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Demokratie

Enttäuschende Wahl: Zum Aufgeben ist es immer zu früh

Enttäuschende Wahl: Zum Aufgeben ist es immer zu früh
Die Großdemo gegen Rechtsextremismus in Berlin Foto: Stefan Müller / CC BY-NC 2.0
Die FPÖ ist auf Platz 1 bei den Nationalratswahlen gelandet. Viele Menschen sind enttäuscht und schockiert. Barbara Blaha erklärt, warum wir unsere Hoffnung nicht verlieren sollten.

Wem die Klimakrise nicht egal ist, wer sich für Menschenrechte einsetzt, wem die steigende Armut im Land Sorgen macht, der kann mit dem gestrigen Wahlausgang nicht glücklich sein. Viele Nachrichten haben mich heute erreicht. Wenn auch unterschiedlich formuliert, lesen sich die meisten ähnlich. All der Einsatz, das Engagement scheint wirkungslos. Es hilft nichts, meinen viele. Es ändert sich eben nichts zum Besseren, im Gegenteil. 

Zwischen Machtlosigkeit und Hoffnung

Ich kann das Gefühl der Machtlosigkeit, der Hilflosigkeit nur allzu gut verstehen. Die Enttäuschung, die heute an uns nagt, wiegt schwer. Und doch will, ja muss ich ihr etwas entgegenstellen. Nur drei Worte. Und trotzdem Hoffnung. Der Bürgerrechtler, Martin Luther King, hat es so formuliert:

“Wir müssen endliche Enttäuschungen hinnehmen, dürfen aber niemals die unendliche Hoffnung verlieren.”

Das ist an Tagen wie heute vielleicht die radikalste Handlung überhaupt. An der Hoffnung festzuhalten, wenn es so viel leichter wäre, sich der Verzweiflung zu ergeben. Aufzugeben und nach Hause zu gehen. Doch dafür ist es immer zu früh.

Mit radikalen Ideen in die breite Masse

Ein Beispiel dafür? So schwer wir uns das heute vorstellen können, damals – vor rund 70 Jahren – waren Marktliberale die absoluten Radikalinskis. Die Verfechter:innen eines starken Staates, eines ausgebauten Sozialstaats waren in der absoluten Überzahl. Nicht nur in Europa.

Von den 1930er bis zu den 1960er Jahren lag der Grenzsteuersatz für Superreiche in den USA zwischen 70 und fast 95 Prozent. Dieser hohe Steuersatz für die Allerreichsten und die relativ hohen Investitionen in öffentliche Dienstleistungen, Schulen, Straßen, Spitäler, waren die akzeptierte, ja die erwartete Norm. Demokratische wie republikanische Präsidenten rüttelten nicht daran. Das war den Leuten um Hayek ein Dorn im Auge. Also rebellierten sie. Sie taten das im vollen Bewusstsein darüber, dass sie selbst die Durchsetzung ihrer Idee wahrscheinlich nicht mehr erleben würden. “Die Zeit, die neue Ideen brauchen, um sich durchzusetzen, beträgt gewöhnlich eine Generation oder sogar mehr“, beschreibt es Hayek. Und er schließt – wie ich finde bemerkenswert  und für uns heute bedenkenswert an: „Das ist ein Grund, warum (…) unser gegenwärtiges Denken zu machtlos scheint, um die Ereignisse zu beeinflussen.“

Das hat sie aber nicht entmutigt. Das hat sie bestärkt. Sie haben weitergemacht, bis ihre einmal radikalen Ideen im Mainstream angekommen waren. 

Ob uns das jemals gelingen wird? Sich der Einsatz für eine gerechtere Welt einmal bezahlt wird? zur selbstverständlichen Norm wird? Noch in diesem Leben? Vielleicht nicht. Aber darauf kommt es gar nicht an. Ich setze mich mit allem, was ich habe, für eine gerechtere Welt ein, nicht weil ich eines Tages auf der Gewinnerseite stehen will – sondern weil es das richtige ist.

Hoffnung als Orientierung des Herzens

Vaclav Havel hat dazu einmal geschrieben: “Hoffnung ist keine Voraussage. Sie ist eine Orientierung des Geistes, eine Orientierung des Herzens.“ Hoffnung in diesem tiefen und kraftvollen Sinn ist nicht dasselbe wie die Freude darüber, dass die Dinge gut laufen, oder die Bereitschaft, in Dinge zu investieren, die offensichtlich auf einen baldigen Erfolg zusteuern, sondern vielmehr die Fähigkeit, sich für etwas einzusetzen, weil es gut ist, und nicht, weil es Aussicht auf Erfolg hat.  

Der Einsatz dafür macht sich aber auf jeden Fall bezahlt. Jeden einzelnen Tag. Nur wenn wir zu hoffen aufhören, kommt, was wir befürchten, bestimmt, hat der Philosoph Ernst Bloch so treffend gesagt. 

Bewahren wir uns die Freude an unserem Engagement, an unserem Einsatz. Heute und an jedem anderen Tag. Wenn man sich einer Politik gegenübersieht, die darauf abzielt, einen ängstlich, orientierungslos und isoliert zurückzulassen, ist Freude allein schon ein Akt des Aufbegehrens. 

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    Kommentare 2 Kommentare
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  • frizzdog
    03.10.2024
    da redet ein (politikberater) Lepuschitz mit 30er-jahre-frisur von der "allzweckwaffe" Hofer *) und einem überangebot von erfahrenen fachleuten in der FPÖ, es wird bei ihm aus der "senilen mumie in der hofburg" nun plötzlich ein "herr bundespräsidernt", der seine persönlichen präferenzen zurückstellen muss. ist eine terminisierung der philosophie "hoffnung stirbt zuletzt" tatsächlich wieder einmal aufgeschoben?
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  • frizzdog
    01.10.2024
    "demokratie" ist auch so eine hoffnung...
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