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Ungleichheit
Kapitalismus

Warum ist die Sanierung der Signa so schwierig? Ein Überblick über die aktuelle Situation

Sanierung der Signa: Ein Plakat zeigt, wie ein Projekt der Signa hätte ausschauen sollen. Darunter wurde "Benko war es nicht alleine" an eine Plakatwand gesprayed
Auch die Sanierung der Signa wird zur Baustelle Foto: Nicole Ebber, CC BY 4.0 International
Die Sanierung der Signa geht in die nächste Runde: Am 18. März stehen die entscheidenden Gläubigerversammlungen bei Signa Prime und Signa Development an. Warum gestaltet sich die Sanierung so schwierig und welche Rolle hat René Benko dabei? Wir geben einen möglichst einfachen Überblick:

Warum ist eine Sanierung der Signa-Gruppe so schwierig?

Es gibt einfach nicht nur “die” Signa. Was in den Medien als “Signa” oder “Signa-Gruppe” bezeichnet wird, ist ein verschachteltes Geflecht unzähliger, formal selbstständiger Firmen. Eine integrierte Konzernbilanz über diese Firmen hinweg gibt es nicht, für unterschiedliche Firmen sind auch unterschiedliche Insolvenzverwalter zuständig. 

Hinzu kommt: Zwischen diesen Firmen gab es bis kurz vor der Insolvenz zahlreiche Geschäftsvorgänge wie Darlehen, Einräumung von Pfandrechten oder Verkäufe. Die stehen jetzt alle auf dem Prüfstand, weil es die Möglichkeit gibt, sie aus verschiedenen Gründen anzufechten – z.B. wegen Benachteiligungsabsicht oder wegen Begünstigung einzelner Gläubiger.

Es ist also unsicher, ob einzelne Geschäftsvorgänge der letzten Jahre Bestand haben werden. Außerdem gibt es Interessenskonflikte, weil oftmals dieselben Personen auf unterschiedlichen Ebenen und in verschiedenen Firmen involviert waren. Das macht die Sanierung auch nur einzelner Signa-Unternehmen zu einer großen Herausforderung für alle Beteiligten.

Welche Varianten der Sanierung gibt es im Fall der Signa-Gruppe überhaupt noch?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Sanierung eines insolventen Unternehmens abzuwickeln. Grob lassen sich vier Varianten unterscheiden, von denen drei bereits bei zentralen Signa-Gesellschaften zur Anwendung kommen:

  • Sanierung in Eigenverwaltung: Das bisherige oder ein von den Eigentümer:innen ausgewähltes Management führt dabei operativ die Geschäfte weiter und wird von einem Insolvenzverwalter beaufsichtigt. In 90 Tagen muss das Management einen Sanierungsplan vorlegen, der mindestens 30 Prozent der Forderungen binnen zwei Jahren erfüllt und die Zustimmung einer Mehrheit der Gläubiger (mindestens die Hälfte der Forderungen) erhält. Diese Form der Sanierung wurde lange im Fall der Signa Development Selection AG verfolgt. Allerdings lautet der Vorschlag mittlerweile auch hier auf ein Treuhandverfahren zu wechseln.
  • Sanierungstreuhand: In diesem Spezialfall der Sanierung in Eigenverwaltung wird die Verwertung des Firmenvermögens an einen Treuhänder ausgelagert. So ein Verfahren bietet sich vor allem dann an, wenn das Vertrauen in das Management des Unternehmens erschüttert ist und Uneinigkeit unter den Gläubigern herrscht. Ein Vorteil so einer Lösung aus Gläubigersicht ist, dass mehr Zeit für den Verkauf besteht und sämtliche Erlöse an die Gläubiger gehen – auch, wenn sie über die Quote von 30 Prozent hinausgehen. Wie vom Insolvenzverwalter der Signa Prime Selection AG per Aussendung bekannt gegeben wurde, sieht deren Sanierungsplan inzwischen eine solche Treuhandlösung vor. Zum Vermögen der Signa Prime Selection AG gehören u.a. Anteile am Goldenen Quartier in Wien und das Kaufhaus Tyrol in Innsbruck.
  • Sanierung ohne Eigenverwaltung: Dabei wird die Sanierung von einem gerichtlich bestellten Masseverwalter vorangetrieben. Im Unterschied zur Sanierung in Eigenverwaltung muss der Sanierungsplan nur 20 Prozent der Forderungen binnen zwei Jahren erfüllen. Die Signa Holding GmbH ist im Januar 2024 in so ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung gewechselt, nachdem zunächst eine Sanierung in Eigenverwaltung versucht worden ist.
  • Konkursverfahren: Wenn die vorgelegten Sanierungspläne keine Mehrheit unter den Gläubigern finden oder das Insolvenzgericht den Plan zurückweist, dann wird aus dem Sanierungs- ein Konkursverfahren. Dabei werden sämtliche Vermögenswerte des Unternehmens vom gerichtlich bestellten Masseverwalter verwertet. Bislang ist (noch) keine der zentralen Signa-Firmen in so einem Konkursverfahren.

Diese Übersicht zeigt auch, dass es bei der Insolvenz der Signa-Gruppe nicht um eines, sondern um viele verschiedene, miteinander über wechselseitige Verbindlichkeiten verschränkte Insolvenzverfahren geht.

Worum geht es beim Angebot der Schoeller-Gruppe und warum zögern die Gläubiger, es anzunehmen?

