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Ungleichheit

Ich habe mir die Karenz mit meinem Mann fair aufgeteilt: Als Frau wurde ich anders behandelt

Elena*, 30, und ihr Mann haben sich die Karenz gerecht aufgeteilt. Das ist besonders am Land eine Ausnahme - auch in ihrer Umgebung. 4 von 5 Papas gehen nicht in Väterkarenz. Elenas Mann wurde dafür gefeiert, ein besonders toller Vater zu sein. Sie wurde aber ganz anders bewertet, erzählt sie für unsere Serie "Was ich wirklich denke".

Ich kenne bis heute in meinem Umfeld keine einzige Familie, in der sich die Eltern die Karenz gleich aufgeteilt haben. Mein Mann und ich bleiben die einzigen, die abwechselnd den Lebensunterhalt verdient haben. Wer zu Hause war, hat den Haushalt geschmissen und sich um unsere Tochter gekümmert.

Für mich war das eine Grundvoraussetzung, ein Kind zu bekommen. Ich hatte endlich einen tollen Job gefunden und wollte nicht zu lange fehlen. Mein Mann wollte sowieso in Karenz gehen. Wir haben uns dazu entschieden, dass ich die ersten sieben Monate bei unserer Tochter bleibe und er die fünf Monate darauf.

Für uns war es die perfekte Aufteilung, aber die Reaktionen aus unserem Umfeld waren hart. Meine Mama hat versucht, zu verstehen, wieso wir das machen. Aber ich habe gemerkt, ihr ist das fremd. Freundinnen, Bekannte und Arbeitskolleginnen waren völlig perplex. Einige haben mir gesagt, ich werde das nicht schaffen, wenn das Kind mal da ist. Das Baby braucht mich doch am meisten.

Väterkarenz: Er war der Superdad

In meiner ersten Arbeitswoche nach der Karenz hat mich meine Schwiegermutter gefragt: „Hast du nicht Angst, dass dein Kind dich vergisst?“ Oft kam die Frage, ob ich meine Tochter denn nicht vermisse. Natürlich hat sie mir gefehlt. Genauso wie sie meinem Mann gefehlt hat, als er ein paar Wochen nach der Geburt wieder in die Arbeit musste.

Zum Glück war die Karenz in der Firma meines Mannes kein Problem. Dort ist es ganz normal, dass auch die Väter bei den Kindern bleiben. Das wird dort vorgelebt. Auch sein Chef war ein halbes Jahr in Karenz. Außerhalb der Firma war es aber alles andere als selbstverständlich. Mein Mann war der Superdad, weil er fünf Monate in Karenz gegangen ist. „Wahnsinn, dass du das machst, so toll!“

 

Viele positive Rückmeldungen habe ich von Männern bekommen, die das auch gerne machen wollten. Nachgezogen ist noch niemand, ich mache aber kräftig Werbung für das Modell. Wenn ich mit Freundinnen unterwegs bin, machen die sich Sorgen, ob bei ihnen zu Hause eh alles in Ordnung ist und rufen zwischendurch an. Ob der Papa das im Griff hat mit den Kindern. Das ist bei mir kein Thema.

Unsere Tochter ist jetzt zwei Jahre alt, wir arbeiten beide wieder vier Tage in der Woche. Ich habe die Entscheidung nie bereut, aber es war hart, so viel Gegenwind zu spüren. Das heißt nicht, dass immer alles perfekt und einfach ist. Es war hart, nach sieben Monaten wieder in die Arbeit zu gehen. Aber es wäre auch nach zwei Jahren hart gewesen.

Es gibt viele Wege, eine gute Mutter zu sein

Auch finanziell hatten wir Einbußen. Ich habe zwar gut verdient, aber mein Mann in der IT doch mehr. Im Endeffekt haben wir gesagt, wir verzichten lieber und nehmen uns die Zeit. Ich verstehe aber, wenn sich das bei manchen Familien nicht ausgeht. Ein paar Monate nach meiner Karenz wurde ich befördert. Wäre mein Mann nicht in Karenz gegangen, hätte ich diese Chance nicht bekommen. Das ist ein Teufelskreis: Frauen bleiben beim Kind, weil sie weniger Einkommen haben, verpassen dadurch Chancen und verdienen erst wieder weniger.

Manchmal scheitere ich an meinen eigenen Ansprüchen. Rund um den ersten Geburtstag meiner Tochter hatte ich so viel zu tun, dass ich keine eigene Torte gebacken habe. Kurz habe ich mich schlecht gefühlt. Aber dann denke ich daran, dass es viele Wege gibt, eine gute Mutter zu sein. Ich will meiner Tochter vorleben, dass sie selbst entscheiden kann, wie ihr Leben aussehen soll.

*Name geändert

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