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Arbeitswelt

Ohne externe Lehrende geht es an Fachhochschulen nicht – aber die Bedingungen für sie sind schlecht

Externe Lehre an Fachhochschulen ist wichtig, aber wird schlecht und prekär bezahlt
Externe Lehre an Fachhochschulen ist wichtig, aber wird schlecht und prekär bezahlt (Symbolbild) Foto: Vanessa Garcia / Pexels
In Österreich gibt es 21 Fachhochschulen. Die Ausbildungen reichen von Gesundheitsberufen über Sozialarbeit bis hin zu Wirtschaft und Militärwissenschaften. Dabei setzen sie stark auf viele nicht-angestellte, externe Lehrbeauftragte, die jungen Menschen etwas beibringen sollen – und bezahlen diese mehr schlecht als recht.

Über 70.000 Studierende belegten im Wintersemester 2022/23 laut Statistik Austria ein Studium an einer Fachhochschule. Ein höherer Bildungsabschluss geht in der Regel mit mehr Lohn einher. Um die Inhalte zu vermitteln, setzen die FHs einerseits auf fest Angestellte, andererseits zu großen Teilen aber auch auf sogenannte externe Lehrbeauftragte. Ohne sie würde es vielerorts nicht gehen, ein Drittel der Lehre stammt laut einer parlamentarischen Anfrage der Grünen aus dem Jahr 2017 fast überall von außen. 

Oft mehr. Die Verträge werden nur pro Semester ausgegeben, eine innerbetriebliche Vertretung gibt es nicht. Das Hauptproblem bei alldem ist aber: Die Entlohnung stieg zwischen 2007 und 2023 teilweise gar nicht. Die Inflation stieg um 50% höher. Für das Honorar einer Einheit konnte man sich 2007 deutlich mehr kaufen als heute.

Und: Mit der Einheit selbst ist es nicht getan. Wer eine zweistündige Vorlesung hält, braucht im Schnitt die doppelte bis dreifache Zeit, um sie vor- und nachzubereiten – Wegzeiten nicht einberechnet. Diese werden nur unter Umständen bezahlt. Aber: Ist man krank und kann eine vorbereitete Einheit nicht abhalten, gibt es exakt null Euro. Das ergibt einen nicht gerade guten Stundenlohn für die Ausbildung junger Menschen. 

Eine Lehrperson an mehreren FHs hat sich bei MOMENT.at gemeldet, um über diese Zustände zu sprechen. “Dadurch entsteht ein gewisses Prekariat. Nicht alle nebenberufliche Lehrenden sind klassische Experten:innen aus der Praxis. Viele sind auf diese Einkünfte aus Vortragstätigkeiten angewiesen”, lautet der Vorwurf.. Ein prekärer Arbeitsbereich hält immer weniger gut betuchte Leute aus einem Job fern und drückt auch die Löhne der Angestellten.
 

“Selbstständig”

Die grundsätzliche Idee bezüglich der externen Lehrbeauftragten ist das natürlich nicht. Expert:innen aus der wissenschaftlichen oder beruflichen Praxis sollen dabei ihr Wissen weitergeben. Da wird ein gewisser Idealismus vorausgesetzt. Den muss man sich dann aber auch leisten können. Wer anderswo ein Top-Einkommen hat, muss über die Honorare vielleicht nicht nachdenken. Alle anderen geben nicht nur ihr Wissen ziemlich günstig weiter. Sie verzichten auch auf Zeit – und damit auf Chancen, woanders Geld zu verdienen, das sie für ihr Leben brauchen. 

Die externen Vortragenden müssen vorweisen, dass sie woanders voll versichert sind. Aber: Das Jahr an den FHs hat rund 30 Semesterwochen. Wer in jeder davon nur eine zwei- oder dreistündige Lehrveranstaltung leitet, wird entweder enorm schlecht bezahlt, oder überschreitet die Geringfügigkeitsgrenze mit hoher Wahrscheinlichkeit. Dann wird der Nettolohn noch weniger. Eine Vollzeitanstellung woanders ist mit Vorarbeit und Nachbearbeitung aber praktisch kaum vereinbar. Laut Gesetz dürfen es für einen externen Lehrenden aber sogar bis zu sechs Stunden Lehre pro Fachhochschule sein.

