Der talentierte Martin Ho – und das Comeback, das es nicht geben sollte
Martin Ho, Österreichs wohl umstrittenster Gastronom, plant ein Comeback. Nach knapp einem Jahr in Dubai – wo man entweder Sonne tanken oder das selbst verursachte Insolvenz-Chaos aus der Ferne betrachten kann – ist er zurück. Vielleicht, weil es daheim einfach doch am schönsten ist. Oder vielleicht doch, weil das hiesige System für Leute mit genügend Geld und den richtigen Kontakten noch immer am besten funktioniert.
Jetzt kündigt Ho die Eröffnung von ein oder zwei (oder drei – wer zählt da noch mit?) Luxus-Etablissements in Wien an. Irgendwas mit Gastro, irgendwas mit teuren Uhren, irgendwas mit Getränken, deren Preis mehr mit Image als mit Inhalt zu tun hat. Also das, woran es dieser Stadt nicht gefehlt hat.
Das Einzige, was mich daran interessiert, ist der genaue Standort – um sicherzugehen, dass ich nicht aus Versehen hineingerate. Unwahrscheinlich, zugegeben. Aber man will ja nichts riskieren.
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Eine österreichische Erfolgsgeschichte
Martin Ho ist nicht nur für mich ein Reizthema. Sondern auch für dutzende seiner ehemaligen Mitarbeiter:innen, die um ihren Lohn geprellt wurden. Für diese musste die Arbeiterkammer nach der Insolvenz der DOTS-Gruppe 2023 über eine Million Euro an nicht ausbezahlten Löhnen aus dem Insolvenzentgeltfonds erstreiten. Oder für Kleinunternehmer:innen, die im Gegensatz zu ihm persönlich für ihre Firmenpleiten haften müssen. Martin Ho hingegen hat es geschafft, durch rechtzeitige Übergabe der Unternehmen in seinem Firmengeflecht großen Teilen der Verantwortung bis dato zu entgehen.
Wie viele selbsternannte „Leistungsträger“ in Österreich lebt auch Martin Ho von Netzwerken – und von der Art Berichterstattung, die ihn glänzen lässt, egal wie tief die Risse unter der Fassade schon sind. Jahrelang durfte man in heimischen Medien seine konsequent zur Schau gestellte Arroganz und die beiläufige Verachtung für alle, die es weniger weit gebracht haben, mitverfolgen – mal als schillernde Unternehmerstory, mal als Party-Reportage.
Dabei verkörpert Ho geradezu den Archetyp des österreichischen Leistungsträgers, denn wer hat nicht bereits mit 19 Jahren ein Sushi-Lokal auf der Mariahilfer Straße mit Unterstützung seiner Eltern eröffnet?
Martin Ho liebt die Medien und die Medien lieben ihn. Auch sein angekündigtes Comeback wird in vielen Berichten wie ein Lifestyle-Event inszeniert: neue Locations, exklusive Drinks, prominente Gäste. Die Frage, wie es um die Ermittlungen und die offenen Rechnungen steht, wird in den meisten Artikeln entweder in einem Halbsatz oder gar nicht erwähnt. Stattdessen gibt es PR-taugliche Fotos, Standortgerüchte und Interieur-Beschreibungen, als wäre man auf der Eröffnung eines neuen Lifestyle-Concept-Stores.
Doch hier kehrt nicht einfach nur ein Gastronom nach Österreich zurück. Sondern jemand, dessen Firmen erst vor kurzem in den Konkurs geschlittert sind, nachdem Mitarbeiter:innen monatelang nicht bezahlt wurden. Dieser Umstand wird in der Berichterstattung oft so beiläufig erwähnt, dass man es fast schon übersehen kann. Kritik? Fehlanzeige.
Weitermachen trotz Betrugs-Vorwürfen
Der rote Teppich endet nicht bei der Berichterstattung – er setzt sich im Wirtschaftsrecht fort. Der Mann, der in den vergangenen Jahren offiziell die DOTS-Gruppe geführt hat, Hans Michael Pimperl, ist gleichzeitig Geschäftsführer von rund 40 (!) Unternehmen.
Ein personeller Allzweck-Schlüssel, der perfekt ins Schloss des Ho-Systems passt: Firmen in die Insolvenz schicken, den Namen ändern, einen anderen Geschäftsführer einsetzen und weiter geht es.
Das ist nicht etwa ein Skandal im juristischen Sinn. Im Gegenteil, all das ist völlig legal. Und genau das ist das Problem. Während Einzelunternehmer:innen oder kleine GmbHs nach einer Pleite oft jahrelang persönlich haften, funktioniert für die Großen das Prinzip Reset-Taste: Neuer Name, neue Firma, neue PR-Story. Die Konsequenzen, die kleine Betriebe in den Ruin treiben, sind für andere nur eine kleine Fußnote auf dem Weg zum nächsten Champagner-Empfang. Während also gegen Ho wegen betrügerischer Krida ermittelt wird, kann er sich weiter unternehmerisch verwirklichen.
Und so lange das ermöglicht wird, sendet Österreich ein fatales Signal: Wer groß genug ist, kann scheitern, so oft er will – und bekommt trotzdem jederzeit eine neue Bühne. Wer klein ist, wird schon beim ersten Stolpern aus dem Rennen geworfen. Das untergräbt nicht nur das Vertrauen in Fairness und Rechtsstaat, sondern macht den Wirtschaftsstandort langfristig unattraktiv für all jene, die sich an alle Regeln halten.
Sonst bleibt es bei einer Zweiklassen-Wirtschaft. Mit jenen auf der einen Seite, die das Spiel zu ihren Gunsten biegen (und dafür noch medial gefeiert werden) und – naja, eben dem Rest von uns.
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