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Gesundheit

Corona-Krise: Warum es „freie Intensivbetten“ so nicht gibt

Die österreichischen Krankenhäuser sind durch die Corona-Krise wieder an ihre Belastungsgrenze gekommen. Immer mehr Operationen müssen verschoben werden. Doch die offiziellen Zahlen weisen viele freie Intensivbetten aus. Wie kann das sein?

Wenn österreichische Medien über Corona-Patient:innen auf Intensivstationen berichten, wird immer wieder der Begriff “freie Intensivbetten” verwendet. Dadurch wird vermittelt, dass es eigentlich noch genug Kapazitäten gibt und die Lage nicht so dramatisch ist. Auch Leugner:innen der Pandemie greifen diese Zahlen gerne auf, um zu zeigen: So schlimm ist es ja eigentlich noch gar nicht. Doch wie viele Intensivbetten gibt es in Österreich eigentlich? 

Das sind die offiziellen Zahlen der Statistik Austria. Sie beziehen sich auf die gemeldeten Betten in den Krankenanstalten Österreichs für den Fachbereich Intensivmedizin. Die Zahlen der AGES sind wiederum anders: demnach gibt es in Österreich nur 2.100 Intensivbetten. Das liegt daran, dass es kein einheitliches Meldesystem gibt. Die Länder übermitteln teilweise unterschiedliche Daten. 

Man sieht eine Balkengrafik zu den freien Intensivbetten in Österreich.

Wie viele Intensivbetten gibt es in Österreich?

Denn eine exakte Definition, was als Intensivbett verwendet werden kann, gibt es nicht. Und auch wenn Betten gemeldet werden, kann es sein, dass diese nicht verwendet werden können – weil das Personal fehlt. Wie schwer es ist, an konkrete Zahlen zu kommen, mussten wir vor 1,5 Jahren in dieser Recherche selbst erfahren.

Laut dem Covid 19-Dashboard der AGES ist fast ein Drittel der Intensivbetten in Österreich “frei”. Doch in internen Dokumenten sieht diese Zahl anders aus: Wie die “Heute” bereits am Montag berichtete, stehen etwa in Salzburg nur mehr zwei Intensivbetten für Corona-Patient:innen zur Verfügung. Intensivmediziner:innen schlagen schon länger Alarm, dass die regelmäßig als “freie Intensivbetten” bezeichnete Anzahl nicht der Realität entspricht. Woher die Zahlen der AGES kommen, können auch sie nicht genau sagen.
 

Warum „freie Intensivbetten“ missverständlich

Im Normalbetrieb sind Intensivstationen zu etwa 85 bis 90 Prozent ausgelastet. Dass Betten frei bleiben, hat einen einfachen Grund: Wer etwa in einen Unfall gerät, einen Herzinfarkt erleidet oder eine Notoperation braucht, benötigt schnelle intensivmedizinische Versorgung. Für solche Fälle sollte immer Platz bleiben.

Diese Betten sind also für alle Notfälle frei – nicht nur für Corona-Patient:innen. Außerdem sind bei den “freien Betten” oft jene inkludiert, die man theoretisch noch für eine intensivmedizinische Betreuung verwenden könnte. Häufig werden diese jedoch bereits für andere Zwecke verwendet.

Warum man nicht einfach mehr Intensivbetten schafft? Weil es viel Material, Platz und vor allem Personal braucht. Bei letzterem gab es schon vor Corona teilweise einen Mangel. Und auch die anderen Dinge lassen sich nicht so schnell bereitstellen. In diesem Thread wird eindringlich erklärt, was es alles braucht. Das reicht etwa von Bettgestellen über Beatmungsgeräte bis hin zu den richtigen Wandanschlüssen:

kurzfristig kann man stellenweise mehr Intensivbetten bereitstellen. Das bedeutet aber, dass das Personal mehr arbeiten und vielleicht auch mehr Patient:innen versorgen muss. Darunter leidet zwangsweise die Qualität der Pflege. Und die Mitarbeiter:innen, deren Arbeit ohnehin schon physisch und psychisch extrem anstrengend ist, werden noch mehr belastet. Auf Dauer lässt sich das nicht aufrechterhalten.

Denn ein weiteres Problem bei Corona-Patient:innen ist, dass sie länger auf Intensivstationen liegen, als andere. Und ihre Behandlung und Betreuung sind aufwändiger. Nicht alle Intensivpatient:innen müssen beispielsweise so häufig und lange beatmet werden. Auch die zusätzliche Schutzausrüstung ist bei anderen nicht notwendig. 

Die Intensivbetten sind nicht frei, sie werden frei gemacht

Wenn noch mehr Menschen mit Corona auf die Intensivstationen kommen, müssen andere Betten frei gemacht werden. Und das funktioniert dadurch, dass nicht notwendige Operationen nach hinten geschoben werden. An diesem Punkt befinden wir uns bereits. Dasselbe gilt übrigens auch für Normalstationen. Auch hier leidet die Versorgung, weil immer mehr Coronapatient:innen die Betten belegen. Die Intensivstation ist nur das Ende der Versorgungskette. 

Was passiert allerdings, wenn auf den Intensivstationen zu viele Menschen mit Corona landen? Dann werden immer mehr Operationen verschoben. Und irgendwann gibt es eine harte Triage. Dann müssen Mediziner:innen entscheiden, wer versorgt wird – und wer nicht.
 

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