Arbeitszeitverkürzung: Spanien will die 40-Stunden-Woche begraben
Kürzer arbeiten, gleich viel Geld bekommen und von Chef:innen in der Freizeit nicht gestört werden? Klingt toll – und soll in Spanien ab 2026 gelten.
Die Regierung unter Pedro Sánchez hat ein Gesetz beschlossen, das die wöchentliche Arbeitszeit bei gleichem Gehalt auf 37,5 Stunden senkt. Bisher galt dort eine 40-Stunden-Woche für alle Menschen, deren Kollektivvertrag nichts anderes vorschreibt. Bis zu 12 Millionen Arbeitnehmer:innen würden davon profitieren.
Das könnte dir auch interessieren
Das Gesetz soll außerdem das „Recht auf Abschalten“ stärken. Dabei geht es um den Schutz der Freizeit von Arbeitnehmer:innen. In Spanien sollen sie etwas nicht mehr von Arbeitgeber:innen außerhalb der Arbeitszeiten kontaktiert werden dürfen. Bei Verstößen drohen Strafen von bis zu 10.000 Euro.
Um die Arbeitszeitverkürzung besser kontrollieren zu können, soll ein digitales Zeiterfassungssystem eingeführt werden. Darauf können Behörden zugreifen, um mögliche Verstöße zu untersuchen. Auch der gesetzliche Mindestlohn soll leicht ansteigen, in Zukunft erhält man mindestens 16.576 Euro jährlich. Unter der aktuellen Regierung ist der Mindestlohn damit in den vergangenen Jahren um 60 Prozent gestiegen.
Arbeitszeitverkürzung in Spanien noch nicht endgültig fix
Das Gesetz wurde bisher nur im Ministerrat beschlossen. Es muss noch im Parlament bestätigt werden, wo die aktuelle Regierung keine Mehrheit hat. Sie benötigt noch die Unterstützung von Kleinparteien.
Arbeitgeber-Verbände haben sich vor dem Beschluss im Ministerrat gegen das Gesetz ausgesprochen. Sie verlangen, dass eine Verkürzung der Arbeitszeit nur über Kollektivverträge laufen soll.
Keine Arbeitszeitverkürzung in Österreich seit 40 Jahren
Eine ähnliche Situation wie in Spanien herrscht auch in Österreich. Hier gab es ebenfalls seit 40 Jahren keine allgemeine Arbeitszeitverkürzung mehr. Die Normalarbeitszeit liegt bei 40 Stunden, in vielen Branchen dank Kollektivverträgen bei 38,5 Stunden.
Gleichzeitig ist unsere Produktivität jedoch stark angestiegen. Wir schaffen in derselben Zeit also viel mehr als früher – müssen aber genauso lange arbeiten. Dabei zeigen alle größeren Versuche zur Arbeitszeitverkürzung, dass unsere Arbeit auch in weniger Stunden erledigt werden kann – ohne, dass dabei die Produktivität sinkt.
Auf eine Arbeitszeitverkürzung wie in Spanien müssen wir in Österreich aber vermutlich noch länger warten. Zumindest unter einer blau-türkisen Regierung wird es dazu nicht kommen – da droht eher noch das Gegenteil.
Das könnte dir auch gefallen
- Mehr Förderung und Entschädigung fürs Ausbilden? Lehrbetriebe zwischen Fachkräftemangel und Ausbildungsverweigerung
- „Weckruf“ – der Alltag im Hort zwischen Bildung, Betreuung und Berufung
- Und wer regiert uns jetzt?
- Post bietet Lieferando-Gekündigten neue Jobs an: Ein ernsthaftes Angebot?
- Kündigungen bei Lieferando: Zurück zum Branchenstandard Ausbeutung
- Lieferando kündigt alle Fahrer:innen – Prekär Beschäftigte sollen Profite sichern
- Wie soll man bis 67 arbeiten, wenn schon die Generation 50+ Probleme am Arbeitsmarkt hat?
- Regierungsprogramm unter Frauenministerin Holzleitner: Feminismus steht drauf, aber was ist drin?