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Demokratie
Kapitalismus

“COFAG”: Wer entscheidet über die Staats-Milliarden für Unternehmen?

Insgesamt 15 Milliarden Euro für Corona-Unternehmenshilfen verwaltet die neu gegründete COFAG. Ein riesiger Haufen Geld. Doch wer entscheidet über diese Summen? Und warum dürfen Konzerne trotz Anträgen weiter Dividenden auszahlen?

Es sind enorme Summen, die die neu gegründete „Covid-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH“ (COFAG) verwaltet. ÖVP und Grüne haben die COFAG Anfang April mit 15 Milliarden Euro für Kreditgarantien für Unternehmen ausgestattet. Diese können einen Kredit bei ihrer Hausbank beantragen, der dann durch die COFAG garantiert wird. Dazu kommt ab 20. Mai auch noch ein neuer Corona-Hilfsfonds – aus diesem Fonds soll kurzfristig Geld an Unternehmen ausgeschüttet werden, die Umsatzrückgänge haben.

 Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) kündigte an, „dass einige Milliarden Euro ausgezahlt werden“.  Es seien „echte Subventionen im besten Sinne des Wortes“ für Unternehmen, ergänzte Vizekanzler Werner Kogler von den Grünen. Irgendwelche Vorgaben, beispielsweise in Hinblick auf das Vermögen der AntragstellerInnen, wurden von Blümel und Kogler nicht genannt.

 Um welche Summen geht es und wer profitiert?

 Grundsätzlich können alle Betriebe Anträge stellen. Die Anträge laufen für Großunternehmen, kleinere Unternehmen und Tourismusbetriebe jeweils über unterschiedliche Stellen, doch alle laufen bei der COFAG zusammen. Zumindest irritierend wirkt es daher, dass auf der Startseite der COFAG-Homepage ausschließlich die Anträge für Großunternehmen erwähnt werden – und das dafür gleich dreimal.

 
Die COFAG betont online ihre Rolle für Großunternehmen. Screenshot der COFAG Website.

Laut einem Sprecher der COFAG seien mit Stand 30. April bereits Anträge über 1,4 Milliarden eingegangen. Bei 13 Anträgen ginge es um Summen über 25 Millionen Euro. Die Obergrenze liegt zwar offiziell bei 120 Millionen Euro. Doch die Debatte um die Staatshilfen für den privaten Luftfahrtkonzern AUA/Lufthansa zeigt: Es ist es durchaus möglich, dass auch dieses Limit fällt.

Konzerne dürfen weiter Dividenden ausschütten und Boni auszahlen

Anträge von Großunternehmen werden über die Österreichische Kontrollbank (OeKB) eingebracht. Und die hat Ende April ein durchaus aufschlussreiches Informationsschreiben über „häufig gestellte Fragen der Banken“ veröffentlicht. Es geht dabei um die Hausbanken der jeweiligen Unternehmen.

Unternehmen dürfen gemäß diesem Schreiben trotz Anträgen an die COFAG Boni an Vorstände und GeschäftsführerInnen ausschütten – in einer Höhe von bis zur Hälfte des vorigen Geschäftsjahrs. Nur für die Periode vom 16. März 2020 bis zum 16. März 2021 gibt es ein Verbot für Dividenden und die Auszahlung von Gewinnen. Doch die Kreditgarantien der Republik können über bis zu fünf Jahre laufen – und nach dem ersten Jahr sind Auszahlungen wieder erlaubt. Erwartet wird danach ausschließlich eine „maßvolle Dividenden-und Gewinnausschüttungspolitik“ – was „maßvoll“ ist, wird nicht definiert.

Eine Bank hat dabei sogar eine Anfrage zu einem enormen Schlupfloch gestellt. Die Antwort der OeKB zeigt: In Österreich tätige Tochterunternehmen von internationalen Konzernen können nun Kredithaftungen der Republik erhalten – während ihre Mutter-Konzerne weiter munter Dividenden an AktionärInnen ausschütten.

Wer entscheidet in der COFAG?

Die beiden Geschäftsführer der COFAG, Bernhard Perner und Marc Schimpel, sind politische Besetzungen. Perner war lange Jahre im Kabinett von ÖVP-Finanzministern für Banken zuständig, Schimpel ist ehemaliger Banker und früherer Büroleiter im grünen Parlamentsklub.