Eine zentrale Frage im Insolvenzverfahren der Signa Prime Selection ist, wie ihre Anteile an besonders teuren Immobilien bestmöglich verwertet werden können.

Verkompliziert wird das durch die deutsche Schoeller-Gruppe. Sie hat im Juni 2023 ein Pfandrecht erhalten, weil sie eine wenig bekannte, aber zentrale Signa-Firma mit einem Kredit in Höhe von 200 Millionen Euro unterstützt hat. Über dieses Pfandrecht an Anteilen der bislang noch nicht insolventen Signa Prime Capital Invest GmbH verfügt die Schoeller-Gruppe jetzt de-facto ein Veto-Recht. Die Verwertung von prominenten Immobilien in Deutschland – etwa den im Bau befindlichen Elbtower oder dem KaDeWe in Berlin – ist ohne sie nicht möglich.

Die Schoeller-Gruppe sollte jetzt den Zuschlag für die Kronjuwelen unter den österreichischen Signa-Immobilien – darunter das Kaufhaus Tyrol in Innsbruck und Anteile am Goldenen Quartier in Wien – erhalten. Neben dem Kaufpreis sollte dafür auch das Pfandrecht abgezogen werden. Damit wäre der Weg für weitere Verkäufe frei.

Es ist fraglich, ob die Geschwindigkeit des Verkaufs sinnvoll und der angebotene Kaufpreis angemessen hoch war. Aber es ist auch unklar, ob die Einräumung des Pfandrechts so kurz vor der Insolvenz der (mit)betroffenen Signa-Firmen überhaupt rechtmäßig war – oder ob es erfolgreich angefochten werden könnte. Relevant ist in diesem Zusammenhang auch, dass einer der Geschäftsführer der Signa Prime Capital Invest GmbH, Manuel Pirolt, auch im Vorstand der Signa Prime Selection AG sitzt.

Was war und ist jetzt die Rolle René Benkos?

In den derzeit laufenden Insolvenzverfahren dürfte René Benko selbst unmittelbar keine Rolle spielen. Wesentliche Entscheidungen werden je nach Art des angestrebten Sanierungsverfahrens vom jeweiligen Management der Firma in Abstimmung mit dem Sanierungsverwalter oder überhaupt vom gerichtlich bestellten Masseverwalter getroffen.

Benkos Rolle in den Jahren vor der Insolvenz wird aber noch entscheidend: Bei der Aufarbeitung der Ursachen für die Insolvenz, hinsichtlich möglicher Anfechtung von Geschäften und, vor allem, für die Beurteilung möglicher strafrechtlich relevanter Tatbestände. Und hier hat Hans-Peter Haselsteiner bereits im Jänner 2024 im ZIB2-Interview mit Armin Wolf sehr klare Worte gefunden:

“Es ist ja kein Geheimnis, dass man [Benko] die faktische Geschäftsführung unterstellt. Da wird er sich auch schwer wehren können, dazu sollte er auch stehen. Er hat nun einmal die Zügel in der Hand gehabt.”

René Benko nicht nur die faktische Geschäftsführung, sondern damit verbunden auch eine “einheitliche Leitung” der diversen, formal unverbundenen Signa-Firmen gerichtsfest nachzuweisen, wird allerdings noch dauern – sofern es überhaupt gelingt.

Was ist verbotene Einlagenrückgewähr und warum könnte das bei der Abwicklung der Signa-Gruppe relevant sein?

Unabhängig von der Rolle René Benkos wird besonderes Augenmerk auf Geldflüsse “nach oben”, also zum Beispiel von Signa Prime Selection AG oder Signa Prime Development AG hinauf zur Signa Holding, gelegt werden. Denn solche Geldflüsse könnten ein Fall von in Österreich verbotener “Einlagenrückgewähr” mit möglicherweise strafrechtlichen Konsequenzen (Untreue, Betrügerische Krida) darstellen. Es gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung.

Einlagenrückgewähr bedeutet, dass Geld einer Kapitalgesellschaft (GmbH, Aktiengesellschaft) zurück an deren Eigentümer:innen fließt. Das ist in Österreich prinzipiell nur in Form von Gewinnausschüttungen erlaubt. Jede andere Form des Rückflusses von Geld an die Eigentümer ist unzulässig, sofern das Geschäft (z.B. ein Darlehen) nicht auch genauso mit unverbundenen Dritten abgeschlossen worden wäre.

Mit diesem weitgehenden Verbot von Einlagenrückgewähr soll verdeckte Ausschüttung von Gewinnen (zum Beispiel aus steuerlichen Gründen) sowie eine Bevorzugung einzelner Eigentümer:innen zulasten anderer Eigentümer:innen oder Gläubiger verhindert werden.

Im Rahmen der Signa-Gruppe werfen die vielen unübersichtlichen Geldflüsse immer wieder die Frage auf, ob Darlehen oder andere Vermögenstransfers gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßen haben. Das ist nicht nur wegen möglicher strafrechtlicher Folgen für handelnde Personen relevant. Solche Geschäfte können angefochten werden und es haften sowohl involvierte Geschäftsführer – auch faktische Geschäftsführer, wie es mutmaßlich René Benko einer war – als auch die von der Zahlung begünstigten Anteilsinhaber.

Aktualisierungshinweis, 18.3.2025, 8:08 Uhr: Status des Sanierungsplan bei Signa Development Selection AG upgedated 

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