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Arbeitswelt

4-Tage-Woche am Bau: Warum ein Elektrobetrieb die Arbeitszeit verkürzt

Bei Elektro Kagerer in Pasching wird in der 4-Tage-Woche gearbeitet. Der Chef ist sicher, dass sein Unternehmen davon profitiert. Wer weniger arbeite, sei ausgeruhter und motivierter, und schaffe letztlich genauso viel. Sein Mitarbeiter kann noch immer kaum glauben, "dass das wirklich umgesetzt wurde". Seine Erfahrung bisher: "Ich bin nach drei Tagen Wochenende wirklich relaxt, das motiviert massiv."

Für Christian Ebner ist die Sache klar: Die 4-Tage-Woche ist die Zukunft. „Ich bin der Meinung, dass das überall kommen wird“, sagt der Geschäftsführer von Elektro Kagerer aus Pasching bei Linz. „Also haben wir uns gesagt, lasst uns das jetzt einfach angehen mit der 4-Tage-Woche“, sagt Ebner im Gespräch mit MOMENT.

In dem Unternehmen für Elektroinstallationen wird seit März dieses Jahres 4 Tage in der Woche gearbeitet. Ob die Angestellten im Büro oder die Installateur:innen auf den Baustellen: Alle arbeiten nur noch 36 Stunden in der Woche und haben ein drei Tage langes freies Wochenende. Dafür bekommen sie dasselbe Gehalt wie vorher mit der 5-Tage-Woche und 38,5 Stunden Arbeitszeit.

„Ich bin sicher, dass das funktioniert“, sagt Ebner. Von seinem Büro im 5. Stock des modernen Bürogebäudes der Firma hat er einen guten Ausblick auf Paschings bekanntestes Gebäude: das Mega-Einkaufszentrum Plus City. Rundherum steht Lagerhalle an Lagerhalle in dem Gewerbegebiet im Südwesten von Linz. Dutzende Lkw fahren ein und aus.

Die 4-Tage-Woche kostet – der Chef ist sicher: Das kommt wieder rein

Das Baugewerbe ist ein hartes Geschäft, der Kostendruck hoch. Die Arbeitszeit zu reduzieren, koste sein Unternehmen im Jahr „einen sechsstelligen Betrag“, sagt Ebner. Geld, das er gerne auch wieder reinbekommen würde. Mit Mitarbeiter:innen, die in Aussicht von drei Tagen Freizeit in der Woche zufriedener, motivierter und ausgeruhter in die Arbeit kommen.

Mitarbeiter:innen, die weniger krank sind, weil sie sich länger erholen können. Mitarbeiter:innen, die in 4 Tagen und weniger Wochenstunden schaffen, was sonst in 5 Tagen gemacht wurde. „Ich glaube nicht, dass unser Ergebnis am Ende des Jahres schlechter sein wird“, sagt Ebner.

Seine Mitarbeiter:innen seien auf ihn zugekommen und hätten gefragt, ob es nicht möglich sei, nur vier Tage in der Woche zu arbeiten. Ebner rechnete es durch und sagte: Probieren wir das! „Ein Tag Erholung mehr bringt was“, sagt Ebner und denkt dabei vor allem an die Arbeitenden auf den Baustellen. „Der Druck dort draußen ist größer geworden. Alles muss schneller funktionieren“, sagt Ebner über den Alltag auf dem Bau. „Die haben es körperlich schwer. Gerade die bräuchten mehr Erholung als jemand, der am Schreibtisch sitzt“, sagt Ebner.

 
4-Tage-Woche bei Elektro Kagerer: Bild zeigt Geschäftsführer Ebner im Büro.

„An dem Projekt hängt viel Herzblut“, sagt Geschäftsführer Christian Ebner von Elektro Kagerer. // Foto: A. Bachmann

Es sei „das erste 4-Tage-Modell, wo alles auf Punkt und Beistrich vertraglich geregelt ist“, sagt der Geschäftsführer. Ebner habe sich vorher andere Betriebe angeschaut, in denen weniger gearbeitet wird bei vollem Lohn. „Da gibt es oft interne Absprachen oder es gilt nicht für alle Bereiche im Unternehmen.“ Bei Elektro Kagerer sei das anders: Alle 125 Mitarbeiter:innen arbeiten 4 Tage in der Woche – vom Empfang über die Montage bis hin zum Warenlager.

