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Arbeitswelt

Streiken: Ja, dürfen die das?

Im ganzen Land werden Löhne verhandelt – wie jedes Jahr im Herbst. Aber heuer ist der Ton rauer als in den letzten Jahren - in manchen Branchen gibt es sogar Warnstreiks. Was bringt streiken? Und dürfen die das? Das neue Moment Mal mit Barbara Blaha.
 

 

 

Höchster Verlust an Kaufkraft seit 60 Jahren

Bei den Lohnverhandlungen geht es heuer um noch mehr als sonst. Die Unternehmen haben die Preise so stark und so rasch erhöht, dass die Kaufkraft unserer Löhne und Gehälter heuer um vier Prozent sinkt.

Das ist der höchste Verlust an Kaufkraft seit über sechzig Jahren. Und das raubt vielen Menschen im Land den Schlaf: Sie haben Angst, weil das Geld einfach nicht mehr reicht. Und die Inflation galoppiert munter weiter.

Also nur verständlich, dass die Leute auch streiken, damit sie fair und gut für ihre Arbeit bezahlt werden. Und solche Streiks – und allein schon die Drohung, zu streiken! – reichen, dass alle nervös werden.

Streiken ist ein Menschenrecht

Da sieht man also mal, wer das Land wirklich am Laufen hält, wenn jetzt alle die Nerven wegschmeißen. Ohne wen es nämlich gar nicht geht: Das sind nicht die Top-Manager, sondern die Pfleger:innen, alle, die im Handel arbeiten, die Zugbegleiter:innen

Und weil alle so nervös werden, fangen sie an, wild um sich zu schlagen. Gestreikt wird in Österreich sonst so wenig, dass Medien offensichtlich vergessen haben: Das Recht, seine Arbeit niederzulegen, ist ein Menschenrecht.

Was bringt streiken?

Was hätten wir denn zusammengebracht, wenn nie jemand gestreikt hätte? Völlig selbstverständlich mussten wir früher 16 Stunden am Tag hackeln, unser 8-Stunden-Tag wurde vor über 100 Jahren erkämpft.

Dann kam die 48-Stunden-Woche, je 8 Stunden von Montag bis Samstag. Erst 1959 wurde die 45-Stunden-Woche durchgesetzt. Und wie? Erraten, mit mehreren Streiks.1975 dann endlich die 40-Stunden-Woche. Übrigens hatten wir bis in die 70er Jahre auch nur 2 Wochen Urlaub im Jahr.

1984 – da war ich schon auf der Welt – haben wir die 5. Urlaubswoche erkämpft. Auch unser Weihnachts- und Urlaubsgeld, Mutterschutz und Karenzregeln sind das Ergebnis harter Verhandlungen – die Liste ließe sich noch lange fortsetzen.

Fortschritt wurde uns noch nie geschenkt, den haben wir immer hart erkämpft.

In den Medien fehlt diese Sichtweise auf Streiks hingegen weitgehend. Stattdessen werden die Lohnforderungen als zu teuer oder gierig dargestellt. Gegenfrage: Wie viele Gewinnausschüttungen an Aktionäre und Manager-Boni können wir uns noch leisten?

Absurd hohe Gehälter für Manager

Die Preise steigen, die Gehälter der Manager steigen und da seh ich nicht ein, dass die normalen Hackler:innen sich von ihrem Gehalt immer weniger leisten können, weil ihnen die Inflation Kaufkraft und Ersparnisse auffrisst.

Außerdem: Der Arbeitsmarkt hat sich verändert. Seit 40 Jahren sinkt in Österreich die Lohnquote. Das heißt: Von dem Kuchen, den die Betriebe, also Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam erwirtschaften, von diesem Kuchen also bekommen die Arbeitnehmer immer weniger; die Arbeitgeber nehmen sich immer mehr.

Warum? Weil sie es konnten. Die Arbeitslosigkeit war hoch, die Angst vor Arbeitslosigkeit groß. Und die Position der Arbeitgeber in den jährlichen Verhandlungen dementsprechend stark. Heute suchen Unternehmen so viele Arbeitskräfte, wie schon seit 30 Jahren nicht mehr. Die Arbeitslosigkeit ist niedrig, wie seit 10 Jahren nicht.

Abschlüsse, die deutlich über der Inflationsrate liegen, sind da natürlich möglich. Dafür müssen die Unternehmen auf einen Teil ihrer Gewinne verzichten. Aber das ist locker drin, solange extravagante Managergehälter auch drin sind.

Was es braucht?

Jetzt ist es auch mal an der Zeit, dass die Lohnerhöhungen über der Inflationsrate liegen. Das ist nur fair.

Die Medien sollten sich nicht nur mit den Forderungen der Gewerkschaften beschäftigen, wenn es um Streiks und Arbeitskämpfe geht. Sondern auch mal einen Blick auf die Manager-Gehälter und die Gewinne werfen, die jedes Jahr noch saftiger ausgeschüttet werden.

Und schließlich brauchen wir keine Einmalzahlungen, sondern kräftige, reale und nachhaltige Lohnerhöhungen. Vor allem in Berufen und Branchen, wo die Löhne an der Armutsgrenze kratzen.

 

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