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Gesundheit
Kapitalismus
Ungleichheit

OP-Wartezeiten: Wer zahlt, kommt schneller dran

Zwei Personen sind bei einer Operation zu sehen.
Planbare Operationen: Wer zahlt, kommt schneller dran. Foto: Pexels/Vidal Balielo Jr.
Eigentlich muss in Österreich laut Gesetz die medizinische Behandlung für alle Patienten gleich sein. Bei planbaren Operationen sollte nur jemand vorgereiht werden, bei dem das aus ärztlicher Sicht nötig ist. Doch eine neue Studie belegt: Wer zahlt, kommt schneller dran.
Eine Wienerin muss sich die Schilddrüse entfernen lassen. Die Wartezeit für den OP-Termin: Mindestens drei Monate. Doch drei Wochen später kommt sie schon an die Reihe – und das bei einem Fachmann mit bestem Ruf. Wie das geht? „Bezahlung schwarz, bar auf die Hand,“ gibt die Patientin gegenüber MOMENT zu. Stolz ist sie darauf nicht. Aber die Sorge um ihre Gesundheit war nun einmal größer als das Gewissen.
 

Keine Einzelfälle – neue Studie belegt Korruption im Gesundheitswesen

Eine aktuelle Umfrage des Instituts für Höhere Studien unter 285 Patienten und Patientinnen mit einer geplanten Hüft-, Knie- oder Schultergelenkoperation in neun Rehab-Zentren in fünf Bundesländern, ergab folgendes: 

Wartezeiten – gravierende Unterschiede

Die Studie zeigt außerdem: Die Wartezeiten auf planbare Operationen variieren bundesweit extrem. Demnach warten PatientInnen in Österreich durchschnittlich etwa auf eine Hüftgelenksoperation 8,7 und eine Knie-OP acht Wochen. 5 Prozent der PatientInnen warten allerdings länger als 32 Wochen.

Die Unterschiede variieren regional und mitunter auch innerhalb eines Bundeslandes. Die Wartezeit auf eine Hüft-OP beträgt im Landesklinikum Hainburg 6 Wochen, in Scheibbs hingegen 46 Wochen. Auf eine Kataraktoperation (grauer Star) wartet man im Landesklinikum Klosterneuburg 11 Wochen, in Mödling beziehungsweise Wiener Neustadt 44 Wochen. Alle Spitäler gehören aber zur Niederösterreichischen Landeskliniken-Holding.

Das Hauptargument der Spitäler für die unterschiedlichen Wartezeiten: Die PatientInnen würden auf die Behandlung im nächstgelegenen Krankenhaus bestehen, da der Krankentransport von der Sozialversicherung nur bis dorthin übernommen wird. Die eingeschränkte Leistung dieser sei also Schuld. 

Doch viele PatientInnen wissen über die gravierenden Unterschiede in der Wartezeit gar nicht Bescheid. Sie werden einfach zu schlecht informiert. Als Gegenmaßnahme sollten Krankenhäuser über die Angebote und Wartezeiten anderer Spitäler aufklären müssen.  So könnte man auch überlaufene Krankenhäuser entlasten.

Die Krankenhäuser hatte jedoch lange gar keine Wartelisten online zugänglich. Das geschah erst auf Druck. In Kärnten geschieht dies zum Beispiel aber immer noch nicht. Das zeigt das wahre Hauptproblem des Systems auf: Die mangelnde Transparenz. 

Als Antwort darauf sollten die Wartelisten auch über die Reihungskriterien Aufschluss geben. Das hilft ebenfalls dabei, um die Korruption besser in den Griff zu bekommen.

Politik muss endlich handeln

Thomas Czypionka, Studienleiter, fasst das Ergebnis zusammen: “Wir haben die Wartezeiten auf planbare Operationen nun nach 2007 und 2013 bereits zum dritten Mal beleuchtet. Insgesamt können wir sagen, dass es zu einer Verbesserung gekommen ist, vor allem was die Transparenz der Wartelisten betrifft.”

Zu tun ist aber immer noch genug. Menschen sollten weder unter starken Schmerzen unnötig monatelang auf einen Operationstermin warten – noch zu illegalen Zahlungen verleitet werden, um sich Privilegien zu erkaufen.

 

Mitarbeit und Grafiken: Sebastian Panny

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