Die Mitarbeiter:innen glaubten erst gar nicht, dass das kommt

„Das ist ein Wahnsinn“, sagt Thomas Stoiber. Er sitzt im Pausenraum des Warenlagers und isst gerade ein Weckerl. Mitarbeitende von Elektro Kagerer schlugen aktiv vor, die 4-Tage-Woche im Betrieb einzuführen. „Die Idee war cool. Aber dass das dann wirklich so umgesetzt wird, hat eigentlich keiner geglaubt“, sagt er zu MOMENT. Im Unternehmen wurde darüber abgestimmt, ob die 4-Tage-Woche eingeführt werden soll: 120 stimmten dafür, bei 3 Gegenstimmen.

„Und schon am nächsten Freitag, hieß es: Frei für alle!“, sagt Stoiber. Der 39-Jährige arbeitet seit seiner Schulzeit bei Elektro Kagerer, begann als Lehrling auf der Baustelle. „Ich war hier quasi von der Pike auf dabei.“ Heute kümmert er sich um den Wareneinkauf. Er sorgt dafür, dass von allen möglichen Elektroteilen immer genug da sind. „Zu wissen, am Donnerstag ist die Arbeit vorbei und man hat dann drei Tage Wochenende, „das motiviert schon massiv“, sagt Stoiber.

Drei Tage Wochenende heißt für ihn, mehr Zeit mit der Familie verbringen zu können, Zeit für Erledigungen zu haben, die sonst liegenblieben, oder auch mal spontan einen Kurztrip zu unternehmen. „Sonntagnacht bin ich dann wirklich relaxt“, sagt er. Freund:innen und Verwandte, denen er davon erzählt, reagierten begeistert bis ungläubig, erzählt er. „Oida, geil“, sagen die. „Aber sie fragen auch, ob ich da nicht auch entsprechend weniger Geld bekomme“, sagt Stoiber. Der versichert dann: Nein, nein, das Gehalt ist das volle. Nur arbeiten er und seine Kolleg:innen dafür jetzt insgesamt 10 Stunden weniger im Monat.

Ob trotzdem alle Arbeiten in derselben Zeit erledigt werden können, wie der Chef es sich erhofft? „Also machbar ist das“, sagt Stoiber. „Nur die Uhr bleibt ja grundsätzlich die gleiche.“ Soll heißen: Auch wer motivierter und ausgeruhter in den Job geht, arbeitet nicht automatisch so viel produktiver, dass die zweieinhalb Stunden weniger pro Woche ausgeglichen werden können. Die 4-Tage-Woche läuft jetzt erstmal mindestens ein Jahr lang in Ebners Unternehmen. Das sei vertraglich so festgelegt worden.

Die 4-Tage-Woche ist ein Vorteil im Rennen um Personal

„Bis Februar kommenden Jahres schauen wir, wie es sich entwickelt hat und reden mit unseren Mitarbeitern, wie es ihnen damit geht“, sagt Ebner. Und dann werde sich zeigen, ob Elektro Kagerer seine Bilanzzahlen halten konnte, ob Mitarbeiter:innen und Kund:innen zufrieden sind.

„Ich gehe davon aus, dass es sogar besser wird“, sagt Ebner. Und wenn nicht? „Wenn wir draufkommen: Das entwickelt sich in eine völlig verkehrte Richtung, dann werden wir das nicht einfach so begraben“, sagt Ebner. Dann werde stattdessen geschaut, an welchen Schrauben noch gedreht werden muss, damit das mit der 4-Tage-Woche so aufgeht, wie sich Geschäftsführung und Mitarbeiter:innen in dem Paschinger Familienunternehmen erhoffen. Ebner ist seit 1991 im Unternehmen. Er baute in seiner Ausbildung Schaltschränke. Nach dem Tod des Firmengründers stieg er schon mit Mitte 20 in die Geschäftsführung auf.

„An dem Projekt der 4-Tage-Woche hängt viel Herzblut“, sagt Ebner. Mit dabei ist aber auch: Kalkül. Jetzt die 4-Tage-Woche anzubieten, sei ein Vorteil, wenn es darum geht, neue Mitarbeiter:innen zu bekommen. „Wenn sich einer zwischen uns mit der 4-Tage-Woche und einem anderen Unternehmen mit normaler Arbeitszeit entscheiden muss, kommt er vielleicht eher zu uns“, sagt Ebner.

Der Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften ist auch in seiner Branche virulent. „Katastrophal“ nennt Ebner es, dass immer mehr Personal fehle. Sein Unternehmen bildet Lehrlinge aus, wurde dafür schon ausgezeichnet. Und was sagen andere Unternehmen, mit denen Elektro Kagerer auf Baustellen zusammenarbeiten? „Die sagen uns, ja toll, aber jetzt wollen unsere Mitarbeiter das auch haben“, sagt Ebner.

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