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Ungleichheit

Eine eingebürgerte Erstwählerin erzählt: “Als es dann ernst wurde, war das emotional”

Larisa, 30, hat vor einem halben Jahr die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen bekommen. Der Weg dorthin war aber nicht einfach, erzählt sie für unsere Serie "Was ich wirklich denke".

 

Ich wohne seit 2009 in Wien. Mein ursprünglicher Plan war, hier zu studieren und dann zurück nach Rumänien zu gehen. Aber dann ist es doch anders gekommen. Ich habe Menschen gefunden, die mir sehr wichtig geworden sind – und einen Job. Mit den Jahren war ich mehr und mehr frustriert darüber, dass ich nicht wählen darf. Nicht einmal ein Volksbegehren konnte ich unterschreiben, dabei zählt dort jede Stimme. Außerdem habe ich gespürt, dass ich ohne Staatsbürgerschaft nicht wirklich dazugehören werde. Also habe ich mich im Frühling 2018 dazu entschlossen, die österreichische Staatsbürgerschaft zu beantragen.

Beim Magistrat habe ich ein paar allgemeine Fragen beantwortet. Ich war angestellt, unverheiratet, ohne Kinder. Das sind bestimmt die leichtesten Voraussetzungen. Mir wurde eine Liste an nötigen Dokumenten mitgegeben, die ich übersetzen und teils beglaubigen lassen musste. Als ich alles beisammen hatte, kam der Test: 18 Fragen zu Österreichs Geschichte, demokratischen Werten und speziell zum Bundesland, in meinem Fall Wien. Ich war an dem Tag ziemlich aufgeregt. Dann war ich tatsächlich schon innerhalb von fünf Minuten fertig. Ich war fast ein bisschen enttäuscht, dass er so leicht war. Nach ein paar Wochen war das Testergebnis da und ich hatte wieder einen Termin beim Magistrat. Während aus einem CD-Player die Nationalhymne lief, habe ich dann noch vor der Beamtin einen Schwur aufgesagt.

„Ich kenne Wien besser als Rumänien“

Anderthalb Jahre hat es gedauert, bis ich die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen habe. Je nachdem, wie gut man in Bürokratie ist, kann es auch viel länger dauern. Ich hatte das Glück, dass ich auf deine deutsche Schule in Rumänien gegangen bin. Ich konnte die Sprache also von Anfang an, bin gebildet und weiß, wie ich mit Behörden umgehe. Ich habe es vergleichsweise sicher einfach gehabt. Anstrengend war es trotzdem. Die Behörden und das Übersetzungsbüro haben nur vormittags geöffnet, ich musste mir also oft frei nehmen, wenn ich einen Termin hatte. Ich arbeite in der IT-Branche, das bin ich zum Glück flexibel.

Doppelstaatsbürgerschaften sind in den meisten Fällen nicht erlaubt. Ich hatte also ab der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft ein Jahr Zeit, um meine alte zurückzulegen. Insgesamt hat mich der Wechsel rund 2.000 Euro gekostet. 600 davon gingen an Rumänien, damit ich meine Staatsbürgerschaft dort zurücklegen konnte. Das wurde mir im Sommer bestätigt. Jetzt muss ich nur noch den Bescheid übersetzen und dem Magistrat zukommen lassen.

Als es dann ernst wurde und ich die rumänische Staatsbürgerschaft zurückgelegt habe, war das emotional. Für meine Mutter war es schwierig und auch für mich ist es nicht so einfach zu sagen, wo meine Heimat ist. Ich kenne Wien mittlerweile sicher besser als Rumänien, aber so ganz akzeptiert und zu Hause fühle ich mich auch hier nicht. Trotzdem: Ich habe mich so gefreut, als ich die Staatsbürgerschaft bekommen habe. Ich werde im Herbst zum ersten Mal bei der Wien-Wahl den Gemeinderat wählen.

 
 

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