Anträge bis zu 10 Millionen Euro entscheidet das Team der COFAG, bis zu 25 Millionen Euro werden die Anträge einem „Bewilligungsausschuss“ vorgelegt. Ab 25 Millionen werden dann der Aufsichtsrat sowie ein Beirat mit dem Antrag befasst.

Reine ExpertInnen?

Im Aufsichtsrat sitzen keine offensichtlichen VertreterInnen der politischen Parteien, er sei ein „reines Expertengremium“, wie ein Sprecher der COFAG mir gegenüber angibt. Doch: Die Bestellung „erfolgte durch den Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler“, so der COFAG-Sprecher. Es sind also durchaus politische Bestellungen.

Über Michael Mendel etwa, den Vorsitzenden des COFAG-Aufsichtsrats, schrieben die Salzburger Nachrichten 2014 er sei für Ex-ÖVP-Finanzminister Hans Jörg Schelling ein „Manager seines Vertrauens“. Schließlich gibt es auch noch einen Beirat. In diesem sitzen VertreterInnen von ÖVP, Grünen, Industriellenvereinigung, ÖGB, Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer und Landwirtschaftskammer. SPÖ, FPÖ und Neos haben die Teilnahme abgelehnt.

Schwaches Kontrollgremium

Und die Konstruktion ist tatsächlich problematisch: Das Gremium muss zwar mit allen Anträgen befasst werden, die größer als 25 Millionen sind. Doch der Beirat hat nicht die Möglichkeit, solche Anträge abzulehnen. Die grüne Nationalratsabgeordnete Nina Tomaselli, eines der Mitglieder des Beirats, verteidigt die Konstruktion im Nationalrat.

Sie sagt, der Beirat könne parlamentarische Kontrolle zwar nicht ersetzen, würde den Fraktionen aber die Möglichkeit bieten, sich umfassend über gewährte Hilfen zu informieren. Doch es gibt einen entscheidenden Punkt, den Tomaselli damit unter den Tisch fallen lässt: Die Mitglieder des Beirats sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Eine Kontrolle ist so also nicht zu machen.

Wie sieht es mit der Kontrolle der COFAG aus?

Auf den ersten Blick wirkt die Konstruktion dieser neuen Finanzierungsagentur etwas seltsam – auf den zweiten auch. Statt die Kontrolle über solche Summen direkt in einer Behörde anzusiedeln, wurde für die COFAG die Form einer GmbH gewählt, also einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Die COFAG kann laut ihrem Sprecher vom Rechnungshof geprüft werden. Es können via Finanzministerium auch parlamentarische Anfragen gestellt werden. Dennoch sind die unmittelbaren Kontrollmöglichkeiten über die gewählte Konstruktion wesentlich eingeschränkt – zur Erinnerung: Für die Beiratsmitglieder gilt Verschwiegenheitspflicht. Es gibt auch kein Weisungsrecht des Finanzministeriums, wie der COFAG-Sprecher angibt.

Gegründet von einer privaten Wirtschaftskanzlei

Schließlich hat auch die Gründung der COFAG eine interessante Geschichte. Die wurde einer privaten Anwaltskanzlei übertragen, der großen Wirtschaftskanzlei Schönherr. Die hat dafür eine bereits bestehende GmbH verwendet und umbenannt, die SASR Alpha Einundsiebzigste Beteiligungsverwaltung. Diese Firma war am 19. Februar gegründet worden und wurde dann am 31. März an den Bund verkauft und in COFAG umbenannt. Wieviel Schönherr als Honorar und für den Verkauf kassiert hat, ist nicht bekannt. 

Die türkis-grüne Bundesregierung stellt aktuell enorme Summen für Kreditgarantien und Hilfszahlungen an Unternehmen zur Verfügung. Eine Mindestanforderung wäre, dass diese Summen einer laufenden Kontrolle unterliegen – und dass Geld nur dann fließt, wenn es mit vergangenen und künftigen Gewinnen gegengerechnet wird.

Denn sonst bezahlt die Bevölkerung für die Gewinne der UnternehmerInnen und die Dividenden der AktionärInnen. Und so kann das nicht laufen. 

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