Jugendliche verklagen Österreich wegen fehlendem Klimaschutz: Alles, was du wissen musst.
Warum klagen die Jugendlichen?
In Österreich sind Kinderrechte in der Verfassung verankert. In Artikel 1 steht “Jedes Kind hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig sind, auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung sowie auf die Wahrung seiner Interessen auch unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit”. Genau diese Generationengerechtigkeit sehen die 12 Kläger:innen verletzt im Angesicht der stetig steigenden Bedrohung durch die Klimakrise. Das Klimaschutzgesetz würde die Kinderrechte nicht berücksichtigen. Damit wäre es verfassungswidrig. Das Klimaschutzgesetz schafft es nämlich nicht, die Emissionen zu reduzieren und damit nachhaltig die Klimakrise zu mindern bzw. gar zu stoppen.
Doch, aber ein anderes. Das derzeitige Klimaschutzgesetz würde die Kinder- und Jugendrechte laut den Ankläger:innen nicht ausreichend schützen. Die zuvor bestehende Regelung für eine Emissions-Obergrenze in verschiedenen Bereichen lief 2021 aus.
Die Treibhausgasemissionen in Österreich sind 2021 im Vergleich zu 2020 um 4,9 Prozent gestiegen. Natürlich muss man hier den “Pandemie-Effekt” auch mit einberechnen. Im Vergleich zum 2019 lag man 2021 aber nur knapp – um 1,9 Millionen Tonnen CO2 darunter, obwohl es 2021 Lockdowns gab. Eine nachhaltige CO2-Senkung wurde nicht erreicht.
Können die Jugendlichen die Klage gewinnen?
Theoretisch schon. Vertreten werden die Kinder und Jugendlichen von Michaela Krömer, diese klagte Ende 2020 ebenfalls vor dem Verfassungsgerichtshof zu einem Umweltthema. Leider erfolglos.
Das Problem bei Krömers letzten Klage und auch bei dieser könnte die bisher strenge Auslegung in der Rechtsprechung sein, denn die Jugendlichen klagen mit einem Individualantrag. Menschen können damit verfassungswidrige Gesetze anfechten, wenn sie direkt, also “unmittelbar” davon betroffen sind. Im Klimaschutzgesetz werden als “Betroffene” aber nicht die einzelnen Menschen und damit potenziell auch die Jugendlichen/Kinder genannt, sondern Bundesregierung und Bundesländer.
Auch wenn die Kläger:innen natürlich direkt von der Klimakrise und ihren Folgen im “realen” Leben betroffen sind, gilt das für sie nicht auf dem Papier. Bisher hat der Verfassungsgerichtshof diese direkte Betroffenheit streng ausgelegt. Ob er es dieses Mal wieder tut, steht noch offen.
Wird Österreich es schaffen, die Pariser Klimaziele und damit das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten?
Forscher:innen haben berechnet, ob Österreich es schaffen könnte seinen Beitrag zum Pariser Klimaziel zu leisten und haben dabei schlechte Neuigkeiten. Damit das 1,5-Grad-Ziel mit einer Wahrscheinlichkeit von 66% erreicht werden kann, dürfte Österreich höchstens 240 Megatonnen CO2 ausstoßen. Bei derzeitigem Verbrauch wäre das Kontingent bis 2025 aufgebraucht. In zwei Jahren müssten wir also klimaneutral sein.
Schafft es Österreich seine eigenen Klimaziele einzuhalten?
Österreich droht derzeit mit hoher Wahrscheinlichkeit sein Klimaziel für 2030 zu verfehlen. Davor warnt das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung. Das Institut prognostiziert, dass die Emissionen für 2024 leicht ansteigen könnten. Um die gewünschte und auch vorgenommene Klimaneutralität zu schaffen, müssten jedes Jahr mehr als vier Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Wird in einem Jahr weniger eingespart, muss die Differenz im Folgejahr zusätzlich aufgeholt werden. 2022 lag Österreich im globalen Klimaschutz-Performance-Index auf Platz 32 von 60. Dieser bewertet jährlich statistische und qualitative Fortschritte in den Kategorien Treibhausgase, Erneuerbare Energien, Energieverbrauch und Klimapolitik.
Warum wäre es schlecht, wenn Österreich die Klimaziele nicht einhält?
In erster Linie bedroht die Klimakrise nicht nur die Umwelt, sondern alles in ihr. Also auch uns Menschen. Naturkatastrophen und Extremwetterereignisse werden deutlich häufiger durch sie und wären ohne die Klimakrise teilweise gar nicht möglich gewesen.
Die Klimakrise hat aber nicht nur ökologische Auswirkungen. Das Nicht-Einhalten der Klimaziele kommt Österreich teuer zu stehen – wortwörtlich. Österreich hat sich nämlich im Rahmen der EU verbindliche Ziele gesetzt, nämlich die Klimaneutralität bis 2050. Bis 2030 sollen die Emissionen um über die Hälfte (55%) sinken.
Die EU will das mit dem Emissionshandel schaffen. Unternehmen bekommen für eine bestimmte Menge an CO2, die sie ausstoßen dürfen, Zertifikate umsonst. Haben sie einen größeren CO2-Fußabdruck, müssen sie zusätzliche Zertifikate kaufen. Damit immer mehr Unternehmen auch einen wirtschaftlichen Anreiz haben, weniger CO2 auszustoßen, gibt die EU immer weniger Zertifikate umsonst aus. Schafft ein Staat es nicht, seine Emissionen ausreichend zu verringern, kann die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren beim Europäischen Gerichtshof einreichen. Für Österreich bedeutet das mögliche Strafen in Milliardenhöhe.
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