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Arbeitswelt
Kapitalismus

4-Tage-Woche: Der Überblick über das Arbeitszeitmodell

5 Büroklammern liegen nebeneinander. Die ersten 4 sehen so aus als wären sie traurig, die 5. lacht mit einem post-it
Wer für die 4-Tage-Woche ist, wird gerne als naiv bezeichnet. Doch sie wird bereits in vielen Ländern sehr erfolgreich getestet - fallweise auch in Österreich. Wir haben den Überblick über die Versuche und die Argumente für eine Arbeitszeitverkürzung.

Was ist die 4-Tage-Woche?

Für die meisten von uns dauert eine normale Arbeitswoche von Montag bis Freitag. Die Normalarbeitszeit in Österreich beträgt 40 Stunden, in vielen Bereichen liegt sie dank Vereinbarungen in Kollektivverträgen seit 1985 bei 38,5 Stunden. Eine allgemeine Verkürzung der Arbeitszeit gab es seit fast 40 Jahren nicht mehr. Heute sind wir aber viel produktiver als vor einigen Jahrzehnten. Damit das bei Arbeitnehmer:innen ankommt, soll die Vollarbeitszeit bei gleichem Gehalt weniger werden. Das kann mit einer 4-Tage-Woche geschehen.

Arbeitszeit in Stunden, gegenübergestellt mit <span class=Produktivität" width="2400" height="890" />

Welche Modelle für eine 4-Tage-Woche gibt es?

In manchen Betrieben ist eine 4-Tage-Woche bereits möglich. Die Arbeitszeit des freien Tages wird dabei auf die anderen aufgeteilt. So arbeitet man etwa an vier Tagen 10 Stunden anstatt an fünf Tagen 8 Stunden. Das mag für manche attraktiv sein, viele Menschen sind davon jedoch abgeschreckt. Dieses Modell ist jedenfalls keine Arbeitszeitverkürzung.

Forderungen nach einer 4-Tage-Woche sind deswegen fast immer auch mit einer Arbeitszeitverkürzung verbunden. Bei diesem Modell bleibt das Gehalt gleich. Eine Formel dafür lautet “100-80-100”: 100 % Leistung, 80 % Arbeitszeit, 100 % Bezahlung.

Was sind die Argumente für eine 4-Tage-Woche?

Für Befürworter:innen ist klar: Wir haben es uns verdient, weniger zu arbeiten. Denn unsere Produktivität ist in den vergangenen Jahrzehnten stark angestiegen. Das heißt, dass Arbeitnehmer:innen in derselben Zeit viel mehr schaffen als früher. Profitiert haben davon vor allem Unternehmen. Was oft vergessen wird: Die Arbeit wurde gleichzeitig schneller, intensiver und anstrengender. Psychische Erkrankungen haben deswegen stark zugenommen. Kein Wunder also, dass sich die Menschen in Österreich eine Arbeitszeitverkürzung wünschen.

Eine Arbeitszeitverkürzung hat es in Österreich aber seit fast 40 Jahren nicht mehr gegeben. In den Jahrzehnten davor ist sie schrittweise von 48 Stunden auf 38,5 gesenkt worden. Gegen den Widerstand von Unternehmenslobbys und unternehmensnahen Parteien.

Die 4-Tage-Woche ist besser für Arbeitnehmer:innen und häufig auch Unternehmen. Eine 4-Tage-Woche macht Menschen gesünder. Arbeitnehmer:innen fühlen sich nicht nur ausgeruhter und zufriedener, die Krankenstände gehen tatsächlich zurück. Auch langfristige Ausfälle wegen Krankheiten werden weniger. Weniger Arbeit bedeutet auch weniger Stress und mehr Zeit, sich um sich selbst zu kümmern. Die psychische Belastung nimmt so ab. Unternehmen können mit weniger ungeplanten Ausfällen rechnen. Und haben motiviertere Mitarbeiter:innen, die ihre Leistung auch in kürzerer Zeit abrufen können.

Eine Folge davon: Unternehmen mit einer 4-Tage-Woche finden einfacher Menschen für offene Stellen, da sie für Arbeitnehmer:innen attraktiver werden. Besonders Branchen, die händeringend nach Arbeitskräften suchen, könnte das helfen.

Eine Normalarbeitszeit von 32 Stunden würde auch bedeuten, dass mehr Menschen Vollzeit arbeiten können. Davon würden auch Menschen profitieren, die wegen unbezahlter Sorgearbeit wie der Pflege von Angehörigen und Kinderbetreuung in Teilzeit sind – meistens würde das heute Frauen helfen. Sie haben wegen der 5-Tage-Woche niedrigere Einkommen, eine höhere Abhängigkeit von Partner:innen und weniger Geld in der Pension.

Was sind die Argumente gegen eine 4-Tage-Woche?

Eine 4-Tage-Woche führt zu mehr Stress, wenn dieselbe Arbeit in weniger Tage gepresst wird. Dieses Argument gilt aber nur dann, wenn die Arbeitszeit nicht verringert wird. Dieses Modell finden viele Menschen nicht attraktiv.

