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Gesundheit

Impfstopp für AstraZeneca? Was wir über das Risiko für Thrombosen wissen

Einige Länder wie Deutschland, Frankreich und Italien haben Corona-Impfungen mit dem Impfstoff von AstraZeneca kurzfristig als Vorsichtsmaßnahme gestoppt. Österreich tut das vorerst nicht. Der Grund für den Stopp ist eine Häufung von speziellen Thrombosen bei Menschen, die den Impfstoff erhalten haben. Was steckt dahinter?

In Dänemark, Norwegen und Deutschland haben einige Menschen in kurzer zeitlicher Entfernung zu ihrer Impfung Blutgerinnsel entwickelt. In Deuschland waren das insgesamt sieben Personen, drei davon sind daran verstorben. Einige dieser Fälle sind gehäuft in den vergangenen Tagen aufgetreten. Etwa 1,6 Millionen Menschen wurden in Deutschland bereits mit AstraZeneca geimpft. Sollte es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen der Impfung und diesen Fällen geben, läge das Risiko, nach der Impfung so eine Thrombose zu entwickeln, also bei gerade einmal 1:230.000.

Doch noch gibt es gar keine Beweise dafür, ob diese Fälle tatsächlich mit der Impfung zusammenhängen. Die zeitliche Nähe der Fälle könnte ein Hinweis dafür sein und legt eine Überprüfung nahe. Sie könnte aber auch bloßer Zufall sein oder mit Faktoren zusammenhängen, die bisher noch nicht geklärt sind.

Irreführende Berichterstattung

In der Berichterstattung wird häufig auf die bisher sehr geringe Zahl von Thrombosen bei verabreichten Impfungen hingewiesen. Die Fälle seien nicht höher als bei anderen Impfstoffen oder in der allgemeinen Bevölkerung.

Das stimmt zwar, ist allerdings irreführend. Denn diese Werte beziehen sich auf Lungenthrombosen. Und bei den vorliegenden Fällen handelt es sich um eine spezielle, sehr seltene Art von Gerinnseln in der Hirnhaut: der Sinusvenenthrombose. 

Die Symptome, die man dabei haben kann, sind vielfältig und reichen von Kopfschmerzen bis zu Wesensveränderung und epileptischen Anfällen. Bleiben sie unbehandelt, können sie zum Tod führen. Sinusvenenthrombosen treten konservativen Annahmen zufolge weltweit bei etwa zwei bis fünf von einer Million Menschen pro Jahr auf. Diese Zahlen könnten tatsächlich aber wesentlich höher liegen. In aktuellen Studien werden Werte zwischen 13 und 15 pro einer Million angegeben. 

Rechnet man die Häufigkeit auf die Fälle in Deutschland auf, die den Impfstoff erhielten, ergibt sich ein Wert von etwa 4,5. Doch da diese zeitlich gehäuft und kurz nach Verabreichung der Impfung aufgetreten sind, haben einige Länder die Verabreichung des Impfstoffs gestoppt, um weitere Untersuchungen abzuwarten. 

Kaum Fälle von Thrombosen in Großbritannien

Was bemerkenswert ist: Dieses häufig scheinende Auftreten sieht man bislang nur am europäischen Festland. In Großbritannien, dem Land das den Impfstoff bisher am öftesten verabreicht hat, konnte keine Auffälligkeit festgestellt werden. Mehr als elf Millionen Mal wurde AstraZeneca dort verimpft, dabei gab es vier Fälle von Sinusvenenthrombosen, die in zeitlicher Nähe zur Impfung aufgetreten sind. Damit liegt die Häufung hier sogar weit unter der allgemeinen.

Warum das so ist, kann bislang nicht beantwortet werden. Eine mögliche Erklärung könnte der höhere Altersschnitt bei Geimpften in Großbritannien sein, während in Deutschland oder auch Norwegen eher jüngere Personen geimpft wurde. Diese weisen ein höheres Risiko für Sinusvenenthrombosen auf, das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei 30-40 Jahren.
 

Wie riskant ist eine Impfung mit AstraZeneca?

Dass ein möglicher Zusammenhang zwischen dem Impfstoff von AstraZeneca und dem Auftreten von Sinusvenenthrombosen untersucht werden muss, steht außer Frage. Ob die Impfung deswegen gestoppt werden sollte, ist allerdings umstritten. Viele sehen darin eher eine politische als eine wissenschaftliche Entscheidung. Zumal auch ein Impfstopp mitunter tödliche Folgen für Menschen haben kann, die aufgrund des fehlenden Schutzes an COVID-19 erkranken.

Institutionen wie die Weltgesundheitsorganisation WHO, die europäische Gesundheitsbehörde EMA oder die Internationale Thrombose-Gesellschaft empfehlen, den Impfstoff von AstraZeneca weiterhin zu verwenden. Denn die Wirksamkeit des Impfstoffes gegen das Corona-Virus ist wichtiger als das Risiko einer Sinusvenenthrombose – noch dazu ist das ein Risiko, dessen Existenz nicht endgültig geklärt ist. Und selbst wenn es einen Zusammenhang gibt, könnte ein Stopp der Impfung dennoch wesentlich mehr gesundheitlichen Schaden anrichten. Besonders dann, wenn die Zahl der Infizierten bereits hoch und weiter im Ansteigen ist.
 

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