print print
favorites-circle favorites-circle
favorites-circle-full favorites-circle-full
Ungleichheit

Kleidervorschriften: Hört auf, Mädchen zu sexualisieren

Wehe, Mädchen zeigen zu viel von ihrem Bauch oder ihrer Brust! Die Aufregung über Kleidungsvorschriften an einigen Schulen ist groß. Nicht so sehr bei Männern - dabei sind vor allem sie es, die gegen das veraltete Männerbild ankämpfen sollten.

Wir Männer sind triebgesteuerte Wesen. Geht eine Frau an uns vorbei, können wir gar nicht anders, als sie zu begaffen, zu belästigen oder zu begrapschen. Je höher der Hautanteil, desto niedriger die Kontrolle. Ist so. Liegt in unserer Natur. Kann man nichts machen. Eigentlich sollten wir Männer aus dem öffentlichen Leben verbannt werden.

Du fühlst dich von der Verallgemeinerung vor den Kopf gestoßen? Völlig zurecht. Menschen auf ihre “Triebe” oder ihre “Biologie” zu reduzieren, ist eine Denkweise, die veraltet und unwissenschaftlich ist. Und doch passiert genau das in diesem Land immer wieder.

Aktuelles Beispiel: Ein Gymnasium in Stockerau hat eine Kleiderordnung beschlossen. Buben sollen demnach keine Oberteile mit diskriminierenden Motiven und im Unterricht keine  Hauben tragen. Mädchen sollen hingegen weder Bauch, Brustansatz noch zu viel vom Oberschenkel zeigen. Das wird in einer Illustration deutlich, die den NÖN zugespielt wurde. Natürlich gelte das alles für beide Geschlechter. Das Bild dazu lässt anderes vermuten:
 

In den sozialen Medien werde die Maßnahme auch befürwortet, so der Artikel – denn so könne man Mädchen “vor Angriffen schützen.” 

Genug Kleidung bietet Mädchen also Schutz vor Angriffen. Ein Weltbild, bei dem es einem kalt den Rücken herunterläuft.

Vor den Sommerferien wurde ein ähnlicher Fall bekannt. Eine Salzburger Direktorin wandte sich mit einem Brief an die Eltern. Der Inhalt: Die Mädchen ihrer Schule sollen sich bitte weniger sexy anziehen. Zu viel bauchfrei gehöre sich nicht. Es führe zu Sexualisierung, was den Mädchen schade. Man wolle sie schützen – wie übrigens auch Buben und Lehrer (!). 
 

Kleidervorschriften: Kann denn keiner an die armen Männer denken?

Der Aufschrei war groß – vor allem von Frauen. Denn es ist natürlich nicht Aufgabe der Mädchen, sich gegen Übergriffe zu wehren. Wer bauchfrei trägt, lädt nicht zur Belästigung ein. 

Das Perfide an diesem Brief: Es gibt anscheinend nur Opfer. Denn Männer und Buben könnten offenbar nichts dafür, wenn sie Mädchen sexualisieren. Ganz so, als würde über den Mädchen ein Stempel schweben, der ihnen ein “SEXUALISIERT” aufdrückt, wenn sie zu viel Haut zeigen. Als wäre es ein Naturgesetz.

Genau das bleibt bei den Beispielen hängen: Es liegt einfach in der Natur von Männern und Buben, Frauen und Mädchen ab einem bestimmten Punkt als Sex-Objekte zu sehen. In dem Brief und den Kleidervorschriften wird ein Männerbild transportiert, das so schädlich und veraltet ist, wie das dazugehörige Frauenbild: Die “von Hormonen überschwemmten” Burschen könnten gar nicht anders, als Mädchen zu belästigen.

Not all men! Oder?

Das sollte die Männer auf den Plan rufen, die sich sonst so sehr gegen Verallgemeinerungen wehren – Stichwort: “not all men”

Wo bleibt die Entrüstung der Männer, die Selbstkontrolle als eine der zentralen männlichen Eigenschaften betrachten? Die sich dagegen wehren, dass Männer pauschal als Gefahr für Frauen bezeichnet werden? Ihr dröhnendes Schweigen ist nur schwer zu überhören.

Doch damit stimmen sie dem Pauschalurteil über Männer zu. Die Konsequenz daraus müsste lauten: Eingestehen, dass alle Buben und Männer eine potenzielle Gefahr darstellen. Sie sind so triebgesteuert, dass wir nicht nur andere, sondern auch sie selbst vor männlichen Trieben schützen müssen. Dann wäre es für alle am besten, uns einfach wegzusperren.

Ein altes Spiel

Der Grund, warum sich Männer so wenig dagegen wehren, ist simpler und trauriger: Sie profitieren davon. Das gute alte Spiel der Täter-Opfer-Umkehr kann man so in Ruhe weiterspielen: 

Als Mann kann man doch nichts dafür. Es war nur ein Ausrutscher. Die Frau ist selbst schuld, wenn sie sich so anzieht. Sie wollte es ja eigentlich auch. Das sieht man ihr doch gleich an!

Wer als Mann nicht als Mittelding zwischen Mensch und Schimpanse wahrgenommen werden will; wer nicht bereits Schülerinnen zu Sex-Objekten abstempeln will, sollte dazu endlich den Mund aufkriegen. 

    Neuen Kommentar hinzufügen

    Kommentare 0 Kommentare
    Kommentar hinzufügen

    Neuen Kommentar hinzufügen

    Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Beitrag!