Gegen eine 4-Tage-Woche mit Arbeitszeitverkürzung werden von Vertreter:innen der Wirtschaft ähnliche Argumente vorgebracht wie bei anderen Arbeitszeitverkürzungen in der Geschichte: Kürzer zu arbeiten schade der Wirtschaft massiv. Österreich wäre nicht mehr leistungsfähig, Unternehmen würden abwandern. Überhaupt sei aktuell nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Das wäre unverantwortlich.

Eingetreten sind diese Warnungen nie. Arbeitszeitverkürzungen haben Österreich nicht ruiniert. Betriebe müssten sich allerdings umstellen. Die bisherigen Experimente mit einer 4-Tage-Woche haben gezeigt, dass das sehr schnell passiert. Die kürzere Arbeitszeit führten dort schnell zu besseren Arbeitsabläufen und weniger “sinnlosen” Aufgaben.

Was stimmt: In manchen Bereichen lässt sich eine Arbeitszeitverkürzung einfacher umsetzen als in anderen. In Branchen wie der Pflege müssen Menschen rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Daran ändert auch mehr Effizienz nichts. Gleichzeitig sind genau das häufig Bereiche, in denen Arbeitnehmer:innen stark belastet sind und Betriebe nach Mitarbeiter:innen suchen. Eine Umstellung kann dort möglicherweise nicht so schnell erfolgen, wie in anderen Bereichen. Das heißt aber nicht, dass sie gar nicht passieren kann.

Woher wissen wir, welche Auswirkungen die 4-Tage-Woche hat?

Das Wissen über die 4-Tage-Woche mit Arbeitszeitverkürzung ist nicht nur theoretisch. In den vergangenen Jahren haben bereits einige Länder und Organisationen Experimente dazu durchgeführt. Diese wurden wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Hinter vielen der Testläufe steht die Organisation “4 Day Week Global”, die Unternehmen, Städte und Länder beim Umstieg auf die 4-Tage-Woche unterstützt.

Was haben die Versuche einer 4-Tage-Woche mit Arbeitszeitverkürzung ergeben?

Die Versuche einer 4-Tage-Woche mit Arbeitszeitverkürzung waren bisher fast ausschließlich positiv.

Am deutlichsten zeigt das die bisher größten Studie in Großbritannien aus dem Jahr 2022. 61 Betriebe mit rund 2.900 Personen haben daran teilgenommen. Das Ergebnis: Mehr als zwei Drittel der Mitarbeiter:innen gaben an, sich weniger ausgebrannt zu fühlen. Drei Viertel waren generell zufriedener mit ihrem Leben – sie fühlten sich weniger erschöpft, schliefen mehr und berichteten von besserer psychischer Gesundheit.

Auch die Unternehmen profitierten. Krankenstandstage gingen um 65 Prozent zurück. Und die Zahl der Mitarbeiter:innen, die sich einen anderen Job suchten, sank um 57 Prozent im Vergleich zum Jahr davor. Weniger zu arbeiten, sorgt für mehr Zufriedenheit – davon profitieren auch Unternehmen. Die Produktivität nahm zu, obwohl weniger gearbeitet wurde. Unwichtige Meetings wurden gestrichen, Leerzeiten weniger.

Die positiven Folgen zeigten sich nicht nur kurzfristig. 54 der 61 Unternehmen behielten nach dem Test die 4-Tage-Woche bei gleichem Lohn vorerst bei. Auch die Befragung ein Jahr nach Ende des Experiments bestätigte die überwiegend positiven Ergebnisse.

Wo gibt es Versuche zur 4-Tage-Woche?

Die größten beendeten Versuche zur 4-Tage-Woche mit Arbeitszeitverkürzung gab es in Großbritannien und Island.

2022 gab es einen Versuch in Irland, den USA, Australien und Neuseeland. In Irland wollten alle teilnehmenden Unternehmen die 4-Tage-Woche danach beibehalten. 2023 startete ein weiterer Versuch. In Australien und Neuseeland wollte von 26 nur ein Betrieb wieder zu einer 5-Tage-Woche zurückkehren. Auch in den USA planten alle Unternehmen, unter anderem die Plattform “Kickstarter”, die 4-Tage-Woche beizubehalten.

In Portugal wurde im Dezember 2023 ein Versuch zur 4-Tage-Woche mit 41 Betrieben beendet. Dabei wurde die Arbeitszeit auf 35 Stunden verringert. Auch hier gab es sehr schnell positive Auswirkungen. Hatten vorher noch fast die Hälfte der Arbeitnehmer:innen beklagt, Arbeit und Familie nicht unter einen Hut zu bringen, waren es nach drei Wochen nur mehr 8%.

Ähnliches zeigt sich in Südafrika. Dort haben bis September 2023 28 Unternehmen an einem Experiment zur Arbeitszeitverkürzung teilgenommen. Nicht alle haben dabei auf eine 4-Tage-Woche gesetzt, teilweise wurde jeden Tag kürzer gearbeitet. Im Vergleich zu anderen Versuchen konnten nicht alle Unternehmen die Arbeitszeit auf 32 Stunden senken. Die Ergebnisse waren trotzdem ähnlich positiv wie in anderen Ländern.

