung 300.000 Euro kostet, würde sich die Leistbarkeit durch eine Abschaffung der Grunderwerbssteuer aber auch für sie um nicht einmal einen Prozentpunkt erhöhen. 
 
Der Grund, wieso sich so viele Menschen in Österreich kein Haus kaufen können, ist also nicht die Grunderwerbssteuer. Es sind vielmehr die Immobilienpreise, die in den letzten Jahren stark angestiegen sind. Wollte man sich im Jahr 2021 eine 80-Quadratmeter Wohnung in Wien kaufen, musste man dafür schon rund 145.000 Euro mehr ausgeben als noch im Jahr 2015.

Steuerzuckerl für die Reichen

In Österreich wird Arbeit nach wie vor überdurchschnittlich stark besteuert. Was hingegen die Besteuerung von Vermögen betrifft, zählt das Land im europäischen Vergleich bereits jetzt zu den Schlusslichtern. Nach der Abschaffung der Erbschafts- und Vermögenssteuer ist die Grunderwerbssteuer eine der wenigen vermögensbezogenen Steuern, die es in Österreich noch gibt. Wird sie abgeschafft, profitieren davon höchstens die reichsten Haushalte. Im Gegenzug würden dem Staat Einnahmen fehlen, mit denen beispielsweise Kindergärten, Schulen oder Krankenhäuser finanziert werden – aber auch Maßnahmen, die die Auswirkungen der aktuellen Teuerung abfedern sollen. Leistungen, die vor allem den unteren und mittleren Einkommensschichten zugutekommen.

Mietpreisbremse schützt vor explodierenden Mieten

Was wirklich helfen würde, um die hohe Inflation in Österreich einzudämmen und die ärmeren Haushalte zu entlasten, wäre eine Mietpreisbremse. Zahlreiche europäische Länder haben das schon eingesehen und entsprechende Maßnahmen umgesetzt. In Österreich fürchten währenddessen zwei Millionen Haushalte, dass sie ihre Miete innerhalb der nächsten Monate nicht mehr zahlen werden können. Die Regierung sollte daher schleunigst handeln, denn ihr läuft die Zeit davon. Am 1. April steht rund 400.000 Haushalten die nächste Mieterhöhung bevor, die diese Situation weiter verschärft.

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