print print
favorites-circle favorites-circle
favorites-circle-full favorites-circle-full
Kapitalismus
Ungleichheit

Banken streifen 1,6 Milliarden Euro Gewinn aus hohen Zinsen ein – Kund:innen sehen nur Krümel

Banken streifen 1,6 Milliarden Euro Gewinn aus hohen Zinsen ein – Kund:innen sehen nur Krümel
Straßenbahn vor Raiffeisen-Filiale. Österreichs Banken reichen ihre hohe Gewinne aus Zinsen nicht an Kund:innen weiter. Foto: Mikhail Mamaev/Unsplash
Österreichs Banken bekommen jetzt hohe Zinsen von der EZB für ihre Guthaben. Doch ihre Kund:innen schauen durch die Finger. Denn Raiffeisen und Co. geben die gestiegenen Zinsen nicht an sie weiter. So haben die Banken bereits 1,6 Milliarden Euro zusätzliche Gewinne eingefahren, ohne Risiko und eigener Leistung. Ein Mindestzinssatz für Spareinlagen und eine Steuer auf die Übergewinne der Banken könnten helfen.

Die Zinsen steigen und steigen. Das sollte doch eine gute Nachricht für alle sein, die etwas Geld am Konto haben? Plötzlich bekommen sie nicht mehr nur lächerliche Centbeträge auf ihre Bankguthaben. So wie in den Jahren der niedrigen und sogar negativen Zinsen. Denkste! Von den hohen Zinsen haben Kontoinhaber:innen kaum etwas – dafür die österreichischen Banken.

Sie streichen die gestiegenen Zinsen selbst ein, die sie auf das angelegte Geld ihrer Kund:innen bekommen. Raiffeisen und Co. geben die Gewinne aus ihren Zinsgeschäften nicht weiter an Sparer:innen. Sie erhalten nur Krümel davon.

Übergewinne für Banken dank hoher Zinsen

Stattdessen fahren die Banken riesige Übergewinne ein: Innerhalb von elf Monaten machten sie damit ein zusätzliches Plus von 1,6 Milliarden Euro – risikofrei und leistungslos. Und das ging so: Seitdem im Euroraum die Teuerung massiv zugeschlagen hat, hob die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Einlagenzins schon neun Mal an: von praktisch null auf inzwischen 3,75 Prozent.

Banken geben hohe Zinssätze der EZB nicht an Kund:innen weiter

Banken geben die hohen Zinssätze der EZB nicht an ihre Kund:innen weiter

Österreichische Banken parken seit September vergangenen Jahres rund 115 Milliarden Euro bei der EZB. Das spült ordentlich Geld in ihre Kassen: 1,85 Milliarden Euro an Zinsen erhielten sie zwischen August 2022 und Juni 2023. Im Juli und August brachten die hohen Zinsen laut Schätzung ihnen noch einmal mehr als 100 Millionen Euro.

Banken geben Kund:innen kaum höhere Zinsen

Ihren Kund:innen zahlten sie im gleichen Zeitraum nur 358 Millionen Euro an Zinsen aus. Denn die Gutschriften für täglich fällige Einlagen, also Geld am Girokonto oder Sparguthaben, haben die Banken von 0,06 Prozent auf lediglich 0,55 Prozent mit Ende Juni erhöht. Heißt: Die Banken verwehren ihrer eigenen Kundschaft, Guthaben bei Ihnen anzulegen und dafür einen angemessenen Zinssatz zu bekommen. Also das zu tun, was sie selbst bei der EZB machen und damit viel Geld einstreifen.

Es gibt keine Hinweise darauf, dass Österreichs Banken damit aufhören, ihre Kund:innen so zu benachteiligen. Aus ihrer Sicht gefragt: warum auch?

Doch es könnte jemand eingreifen: Österreichs Bundesregierung kann verhindern, dass Banken Übergewinne aus den gestiegenen Zinsen herausschlagen. Sie kann die Zinspolitik der EZB nicht beeinflussen. Aber sie kann Banken anweisen, ihren Kund:innen einen Teil ihrer enormen Zinsgewinne weiterzugeben. Das Momentum Institut schlägt vor, für Spareinlagen unter 40.000 Euro einen Mindestzins von drei Prozent auszuzahlen. Und es brauche eine Übergewinnsteuer für Banken.

Klage gegen Nullzins-Klausel von Banken

Der grüne Sozialminister Johannes Rauch beauftragt jetzt den Verein für Konsumenteninformation (VKI) mit einer Verbandsklage. Dabei geht es um eine Klausel bei Girokonten der Bank Austria, die einen Zinssatz von 0,0 Prozent pro Jahr festschreibt. Und zwar unbefristet und völlig egal, wie hohe Zinsen die Banken selbst für Einlagen bei der EZB erhalten. Rauch nannte das “unzulässige Geschäftspraktiken”.

Übrigens: Gestiegene Zinsen reichen die Banken bei Guthaben ihrer Kund:innen zwar nicht weiter. Wer einen Wohnkredit aufnehmen muss, spürt die hohen Zinsen aber durchaus und nicht zu knapp. Die Arbeiterkammer analysierte bei neun Wiener Banken, wie viel diese an Zinsen für neue Kredite aufrufen: Bei variablen Krediten sind es zwischen 4,125 und 5,005 Prozent. Wer einen Fixzins auf einen 20 Jahre laufenden Kredit vereinbart, muss zwischen 3,65 und 4,255 Prozent Zinsen berappen. Die hohen Leitzinsen der EZB an Kund:innen weiterreichen? Bei Krediten geht das ganz schnell.

Unter den hohen Zinsen, die die Banken einstreifen, aber nicht an Kund:innen weitergeben, leiden nicht nur diese. Auch Österreichs Staatshaushalt verliert – also am Ende wir alle. Jeder von der EZB an die Banken ausgezahlte Euro kostet Österreich beinahe genauso viel. Denn die OeNB zahlt diese aus – und kann dadurch in Zukunft weniger Geld an ihre Besitzerin ausschütten. Und das ist die Republik Österreich.

Die Allgemeinheit zahlt dann also doppelt drauf, während die Banken sich freuen. Dem sollte die Regierung einen wirksamen Riegel entgegensetzen – und zwar jetzt und nicht vielleicht später. Die Möglichkeit dazu hat sie. Aber auch den Willen?

    Kommentare 0 Kommentare
    Kommentar hinzufügen
    Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Beitrag!