Die Honorare sind nicht nur niedrig. Sie werden auch immer niedriger. Während die Gehälter etwa an Universitäten oder fest Angestellte mehr oder weniger analog zur Inflation steigen, passiert das bei Externen-Honoraren nicht.. Zumindest zwei Fachhochschulen etwa erhöhten gemäß MOMENT.at-Informationen zwischen September 2007 und Juni 2023 den Stundensatz gar nicht.
 

Wem nützt das?

Die Fachhochschulen haben auf jeden Fall einen Vorteil: Sie bekommen motivierte Menschen, die ihnen einen Gutteil der Lehre erledigen. Und das für ein überschaubares Honorar, das nicht über Kollektivverträge regelmäßig steigt. Wem das nicht passt, wird dann eben nicht Semester für Semester verlängert. Da scheint es verlockend, die Lehre so weit es geht auszulagern, statt Leute anzustellen.

Um die Sache aufzuklären, hat MOMENT.at alle Fachhochschulen Österreichs kontaktiert.
Wie viele externe Lehrbeauftragte gibt es bei ihnen? Wie viele erzielen mehr als geringfügige Einkünfte? Was spricht dagegen, sie anzustellen? Wie hoch ist die Bezahlung? Was spricht dagegen, sie regelmäßig zu erhöhen? Und: Gibt es Zusatzleistungen wie Prüfungszahlungen und Weggeld? Diese Fragen wurden allen 21 Fachhochschulen zwischen Vorarlberg und dem Burgenland gestellt, am 11. Jänner, mit der Deadline 17. Jänner. Im Normalfall reicht das aus.

Keine Auskunft…

Leider fanden es nur acht FHs überhaupt eine Rückmeldung wert – und die zum Teil sehr dürftig.

Die IMC Krems University of Applied Scienes etwa lässt wissen: „Nach Rücksprache mit unserer HR-Abteilung teile ich Ihnen mit, dass wir zu Ihrer Anfrage keine Auskünfte erteilen.“

Ähnlich klingt es vonseiten der FH Vorarlberg: „Leider können wir Ihre Anfrage in der Kürze der Zeit nicht beantworten. Wir bitten um Verständnis.“

Und die FH Wiener Neustadt: „Bedauerlicherweise ist es uns nicht möglich, dazu Auskunft zu erteilen.“ Ähnliches sendet die FH Campus Wien, die FH Kufstein entschuldigt, die Fragen nicht beantworten zu können.

Die FH Campus Wien lässt wissen: „Wir bitten um Verständnis, dass wir keine Auskünfte zu Einkommen, Vergütungen etc. geben.“

Wenig Auskunft …

Die FH Kufstein liefert zumindest eine Zahl: „Leider können wir Ihnen Ihre Fragen nicht in diesem Detailgrad beantworten. Ich kann Ihnen nur mitgeben, dass wir im Moment 400 Lehrende aus Wirtschaft & Wissenschaft bei uns an der Fachhochschule haben.“

Die FH Wien verweist auf den Jahresbericht 2022 und dass 1.003 Lehrende nebenberuflich tätig sind, meint aber: „Allerdings geben wir die von Ihnen genannten internen Informationen zur Entlohnung externer Lehrender grundsätzlich nicht nach außen.“

Die FH Salzburg lässt wissen, dass man über alle Studiengänge hinweg rund 1.000 externe Lehrende beschäftigt.
 

