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Arbeitswelt
Ungleichheit

Ich kann mir meinen Tod nicht leisten

Daniela Brodesser und ihre neue Kolumne: Armutprobe. Das Cover zeigt Brodessers skizziertes Porträt.

Eine Bestattung kostet viel Geld. Ich will meine Familie mit diesen Kosten nicht belasten. Der Tod ist mir zu teuer.

Wir alle werden sterben. Das verbindet Menschen im Armut mit denen in Luxusvillen. Das macht uns gleich. Einen großen Unterschied gibt es aber dennoch: Ich kann mir den Tod eigentlich gar nicht leisten.

Als meine Großmutter gestorben ist, sollte sie zu meinem Großvater, meiner Schwester und meinem Vater in das Familiengrab kommen. Als Beamtin hat sie gut verdient, besaß sogar ein Grundstück, ihre Pension war gut. Weil sie aber jahrelang in einem Pflegeheim wohnte, ging ihr Erbe an das Heim. Damals gab es noch den sogenannten Pflegeregress. Der wurde mittlerweile zum Glück abgeschafft.

Schuldenberg

Die Kosten für das Begräbnis musste ich also irgendwie aufbringen. Das Ergebnis: 3.700 Euro Schulden. Dabei habe ich versucht, die Bestattung so günstig wie möglich durchführen zu lassen. Die Schulden habe ich mittlerweile abbezahlt. Einfach war das nicht.

Normalerweise schiebe das Thema Sterben von mir weg, will nicht darüber nachdenken, was ich tun soll, wenn einer lieben Person etwas passiert. Doch die Pandemie macht den Tod allgegenwärtig. Keine zwei Wochen vergehen in der Krise ohne einen Todesfall in meinem ferneren Umfeld. Dabei merke ich, dass ich nicht die einzige bin, die große Probleme damit hat, die Kosten zu stemmen, die ein Tod nach sich zieht.

Mir würde ein Armengrab reichen

Wer sich kein Begräbnis leisten kann, hat in vielen Fällen eben auch kein Geld für eine Sterbeversicherung. Die würde die Kosten der Bestattung tragen. Ohne eine solche Versicherung oder einem gut gefüllten Sparkonto müssen tief trauernde Menschen auch noch eine finanzielle Bürde auf sich nehmen. Sprechen will darüber kaum jemand. Klar, der Todesfall steht im Mittelpunkt. Die Trauer um den verlorenen Menschen. Nicht das Geld.

Wenn es nach mir ginge, würde ich mich mit einem Armengrab zufriedengeben. Ohne Namen, ohne Trauerfeier, kein Grabstein. Aber ich weiß, dass meiner Familie ein richtiges Begräbnis wichtig ist. Also denke ich schon heute darüber nach, wie ich es schaffen kann, meine Liebsten nicht mit den Kosten alleine zu lassen.

 

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