print print
favorites-circle favorites-circle
favorites-circle-full favorites-circle-full
Kapitalismus
Ungleichheit

Biopiraterie: Was ist das?

Biopiraterie: Was ist das?
Nach zwanzig Jahren Diskussionen um Biopiraterie beschließen die Vereinten Nationen einen neuen Vertrag dagegen. Aber was ist Biopiraterie? Und wozu brauchen wir Regeln dagegen?

Was ist Biopiraterie?

Es gibt Konzerne, die auf Wissen und Heilpflanzen indigener Völker zurückgreifen. Die Profite aus ihren Produkten müssten sie mit den Indigen teilen. Wenn sie es nicht tun oder auf die Mittel sogar selbst ein Patent anmelden, sind das Formen von Biopiraterie. 

Die Praxis von gestohlenen Gütern hat eine lange koloniale Vorgeschichte. Länder wie Spanien, Großbritannien und Portugal beuteten ihre besetzten Gebiete aus und betrieben (und betreiben) Handel mit Gütern wie Kaffee, Kautschuk oder Tee. 

Länder des globalen Südens fordern seit Jahren zumindest eine Beteiligung an den Gewinnen. Denn obwohl Firmen lokale Ressourcen nutzen, liegt die Verantwortung für den Schutz der Natur bei den Ursprungsländern. Und das kostet Geld. 

Wo findet man heute Biopiraterie?

Ein Beispiel für Biopiraterie ist der Boom um das Süßungsmittel Stevia. Das Produkt wird aus einer Pflanze gewonnen, die in Paraguay und Brasilien wächst. Indigene Völker verwenden Stevia schon seit Jahrhunderten. Obwohl in westlichen Ländern seit ein paar Jahren alle ihren Kuchen damit süßen, bekommen Indigene in Südamerika vom Gewinn kein Stück ab.

Auch geistiges Eigentum wird heute oft gestohlen. Große Unternehmen und Forschungsgruppen aus Biotechnologie, Landwirtschaft, Chemie und Pharmazie beuten so das Wissen von Indigenen aus, ohne ihnen ein Patent einzuräumen. Ein Vorgang, den sie umgekehrt für ihre Produkte nie akzeptieren würden. Es gibt allgemein gute Argumente gegen Patente, jedenfalls sollten die Regeln aber für alle gleichermaßen gelten. Die Schweizer Organisation Public Eye spricht in dem Zusammenhang auch von gestohlenem Wissen oder gestohlenem Gut.

Wie weit verbreitet ist Biopiraterie?

Genaue Zahlen dazu gibt es nicht. Je nachdem welche Branche man betrachtet, gilt jedoch: Es rentiert sich für jede Sparte.

Wie viel Geld in diesen Fragen steckt, zeigt ein einzelner Rechtsstreit: Jahrzehntelang gab es einen Kampf um ein Patent auf einen Stoff des indischen Neen-Baumes. 2008 erhielt dies der multinationale US-Konzern W.R.Grace, um daraus ein Fungizid zu erzeugen. Es brachte 60 Millionen Dollar im Jahr ein. Schlussendlich gewann den Rechtsstreit aber die indische Regierung. Denn der Neen-Baum hat eine lange Tradition in der indischen Landwirtschaft.

Gibt es bereits Regelungen für Patente?

2014 wurde auf der internationalen UN-Biodiversitätskonferenz im japanischen Nagoya ein Protokoll verabschiedet, das kurz Nagoya-Protokoll genannt wird. Der rechtlich bindende Vertrag sieht faire Gewinnverteilung vor und wurde von 138 Ländern unterzeichnet. Akteure wie Russland, USA und Kanada sind allerdings nicht dabei.

Ein Update zum Nagoya-Protokoll wurde auf der UN-Biodiversitätskonferenz in Montreal 2023 verabschiedet. Bei einem Punkt hat man die Verhandlungen aber verschoben: bei den Regelungen zur Nutzung genetischer Informationen aus Pflanzen und Tieren. Vor allem viele Staaten aus Afrika wollen solchen Regelungen nur zustimmen, wenn die Gewinne aus der Forschung gerecht aufgeteilt werden.

Was passiert gerade in Genf?

Ausgerichtet von der UN-Organisation für den Schutz von geistigem Eigentum (World Intellectual Property Organization, WIPO) haben am 13. Mai die Verhandlungsrunden zu einem neuen Anti-Biopiraterie-Vertrag in Genf begonnen. Der Vertrag soll spätestens am 24. Mai verabschiedet werden.

Ziel ist es vor allem, die Streitpunkte rund um die Nutzung von genetischem Erbgut zu regeln. Firmen sollen künftig ein Patent anmelden, in dem steht, woher das Material für ihr Produkt stammt. So könnten nötige Genehmigungen nachvollziehbarer werden.

Was sind weitere Probleme?

Möglicherweise würde eine solche Patentpflicht dazu führen, dass westliche Unternehmen versuchen, die Stoffe künftig synthetisch herzustellen, anstatt sie zu importieren. 

Dafür gibt es zurzeit noch keine Regelungen. Der Geoökologe Axel Pausch schlägt gegenüber der Deutschen Presseagentur eine Lösung vor: Länder, die die Erbinformation verwenden, könnten in einen Topf einzahlen, der für Länder, aus dem die Ursprungsinformation stammt, angelegt wird. 

 

    Neuen Kommentar hinzufügen

    Kommentare 0 Kommentare
    Kommentar hinzufügen

    Neuen Kommentar hinzufügen

    Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Beitrag!