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Demokratie
Ungleichheit

Drei Argumente gegen: “Wir können ja nicht alle aufnehmen.“

Kinder spielen in einem Flüchtlingscamp
Niemand will die "ganze Welt" in das eigene Land holen.
Wenn es um die Forderung geht, Flüchtlinge bei uns aufzunehmen, hören wir immer wieder die gleichen Aussagen: “Wollt ihr etwa die ganze Welt zu uns holen?” oder "Wir können nicht alle aufnehmen".

Auch in der aktuellen Diskussion um die Lage in Afghanistan wird damit Stimmung gemacht. Bei einer Pressekonferenz stellte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) einer Journalistin etwa die Frage: “Würden sie jetzt sagen, dass alle Frauen aus dieser Region nach Europa kommen sollen?”

Diese Fragen haben vor allem den Sinn, die Diskussion auf die eigene Seite zu ziehen. Wir geben dir drei Argumente, wie du sie entkräften kannst:

#1 Diese Forderung gibt es so nicht

Wenn jemand sagt: “Wir können ja nicht die ganze Welt aufnehmen”, bastelt die Person ein Strohmann-Argument. Dabei wird dem Gegenüber ein Argument unterstellt, das er eigentlich gar nicht vertritt. Dadurch kann man viel besser gegen eine Position ankämpfen, denn die Argumente sind dann sehr einfach zu entkräften und wirken lächerlich.

Die Wahrheit ist aber: Niemand fordert, dass “die ganze Welt” in einem Land Zuflucht finden soll. Natürlich ist das absurd. Aber dein Gegenüber kann damit die Diskussion auf seine Seite ziehen und sie abwürgen. “Wir können nicht alle aufnehmen” ist der erste Schritt hin zu “Wir nehmen niemanden auf”. Sollte das also jemand zu dir sagen, kannst du erwidern, dass das am Argument vorbeigeht. Und es entspricht nicht der Realität.

#2 Die Realität sieht anders aus

Über 82 Millionen Menschen sind aktuell weltweit aus ihrer Heimat vertrieben worden, mehr als 26 Millionen haben einen offiziellen Flüchtlingsstatus. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren es noch nie so viele. Doch wo fliehen diese Menschen eigentlich hin?

Tatsächlich kommen nur wenige davon nach Europa. 86% aller Flüchtlinge werden aktuell von Entwicklungsländern aufgenommen. Und drei Viertel der Menschen bleiben in einem der Nachbarländer des Landes, aus dem sie geflohen sind. Sie hoffen darauf, bald in ihre Heimat zurückzukehren oder haben einfach keine andere Möglichkeit. Für Menschen aus Afghanistan heißt das, dass sie in Ländern unterkommen müssen, in denen sie wenig Chancen auf ein besseres Leben haben:

 
Nehammer will afghanische Flüchtlinge auf Nachbarländer verteilen. So steht es dort um Menschenrechte

Der überwiegende Anteil der geflohenen Menschen aus Afghanistan befindet sich aktuell in Pakistan oder dem Iran. Nach Europa und nach Österreich kommt nur ein sehr kleiner Teil.

#3 Wir haben Platz und tragen Verantwortung

In der EU befinden sich knapp über drei Millionen Menschen, die als Flüchtlinge oder Aslysuchende gelten. Die Einwohnerzahl der EU beträgt etwa 447 Millionen Menschen. Die Zahl der geflohenen Menschen in der EU macht also nicht einmal 0,7% der Gesamtbevölkerung aus. Es kann nicht annähernd davon die Rede sein, dass wir von diesen Menschen “überrannt” werden, wie oft behauptet wird.

Außerdem sind gerade westliche Länder für viele der Fluchtursachen mitverantwortlich, sei es durch die Folgen der Kolonialisierung, Militärinterventionen, der wirtschaftlichen Ausbeutung oder auch dem Klimawandel. Und fliehenden Menschen Schutz zu gewähren ist nicht zuletzt ein Grundrecht, dass wir insbesondere in Europa aus den Erfahrungen von zwei Weltkriegen geschaffen haben.

 

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