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Ungleichheit
Demokratie

Was bedeutet Konsens: “Nur Ja heißt Ja”

Was bedeutet Konsens: “Nur Ja heißt Ja”
Mit Norwegen will ein weiteres europäisches Land ihr Sexualstrafrecht zugunsten der Betroffenen ändern. Aber was bedeutet eigentlich “Nur Ja heißt Ja” und warum ist diese Maßnahme notwendig?

Norwegens Justizministerin Astri Aas-Hansen kündigte Anfang April eine Reform des Sexualstrafrechts an. Bislang gelte als Vergewaltigung, wenn Gewalt angewendet oder die Schwäche einer Person ausgenutzt wurde. In Zukunft soll “Nur Ja heißt Ja” gelten – alles andere wird als Vergewaltigung gehandelt. Jetzt stimmte eine breite Mehrheit des norwegischen Parlaments für die Reform nach dem Konsensprinzip. 

Was bedeutet “Nur Ja heißt Ja?”

Zustimmung zum Geschlechtsverkehr soll durch Worte oder Taten ausgedrückt werden, damit er einvernehmlich ist. Oder anders herum: Schweigen, kein Widerstand oder ein fehlendes “Nein” sollen nicht automatisch als “Ja” gedeutet werden dürfen. 

Dieses neue Verständnis von Konsens ist bereits in einigen EU-Ländern gesetzlich festgelegt, wie beispielsweise in Schweden oder Spanien. Schweden führte 2018 als erstes EU-Land “Nur ja heißt Ja” ein. Laut Terre des Femmes sei die Zahl der Verurteilungen bei Vergewaltigungen bis 2023 um 75 % gestiegen. 

Warum ist “Nein heißt Nein” nicht genug? 

Betroffene von sexualisierter Gewalt werden oft gefragt: “Warum hast du dich nicht gewehrt?” Doch dein Handlungsspielraum ist bedeutend klein, wenn dein Körper auf Survival-Mode umschaltet.  Fliehen, Kämpfen oder Erstarren. Das sind die Überlebensmechanismen deines Körpers, wenn er sich in einer bedrohlichen Situation befindet. Wie dein Gehirn reagiert, hast du nicht in der Hand. Denn unser Verhalten hängt davon ab, welche Schaltkreise im Gehirn aktiviert werden, um uns vor möglichen Schäden zu schützen. 

Besonders groß ist der Unterschied zwischen Strafanzeigen und Verurteilungen in Fällen der sogenannten “Schockstarre”. Diese beschreibt einen Zustand, bei dem sich die betroffene Person weder verbal noch physisch wehrt – eben, weil sie es nicht kann. 

Deswegen ist es umso wichtiger, dass diese Realität auch in der Gesetzgebung zum Sexualstrafrecht berücksichtigt wird. 

Wie ist der Status Quo in Österreich?

Einen Gesetzesentwurf für “Nur Ja heißt Ja” in Österreich gibt es bisher nicht. In Österreich liegt strafrechtlich eine “Vergewaltigung” vor, wenn eine Person durch Gewalt, Freiheitsentziehung oder Lebensgefahr zum Geschlechtsverkehr gezwungen wird. Die Hürden eine Anzeige zu erstatten sind für Opfer hoch, die für eine Verurteilung von Tätern sogar noch höher. Laut Profil wurden 2023 in Österreich 1.652 Vergewaltigungen angezeigt, aber nur 127 führten auch zu einer Verurteilung.

Seit 2015 wurde immerhin ein weiterer Strafbestand mit deutlich niedrigerem Strafmaß eingeführt, der zumindest etwas näher an “Nur Ja heißt Ja” herankommt. Für eine “Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung” muss keine Drohung oder Gewalt erfolgen – wenn der Sexualkontakt ohne die Zustimmung der betroffenen Person passiert. Zur Ablehnung zählen Worte, aber auch körperliche Reaktionen, wie Weinen oder das eigene Erstarren. Auch das Ausnutzen einer Zwangslage von Betroffenen, wie zum Beispiel Obdachlosigkeit, finanzielle Abhängigkeit oder Suchterkrankungen, ist strafbar. 

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