Finanzielle Fragen

Ausführliche Stellungnahmen gab es nur von drei Fachhochschulen. Die FH Burgenland liefert einen genauen Einblick, ohne exakte Honorarsätze zu übermitteln: „Was das Ausmaß der Tätigkeit betrifft, so liegen circa ein Drittel der externen Lehrenden unter der Geringfügigkeitsgrenze.“ Zuletzt angepasst wurden die Honorare vor zwei Jahren.

Die FH St. Pölten liefert Zahlen, zwischen 75,50 und 113 Euro pro Einheit gibt es, abhängig von Qualifikation, Art der Lehrveranstaltung und so weiter. Aber: „Eine an die jeweilige Inflation angepasste Steigerung ist für uns nicht möglich.“ Die Studienplatzfinanzierung des Bundes wird nicht inflationsangepasst, das ist der Hintergrund. Zuletzt angehoben wurden die Sätze 2023, um zehn Prozent.

Die FH des BFI Wien zahlt pro 45 Minuten Lehreinheit zwischen 68 und 160 Euro, ebenfalls abhängig von Fachdisziplin und akademischem Grad. Korrektur, Bewertung und Abhaltung von Prüfungen werden zusätzlich vergütet. Zuletzt angepasst wurden die Honorarsätze ebenfalls 2023. Über Informationen, inwiefern das Einkommen aus nebenberuflicher Lehrtätigkeit für die aktiven, nebenberuflich Lehrenden ‚maßgeblich‘ ist, verfüge man nicht. Offen bleibt bei diesen Antworten, ob die erwähnten Lohnerhöhungen ausreichen. Zur Erinnerung: 2022 betrug die Inflation 8,6 Prozent, 2023 bei 7,8 – „normal“ sind zwei Prozent.
 

Aber anstellen

Und wie sieht es an den drei Fachhochschulen hinsichtlich der Anzahl an geleisteten Stunden aus? Die FH Burgenland schätzt, dass das Verhältnis – externe zu fest angestellte Lehrende – über alle angebotenen Studiengänge hinweg bei 60 zu 40 liegt. Gegen Festanstellung spreche, dass die externen Lehrbeauftragten sehr spezifische Bereiche lehren und auch „gar nicht daran interessiert“ wären.

Die FH des BFI Wien erklärt, dass im Sommersemester nur rund zehn Prozent der Externen fünf oder sechs Semesterwochenstunden unterrichten. Ein Angestelltendienstverhältnis erachten laut der Stellungnahme wenige nebenberufliche Lehrende als zielführend, da diese in der Regel in ihren Hauptberufen gut etabliert wären und häufig kein Interesse an der Verwaltungs- und/oder Forschungstätigkeit haben, die ein Dienstverhältnis an einer Hochschule mit sich bringt.

An der FH in St. Pölten wurden zuletzt 1.385 der 2.770 Lehreinheiten von externen Lehrpersonen abgehalten. Laut leider nicht überprüfbaren Angaben der FH liegt man damit über dem österreichweiten Durchschnitt. Immerhin: „Wir stellen Personen, die dauerhaft mehr als 6 Semesterwochenstunden übernehmen können und auch wollen, hauptberuflich als ‚Dozent:innen für Lehre und Praxis‘ an, wenn es bei uns dafür auch den entsprechenden Bedarf gibt.“
 

Schlechter gestellt

Wer nichts sagen will, sagt eben auch viel aus. Nebenberufliche Lehrende sorgen für einen maßgeblichen Anteil der Lehre. Ohne sie geht es an den meisten Fachhochschulen nicht. Und der Aufwand ist nicht gerade gering, Vollzeit zu arbeiten und ein, zwei, drei Lehrveranstaltungen zu erledigen, das geht sich selten aus. Mehr Anstellungen für die, die es wünschen, wären gut. 

Für Lehrende wäre es darüber hinaus mehr als nur hilfreich, wenn die Honorierung wirklich fair wäre und zumindest analog mit der allgemeinen Inflation mitsteigen würde. Einstweilen muss man sich das Unterrichten auch leisten können – und wollen.

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