Das Arbeitslosengeld in Österreich ist zu niedrig: Arbeitslose sind häufig von Armut betroffen
Wie hoch ist das Arbeitslosengeld in Österreich?
Arbeitslose erhalten in Österreich 55 Prozent ihres letzten Nettoeinkommens. Werden Familienleistungen wie die Familienbeihilfe berücksichtigt, erhöht sich das Arbeitslosengeld im Schnitt auf 60 Prozent. Maximal gibt es 1.843 Euro im Monat. Diese maximale Höhe bekommen allerdings nur die allerwenigsten arbeitslosen Menschen.
Arbeitslose in Österreich sind häufig von Armut betroffen
Die Nettoersatzrate von 55 Prozent ist im internationalen Vergleich niedrig und führt bei den Betroffenen zu hohen abrupten Einkommenseinbußen. Das trifft vor allem jene Menschen hart, die schon vorher ein niedriges Einkommen hatten. Denn 6 von 10 Befragten verdienten vor der Arbeitslosigkeit weniger als 1.400 Euro netto im Monat.
In der Arbeitslosigkeit haben sogar 97 Prozent weniger als 1.400 Euro.
Was bedeutet Armutsgefährdung?
Aber schon nur knapp unter dieser Schwelle beginnt die Armutsgefährdung. Die beginnt in Österreich bei unter 1.328 Euro für Ein-Personen-Haushalte.
Wer armutsgefährdet ist, kann sich mindestens vier dieser Dinge nicht leisten:
Davon ist aktuell fast die Hälfte der Arbeitslosen betroffen. Das sind 135.000 Menschen.
Das Arbeitslosengeld in Österreich reicht nicht
Drei von vier Arbeitslosen können sich keinen einwöchigen Urlaub an einem anderen Ort leisten und können auch eine unerwartete Ausgabe von 1.290 Euro nicht stemmen. Jede:r Zweite kann Bekannte oder Familienmitglieder nicht zu sich nach Hause zum Essen einladen. Vier von zehn Arbeitslosen können sich bei Bedarf keine neue Kleidung kaufen. 27 Prozent können es sich nicht leisten, mehrmals die Woche Fleisch, Fisch oder eine entsprechende vegetarische Speise zu essen. 21 Prozent können nicht die ganze Wohnung oder das Haus angemessen warmhalten und 18 Prozent glauben nicht, dass sie die nächsten sechs Monate die Miete bezahlen können.
Ungleiches Arbeitslosengeld
Die Armutsgefährdung in der Arbeitslosigkeit hängt mit der vorherigen Beschäftigung zusammen. Niedriger Lohn führt zu wenig Arbeitslosengeld. Dabei stechen zwei Beschäftigungsgruppen besonders heraus: Produktions- und Dienstleistungsarbeiter:innen. Monteur:innen, Handwerker:innen, Kinderbetreuer:innen, Pflegebeschäftigte und Supermarktangestellte sind oft schon armutsgefährdet, obwohl sie noch einen Job haben.
Sie können sich also trotz Arbeit keinen einwöchigen Urlaub leisten, keine neue Kleidung kaufen oder eine größere Anschaffung stemmen. In der Arbeitslosigkeit ist es dann gar nicht mehr möglich, die nötigsten Ausgaben zu decken.
Auch andere bestehende Ungleichheiten spiegeln sich in der Höhe des Arbeitslosengeldes wider. So bekommen mehr als die Hälfte der Frauen ohne Kinder maximal 800 Euro im Monat, bei Männern ohne Kind sind es nur 30 Prozent. Bei Müttern und Vätern ist der Unterschied noch größer. Mehr als jede zweite Mutter hat maximal 800 Euro im Monat, bei den Vätern nur einer von zehn.
Das Arbeitslosengeld in Österreich sichert keine Existenz
Das niedrige Arbeitslosengeld in Österreich erfüllt damit oft seine Funktion der Existenzsicherung nicht. Mehr als die Hälfte aller Arbeitslosen greifen auf Ersparnisse zurück. Gibt es keine Ersparnisse (mehr), finden Arbeitslose andere Strategien: Sie verkaufen Wertgegenstände, borgen sich im Freundeskreis oder der Familie Geld aus, überziehen ihr Konto oder schieben das Bezahlen von Rechnungen vor sich her.
Das Momentum Institut empfiehlt deshalb, das Arbeitslosengeld auf mindestens 70 Prozent Nettoersatzrate anzuheben. Das würde bei der Existenzsicherung helfen.