Warum ist der Strom in Österreich so teuer – und was jetzt politisch passieren muss

Die Welt wird unsicherer und damit steigt auch die Sorge vor einem Wiederanstieg der Energiepreise. Die Regierung bastelt laut eigenen Angaben bereits an einer Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes. Es soll sicherstellen, dass uns die Energiepreise für Haushalte und Wirtschaft nicht wieder davon schießen. Gut so, denn es ist höchste Zeit für ein mutiges Eingreifen am Energiemarkt.
Warum ist der Strompreis in Österreich so hoch?
Gas heizt nicht nur unsere Wohnungen, es heizt auch den Strompreis an. Solange das teuerste noch benötigte Kraftwerk den Marktpreis bestimmt, bezahlen wir für jede Kilowattstunde den teuren Gas-Strom. Das Merit‑Order‑Prinzip ähnelt einer Auktion, in der das letzte Luxus-Stück alle Preise hochschraubt.
Obwohl der Gaspreis seit 2024 um 20 Prozent gefallen ist, blieben die Strompreise unverändert hoch. Sie sind nur um 3 Prozent gesunken. Für ein Land wie Österreich, das seinen Strom zu vier Fünfteln aus erneuerbaren Quellen gewinnt, ist das ökonomischer Unsinn – und sozialer Sprengstoff.
Umverteilung zu Energieunternehmen
Die Folge ist jedenfalls ein historischer Vermögenstransfer von Haushalten zu Energieversorgern. Bis zu 5,5 Milliarden Euro Übergewinne pro Jahr, rechnet das Momentum Institut vor – finanziert aus den Geldbörsen jener, die doppelt zur Kassa gebeten werden. Zuerst bei der eigenen Stromrechnung, dann an der Supermarktkassa. Denn hohe Energiepreise schrauben alle Preise mit nach oben.
Im dritten Jahr der Energiepreis-Krise muss die Politik endlich ins Handeln kommen. Der Markt löst uns das Problem offensichtlich nicht. Denn es gibt keinen funktionierenden Wettbewerb am Strommarkt. Das konstatierte jüngst die Bundeswettbewerbsbehörde bei der Präsentation ihres Branchenberichts. Nur 4,5 Prozent der Konsument:innen wechseln ihren Stromanbieter. Und wohin sollen sie auch wechseln? Die Marktmacht der Landesenergieversorger – alles ehemalige Monopolisten – liegt in manchen Bundesländern bei bis zu 90 Prozent.
Verzerrte Märkte korrigieren
“Aber Preisdeckel”, seufzen marktliberale Ökonomen, „verzerren den Markt.“ Der Markt ist längst verzerrt: Durch Oligopole, asymmetrische Information und eine Preisbildung, die fossile Brennstoffkosten auf jede Kilowattstunde wälzt. Eine Politik, die ordnet, deckelt und abschöpft, korrigiert diese Schieflage. Sie schlägt die Brücke zwischen ökologischem Umbau und sozialer Gerechtigkeit.
Ein Blick über die Grenze verdeutlicht, wie unterschiedlich Strompreise politisch gestaltet werden können. In der Schweiz ist der Strompreis für die Haushalte gesetzlich geregelt, sie sind vom Wettbewerb ausgenommen. Die Preisaufsicht liegt bei der Eidgenössischen Elektrizitätskommission. Daran könnte sich die Bundesregierung ein Vorbild nehmen und Energieversorger dazu verpflichten, die Energiekosten an den realen Gestehungskosten erneuerbarer Energie zu orientieren. Nur so gelangt der Kostenvorteil von Sonne, Wind und Wasser endlich zu den Konsument:innen.
Auch in anderen EU-Staaten wurde in die Strompreise gegriffen. Spanien und Portugal haben vorgemacht, wie man den Großhandelspreis kappen kann, ohne Investitionen in erneuerbare Energien abzuwürgen. Ein befristeter, ambitionierter Cap von rund 10 Cent je Kilowattstunde würde die Tarife sofort halbieren. Und dabei nicht nur die Stromrechnung, sondern auch die Inflation drücken. Der Staat ist dabei kein Bittsteller, sondern Marktgestalter: Er sorgt dafür, dass Grundbedarf leistbar bleibt, während verschwenderische Spitzenverbräuche weiterhin teurer sind.
Österreich: Staat zu zaghaft
Gegen einen solchen Deckel hat sich Österreich lange gewehrt. Stattdessen wurde der Energiekrisenbeitrag eingeführt. Er sollte die Zufallsgewinne der Energieriesen wieder zurück in die Staatskasse spülen. Viel rum kam bisher nicht: gerade einmal 255 Millionen Euro wanderten zurück an den Finanzminister.
Ein Wasserzins nach Schweizer Vorbild – 1,5 Cent pro Kilowattstunde Wasserkraft – brächte uns allein 667 Millionen Euro. Eine analoge Abgabe auf Wind und Sonne weitere 200 Millionen. Damit ließen sich die Stromkosten des ärmsten Fünftels fast vollständig kompensieren. Für die Engergie-Versorger bliebe das Geschäft trotzdem höchst profitabel.
Die Stromkrise ist kein Naturereignis, sie ist gemacht – und damit auch politisch lösbar. Wer in Österreich im Jahr 2025 noch Energiearmut hinnimmt, macht sich mitschuldig. Ein beherzter Eingriff würde nicht nur millionenfachen Geldbeutel‑Frust lindern, er würde zeigen: Die Energiewende gewinnt dann Zustimmung, wenn sie den Stromzähler vom gefürchteten Preistreiber zum Verbündeten der Mehrheit der Menschen macht.