Die spanische Regierung hat 2023 zu einem Versuch aufgerufen, den sie mit fast 10 Millionen Euro unterstützt. Der Test soll zwei Jahre dauern. Betriebe mit bis zu 250 Mitarbeiter:innen konnten sich dafür bewerben. Parallel dazu wurde in Valencia eine 4-Tage-Woche getestet, indem regionale Feiertage für zwei Monate auf einen Montag gelegt wurden. 360.000 Menschen waren davon betroffen. Ergebnis: Weniger Stress, Luftverschmutzung und mehr Wohlbefinden.

In Deutschland hat im Februar 2024 ein sechsmonatiger Versuch zur 4-Tage-Woche mit Arbeitszeitverkürzung begonnen. 45 Unternehmen haben sich zur Teilnahme gemeldet.

In Frankreich beträgt die Arbeitszeit bereits 35 Stunden. Dort führen immer mehr Unternehmen eine 4-Tage-Woche ein, für rund 10.000 Menschen gilt sie bereits. 2024 soll zusätzlich ein Testlauf starten.

Auch Namibia wird noch 2024 eine 4-Tage-Woche mit Arbeitszeitverkürzung testen.

Gibt es in Österreich eine 4-Tage-Woche?

In Österreich gibt es keine flächendeckende 4-Tage-Woche.

Betriebe können vereinbaren, dass die Normalarbeitszeit in 4 Tagen geleistet werden kann, wenn Kollektivverträge keine speziellen Bestimmungen enthalten. Die wöchentliche Arbeitszeit bleibt dabei gleich.

Gibt es in Österreich Unternehmen, die eine 4-Tage-Woche mit Arbeitszeitverkürzung haben?

Es gibt bereits einige Betriebe in Österreich, die eine 4-Tage-Woche eingeführt haben und in denen kürzer gearbeitet wird. Und sie werden mehr – denn die Erfahrungen mit der 4-Tage-Woche sind durchwegs positiv. Wir haben einige von ihnen besucht:

32 Stunden arbeiten die Mitarbeiter:innen der Beratungsfirma “Büro für Interaktion” bereits seit der Gründung. Im Gespräch erklärt Gründer Thomas Mayer, dass es ihm auch um grundsätzliche Fragen der Verteilungsgerechtigkeit geht: “Ich habe die Firma nicht gegründet, um reich zu werden und meine Gewinne zu maximieren. Ich will meinen MitarbeiterInnen lieber mehr Zeit geben. Viel arbeiten ist nicht geil.” 

Es sind nicht nur junge Unternehmen in der Stadt, die sich den “Luxus” einer 4-Tage-Woche gönnen wollen. Es funktioniert auch bei anderen, etwa dem Elektrobetrieb Kagerer in Pasching. Dort wurde im März 2022 die 4-Tage-Woche eingeführt, die Arbeitszeit wurde auf 36 Stunden verringert. Seitdem sind die Mitarbeiter:innen motivierter und ausgeruhter. Dasselbe hat sich auch in unmittelbarer Nachbarschaft beim Unternehmen Tractive gezeigt. Und beim Parkhotel Brunnauer in Salzburg.

Eine Übersicht über Unternehmen, die eine 4-Tage-Woche mit Arbeitszeitverkürzung in Österreich eingeführt haben, findest du hier. Oder klick dich durch die Karte:

 

Gibt es Länder mit einer 4-Tage-Woche?

Eine 4-Tage-Woche mit Arbeitszeitverkürzung hat weltweit noch kein Land eingeführt.

In Belgien haben Arbeitnehmer:innen mittlerweile das Recht, zwischen vier oder fünf Tagen pro Woche zu wählen. Die Arbeitszeit wurde dort aber nicht verringert. Das hat aber dazu geführt, dass das Modell nicht sehr beliebt ist und kaum genutzt wird.

In Island haben zwischen 2015 und 2021 zwei der größten Experimente zur Arbeitszeitverkürzung stattgefunden. Insgesamt fast 3.000 Menschen – mehr als 1 Prozent der arbeitenden Bevölkerung – aus unterschiedlichen Branchen, auch aus der Pflege, haben daran teilgenommen. Die Wochenarbeitszeit wurde bei gleicher Bezahlung von 40 auf bis zu 35 Stunden verringert. Mit nachhaltigem Erfolg: die erbrachte Leistung blieb gleich oder verbesserte sich sogar, Umstrukturierungen verliefen ohne Probleme. Der Erfolg führte dazu, dass die Gewerkschaft für fast 90 Prozent der arbeitenden Bevölkerung eine Arbeitszeitverkürzung verhandeln konnte. Die 4-Tage-Woche mit Arbeitszeitverkürzung ist für einige Menschen so Realität geworden.

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  • Michael Witter
    01.03.2024
    Ich habe schon die 4 Tage Woche Montag ist mein Naturschontag für Mich und der Natur wo ich im Wald spazieren gehe für meine Gesundheit noch besser geht es nicht.
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