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Arbeitswelt

UnternehmerInnen empört: Heimliches Aus für Zuschuss der Wirtschaftskammer

Krisengeschüttelte Betriebe in Niederösterreich konnten bei der Wirtschaftskammer einmalig einen Zuschuss von bis zu 5.000 Euro beantragen. Doch still und heimlich wurde dieser eingestellt. Und auch sonst lief einiges bei der Abwicklung schief. Nun schauen viele durch die Finger - und sind erzürnt.

 
Krisengeschüttelte Betriebe in Niederösterreich konnten bei der Wirtschaftskammer einmalig einen Zuschuss von bis zu 5.000 Euro beantragen. Doch still und heimlich wurde dieser eingestellt. Und auch sonst lief einiges bei der Abwicklung schief. Nun schauen viele durch die Finger – und sind erzürnt.

Martin H. Neger, Geschäftsführer einer Kremser Event-Agentur, fühlt sich von der Wirtschaftskammer Niederösterreich “übers Haxel gelegt.” Er ist nicht der einzige Unternehmer, der momentan kein gutes Wort über die Institution verliert, die eigentlich seine Interessen vertreten sollte. Ein zorniger Gastronom lässt etwa über Facebook Dampf ab: “Wirtschaftskammer Niederösterreich, hat es euch komplett ausgehagelt?”

Was ist passiert? Was hat die Gemüter der Kammermitglieder so erhitzt?

 

Existenzsicherungszuschuss für coronabedingten Ausfall: An sich eine gute Idee für krisengeschüttelte UnternehmerInnen

Die Wirtschaftskammer Niederösterreich gewährte ihren Mitgliedern – zusätzlich zum Härtefallfonds und anderen finanziellen Corona-Spritzen – einen einmaligen Existenzsicherungszuschuss. Maximal 5.000 Euro konnte ein Unternehmen beantragen. Wer die Kriterien erfüllte, sollte damit den pandemiebedingten Umsatzrückgang zumindest etwas ausgleichen können. Dies wurde zumindest im März verkündet

Am Formular, das damals auf der Seite der Wirtschaftskammer Niederösterreich heruntergeladen werden konnte, sollte in einer Liste der Umsatz des Jahres 2020 pro Monat mit dem Vorjahr verglichen werden. So ist der Umsatzrückgang einfach darzustellen.

 
Das Antragsformular für den Existenzsicherungszuschuss von der Wirtschaftskammer Niederösterreich vom März 2020. UnternehmerInnen müssen in einer Tabelle ihre Umsatzrückgänge dokumentieren.

Für Event-Manager Martin H. Neger war damit klar, dass er erst mit Jahresende um diesen Zuschuss ansuchen kann: “Das ergibt ja auch Sinn, dass dann Ende 2020 der gesamte coronabedingte Umsatzrückgang berechnet wird. Davon hängt ja auch der Zuschuss ab.”

Das Formular wollte er also bis Ende Dezember aufheben und dann ausfüllen – doch jetzt hat er zufällig erfahren, dass es gar nicht mehr gilt.

 

Frist für Anträge des Existenzsicherungszuschusses wurde auf Oktober vorverlegt

Denn ohne es entsprechend breit zu kommunizieren wurde die Frist vom Jahresende auf 1. Oktober vorverlegt. Wer bis dahin nicht angesucht hat, bekommt gar nichts.  

Nur wer nachweislich von der Wirtschaftskammer Niederösterreich beraten worden ist, mit der Antragstellung bis zum Jahresende zu warten, darf nachreichen. Viele Betriebe haben von der neuen Frist aber nie erfahren und verpassten sie. 

Ein Grund für dieses unfaire Vorgehen wurde auf MOMENT-Anfrage genannt: Das Geld ging einfach aus.

Bernahrd Tröstl, Sprecher der Wirtschaftskammer Niederösterreich, erklärt, dass die Aktion im März zu Beginn der Corona-Krise schnell initiiert wurde, noch bevor die Hilfsmaßnahmen der Regierung bekannt wurden: “Bei allen Förderungen gilt der Grundsatz, dass abgesehen von einer Frist jedenfalls nur so lange gefördert werden kann, wie das entsprechende Budget ausreicht.” 

 

“Finanziell beschränkte Maßnahmen” waren schnell erschöpft

Wie hoch dieses war, will er nicht verraten. Die Aktion sei jedenfalls mit “finanziell beschränkten Maßnahmen des Landes Niederösterreich” Anfang März als Hilfestellung begründet worden. Die Wirtschaftskammer hat damals wohl schwer unterschätzt, wie schlimm die Corona-Krise zuschlagen würde und wie viele Betriebe um ihre Existenz kämpfen müssen.

Nun ist es natürlich nicht besonders angenehm, den Kammermitgliedern mitzuteilen, dass nicht alle diesen Zuschuss erhalten können. Es hätte aber sehr wohl anders kommuniziert werden können. Warum die Sache aber stillschweigend abgeschafft wurde, hat einen weiteren Grund: Das Geld ging nicht nur aus, sondern wurde im Sommer via Helikopterprinzip verteilt und war deshalb wohl schnell verbraucht

 

Im Sommer wurde Soforthilfe in Höhe von 750 Euro verteilt

Bereits nach einigen Monaten war das Formular vom März nicht mehr gültig. Es wurde ein Online-Formular entwickelt. Und wer dies ausfüllte, erhielt eine Soforthilfe in der Höhe von 750 Euro. 

Martin H. Neger hat davon nichts mitbekommen: “Ich bekomme wöchentlich wohl drei Newsletter der Wirtschaftskammer. Aber von der Änderung hab ich in keinem gelesen.” Wer nicht zufällig auf die entsprechende Seite der Wirtschaftskammer ging, blieb einfach ahnungslos.

 

Viele krisengeschüttelte UnternehmerInnen gehen nun leer aus

Der Event-Manager, der seit Jahrzehnten Kammerumlage bezahlt, ist fassungslos angesichts dieses Vorgehens: “Ich musste alle meine Events absagen und werde wohl auch noch lange keine veranstalten können. Die 5.000 Euro hätte unser Unternehmen dringend gebraucht. Auch die 750 Euro, die im Sommer verteilt wurden, sind angesichts dieser Krise besser als nix. Aber nun gehen wir komplett leer aus. Was soll das?”

Sein Unternehmen lebt derzeit von Rücklagen, außerdem gehören dazu noch eine Werbeagentur und ein kleines Holzunternehmen, so dass zumindest etwas Geld hereinkommt. “Wir werden diese Krise irgendwie überleben, es gehört aber schon viel dazu, nicht vollends zu verzweifeln,” so Neger. 

Die Verzweiflung wurde dank der Wirtschaftskammer Niederösterreich zumindest kurzfristig vom Zorn abgelöst.

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