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Klimakrise
Kapitalismus

Greenwashing: Was ist das überhaupt und wie erkennst du es?

Auf drei Bananen ist ein Fairtrade-Siegel geklebt.
Das Fairtrade-Siegel ist eines der besseren Gütesiegel, garantiert aber entgegen dem Glauben vieler keine biologische Herstellung. – Foto: privat
Grün, Nachhaltig, Natürlich, Organisch, Umweltfreundlich, Naturnah - hinter den meisten dieser Begriffe steckt nichts als Marketing und Greenwashing. Aber sie sind überall zu lesen: auf Werbeanzeigen, im Supermarktregal und Online. Wir erklären dir deshalb der Reihe nach, was Greenwashing ist, welche Arten von Greenwashing es gibt und wie du sie schnell erkennst.

Was ist Greenwashing überhaupt?

Von Greenwashing spricht man dann, wenn Unternehmen gezielt irreführende oder falsche Informationen darüber verbreiten, wie umweltfreundlich oder klimafreundlich ein Produkt ist. Sie nutzen dabei eine rechtliche Lücke aus, denn in den meisten Fällen ist gesetzlich nicht geregelt, was ein Produkt “nachhaltig”, “umweltfreundlich” oder “grün” macht. Viele der Begriffe sind rechtlich nicht geschützt und dürfen ohne Weiteres verwendet werden. Gütesiegel sind dagegen meist schwammig, oder die Kriterien sind zu locker gesetzt. Eine Studie der Europäischen Kommission zeigt, dass über 40 Prozent der untersuchten Onlinehändler falsche oder irreführende Informationen verbreiten.

In den allermeisten Fällen sind die Behauptungen eines Unternehmens nicht unbedingt falsch – sie beziehen sich aber nicht auf das Kerngeschäft, sondern auf eine kleine Produktlinie oder auf ein Tochterunternehmen. Ein Mineralölkonzern, der auch einige Windräder betreibt, ist noch lange nicht “grün” oder “nachhaltig”. Selbiges gilt für Modelabel, die eine “grüne” und “CO2-neutrale” Kollektion auf den Markt bringen, deren Großteil der Kleidung aber nach wie vor aus klimaschädlichem Polyester besteht. Einer Studie der Gruppe “Changing Markets Foundation” (deutsch: “Stiftung Märkte im Wandel”) zufolge sind 59 Prozent der umweltbezogenen Behauptungen europäischer Modelabel unbegründet oder irreführend. Begriffe wie “recycelbar”, “recycelt” oder “organisch” seien oft nichts als leere Worthülsen.

Welche Arten von Greenwashing gibt es?

Neben den offensichtlichen Verfehlungen entlang der Lieferketten (siehe nächster Punkt) sind es oft irreführende Labels, irrelevante Aussagen, Zielkonflikte, Unklarheiten und Unwahrheiten, mit denen Unternehmen Greenwashing betreiben. 

Irreführende Labels oder Siegel sieht man vor allem bei Unternehmen, die sich in der Branche einen Namen gemacht haben. Etwa das Label “Amazon Compact by Design”, das eher dem Image als der Umwelt nützt.

Irrelevante Aussagen finden sich auch immer wieder. Etwa dann, wenn ein Produkt als “FCKW-frei” vermarktet wird, obwohl die Ozon-schädigenden Stoffe ohnehin längst verboten sind. Oder etwas plakativer: Wenn eine Banane als “plastikfrei” verpackt angeboten wird. Manchmal werden auch Produkte als “gesund” beworben, denn wir verbinden eine gesunde Umwelt und einen gesunden Planeten. Ähnliches gilt für “sauber”, “rein” und “natürlich”.

Auch Zielkonflikte sind häufige Formen von Greenwashing: Produkte werden zwar als “klimafreundlich” deklariert – was im Vergleich zu anderen Produkten auch tatsächlich stimmen mag – schaden aber trotzdem der Umwelt. Zum Beispiel E-Autos oder Atomkraft. Beide sind besser als fossile Autos oder Strom aus Kohle, trotzdem sind sie nicht „klimafreundlich“. Etwa sind in beiden Beispielen Herstellung und Entsorgung höchst problematisch.

