Vorschau: Das wird die rechte Kulturkampfsaison im Herbst/Winter
Ab Mitte Oktober
Halloween ist kein christlicher Feiertag und eine böse Amerikanisierung unserer Kultur.
Es geht locker los. Dieser nicht mit voller Intensität geführte Kulturkampf stößt sich an der vermeintlichen Künstlichkeit von Halloween und dass womöglich Kinder an der Tür läuten könnten. Im Gegensatz zu den ganz und gar kommerz-freien Feiertagen wie Nikolaus, Weihnachten und Silvester wird Halloween zum Inbegriff der unnötigen Feierei oder Freude.
Ab Anfang November
Das Martinsfest heißt Laternenfest!
Das Martinsfest ist ein relativ neuer Kulturkampf, aber avancierte in den letzten Jahren zu einem Highlight für die extreme Rechte. Entweder, weil man fabuliert, dass muslimische Kinder es nicht feiern wollen würden (siehe Nikolaus) oder weil es angeblich mit dem Namen Laternenfest von der ach so guten alten religiösen Tradition getrennt (säkularisiert) werde.
Als ob es irgendein Kind gäbe, das nicht gerne eine Laterne durch die Nacht trägt und Kipferl bekommt. Laternenfest heißt es immer schon, weil es, Achtung, Laternen involviert. Die Kinder haben der extremen Rechten hier aber etwas voraus: Sie konzentrieren sich auf die Botschaft von Teilen und Fürsorge.
Ab Mitte November
Die Christkindlmärkte heißen nicht mehr Christkindlmärkte!
Das Schöne an diesem Kulturkampf ist, dass es nach ersten Versuchen nicht so recht in die Gänge kommt, weil diese Märkte regional sehr verschieden heißen. In Berlin glaubt niemand ans Christkindl. Kulturelle Missverständnisse sind hier im ganzen deutschsprachigen Raum vorprogrammiert.
Die Winter-, Schneeflocken- und Jahresendmärkte heißen im Übrigen so, damit man noch gut bis zum 6. Jänner stehen und Geschäft machen kann.
Ab Ende November
DER NIKOLAUS!!!!11
Der Klassiker unter den Kulturkämpfen. Angeblich komme der Nikolaus in irgendwelche Schulen oder Kindergärten nicht, weil die böse Stadt Wien oder Muslime es verboten hätten.
Halten wir fest, dass es bis jetzt nur einen Politiker gab, der dem Nikolaus den Gang in der Kindergärten verwehrt hat: Sebastian Kurz in der Corona-Pandemie. Selbstverständlich freut sich jedes Kind über Schokolade, Nüsse, Mandarinen und Lebkuchen. Selbstverständlich obliegt es Kindergärten unter Beachtung des Alters der Kinder, ob der Nikolaus direkt kommt oder ein Säckchen bereitsteht.
Der neueste Volte in diesem Kulturkampf ist, dass die extreme Rechte (und die ÖVP) den Krampus hineinreklamiert, schließlich ist das eine christliche Tradition. Blöderweise ist es gar keine christliche Tradition, wenn es Fell hat und laut ist. Der Krampus stammt von den (heidnischen) Perchten ab. Aber das geht jetzt zu weit für die Kulturkämpfer.
Ab Anfang Dezember
WEIHNACHTEN WIRD VERBOTEN!!!!!11
Nein, auch dieses Jahr wird Weihnachten nicht verboten. Auch dieses Jahr wird es kaum ein Land auf diesem Planeten geben, in dem man sich Weihnachten entziehen kann. Auch dieses Jahr wird man sich mit “Schöne Feiertage“ und “Frohe Weihnachten” grüßen – je nachdem, ob man nur Weihnachten oder die umliegenden (auch christlichen) Feiertage meint. Auch dieses Jahr werden Nichtchristen nicht beleidigt sein, wenn Weihnachten gefeiert wird. Auch dieses Jahr wird Weihnachten nicht gecancelt.
Ab Weihnachten
Feuerwerk ist ein Menschenrecht!
In den letzten Jahren haben immer mehr Gemeinden und Bundesländer das Abfackeln von Feuerwerk eingeschränkt. Die Gründe liegen auf der Hand: Brandgefahr (oft haben wir heutzutage auch im Winter lange Trockenphasen – hallo Klimakrise) und Verletzungsgefahr.
Jedes Jahr sterben Männer an Feuerwerkskörpern oder werden schwer verletzt. Importe, die nicht den Sicherheitsregularien entsprechen, sind hier besonders schlecht. Auch muss die Feuerwehr zigfach ausrücken, weil Bäume, Gärten, Gebäude in Brand geraten oder Tiere verletzt, erschreckt oder getötet werden (erinnern wir uns an das Affenhaus in Köln). Betrunkene, übermütige Menschen mit Feuerwerk sind auch selten eine gute Idee.
Das sind die Gründe, warum Feuerwerkskörper eingeschränkt werden. Nicht weil eine geheime, böse Verschwörung es befohlen hat.
Nach Silvester
Die Heiligen Drei Könige sind nur echt mit Blackfacing und ohne Mädchen!
Auch das ist ein relativ neuer Kulturkampf. Christliche Kinder und Jugendliche ziehen am 6. Jänner durch die Lande und sammeln Geld für christliche Projekte. Schon seit einigen Jahren gibt es in der Caritas-Bewegung die Ansicht, dass man einerseits Kindern kein schwarzes Gesicht aufmalen sollte und andererseits Mädchen Teil dessen sein dürfen.
Die Kulturkampf-Rechte hat mit diesen Selbstverständlichkeiten ein Problem. Die Alternative würde nämlich bedeuten, rassistisch und misogyn zu sein und das ist für sie immer die präferierte Option. Deswegen entfacht man nun auch einen Kulturkampf um die Heiligen Drei Könige.
Das gibt einen schönen Veranstaltungsüberblick auf welche Pro & Contras, Talkshow-Themen und Leitartikel wir uns das nächste halbe Jahr einstellen können, weil die etablierten Medien selbstverständlich sofort darauf aufspringen werden – egal wie vorhersehbar und abgeschmackt das Ganze ist.
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