Besonders oft werden unklare Begriffe wie “nachhaltig”, “naturnah”, “schonend” oder “grün” verwendet. Diese sind rechtlich nicht geschützt und können von jedem Unternehmen verwendet werden. Der Begriff “Bio” ist in Österreich hingegen rechtlich geschützt.

Zu direkten Unwahrheiten werden Unternehmen aufgrund der vielen Möglichkeiten zu tricksen eher selten gedrängt.

Wieso ist Greenwashing möglich und warum wird nicht mehr dagegen unternommen?

Das liegt daran, dass viele Begriffe rechtlich nicht geschützt sind, Lobbygruppen großen Einfluss ausüben und entsprechende Gesetze den Anforderungen hinterherhinken. Diese Gesetzeslücken werden ausgenutzt: Nur jedes dritte Unternehmen in der EU achtet bei seiner Lieferkette überhaupt auf Umweltschutz und Menschenrechte. Deshalb braucht es ein Lieferkettengesetz, das Unternehmen dazu verpflichtet, nachhaltig zu produzieren. In Frankreich und Deutschland gibt es bereits ein solches, allerdings sind beide stark verwässert. Die EU plant für 2023 ein deutlich strengeres Gesetz, das von Unternehmen ab 500 Angestellten unter anderem einen Klimaschutzplan verlangt.

Aber auch die EU betreibt mitunter Greenwashing: Etwa wenn die neue Taxonomie-Verordnung Atomenergie und fossiles Erdgas als “nachhaltige” Übergangstechnologie einstuft. Dahinter steckt der Einfluss mächtiger Lobbygruppen, die alles daran setzen, dass Unternehmen weniger stark reguliert werden – und dass Greenwashing weiter möglich bleibt.

Welche Gütesiegel gibt es und was bedeuten sie?

Ein Versuch, etwas mehr Licht in die Sache zu bringen, wird über Gütesiegel unternommen. Nur: Es gibt viele davon. Manche beziehen sich auf die Herkunft eines Produkts, andere auf eine gentechnikfreie Produktion und wieder andere garantieren faire Bezahlung der Arbeiter:innen. Und nicht zu vergessen: Auch Unternehmen und Industrien erfinden ihre eigenen Siegel, oder sie sitzen in entsprechenden Gremien oder Vereinen.

 
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Obwohl für Siegel also zumindest bestimmte Kriterien erfüllt werden müssen, sind sie nicht unbedingt vertrauenswürdiger als Begriffe wie “nachhaltig”, “grün” und “umweltschonend”. Sie können selbst Greenwashing sein. Die NGO Greenpeace hat deshalb zwei Siegel-Checks über die Vertrauenswürdigkeit durchgeführt: einen für Lebensmittel und einen für Kosmetik- und Hygieneartikel.

Worauf sollte ich bei meinem Einkauf achten?

In erster Linie sollten natürlich Unternehmen und die Politik darauf achten, dass Konsument:innen nicht auch dafür noch in die Verantwortung genommen werden und entsprechende Standards und Gesetze schaffen. Trotzdem ist es hilfreich, sich wo es möglich ist zu informieren, zu recherchieren und die gängigsten Tricks der Unternehmen zu verstehen:

Übertriebene Versprechen und vage Begriffe wie “grün” und “nachhaltig” sollten immer hinterfragt werden. Anders ist es bei “Bio”. Dieser Begriff ist in Österreich rechtlich geschützt.

Begriffe wie “klimaneutral”, “treibhausgasneutral” oder “CO2-neutral” sind zwar mit klaren Anforderungen verbunden, oft werden sie von Unternehmen aber irreführend oder falsch verwendet. Hier sollte man sich fragen, ob etwa fossiles Erdgas überhaupt “klimaneutral” sein kann.

Skeptisch darf man auch dann sein, wenn Unternehmen plötzlich mit “Nachhaltigkeit” werben, eigentlich aber eher für das Gegenteil bekannt sind. Beispielsweise Mineralölkonzerne wie OMV, Shell und BP. Einzelne Sparten können hier durchaus “nachhaltig” sein, das Kerngeschäft ist es meist aber nicht.

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