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Ungleichheit

Weltfrauentag: Wieso Frauen weniger von den Krisen-Hilfen haben

Der internationale Frauentag steht 2021 im Zeichen der Krise. ExpertInnen betonen seit Beginn der Pandemie, dass Frauen unter den Auswirkungen stärker leiden. Aber das ist nicht alles. Auch bei den Corona-Hilfen ziehen Frauen den Kürzeren, wie eine Analyse des Momentum Instituts zeigt.

Der Staat hat Milliarden in die Hand genommen, um die schlimmsten Auswirkungen der Krise für UnternehmerInnen und ArbeitnehmerInnen abzufedern. Das Momentum Institut geht von über 60 Milliarden Euro aus, die in den nächsten Jahren als Corona-Hilfen geplant sind. Eine Menge Geld also. Aber an wen gehen die Hilfsgelder?
 
ExpertInnen beobachten bei vergangenen Krisen, dass Geld in männerdominierte Branchen wie in die Automobilindustrie gepumpt wird, während etwa die staatlichen Förderungen für Kinderbetreuung gekürzt werden. Solche Hilfmaßnahmen haben also ein Geschlecht.
 
Warum ist das wichtig?
Frauen bekommen brutto im Jahr rund 37 Prozent weniger Gehalt als Männer. Sie arbeiten mehr Stunden unbezahlt, weil sie Kinderbetreuung und die Pflege Angehöriger übernehmen. Dadurch sind Frauen viel öfter armutsgefährdet als Männer. Staatliche Hilfen – nicht nur während der Corona-Krise – sollten zumindest in gleichen Teilen Frauen und Männer unterstützen.
 
Wiederholt der Staat die Geschlechter-Ungerechtigkeiten bei der Corona-Krise? Das Momentum Institut hat berechnet, wie die Hilfsgelder auf in der Corona-Krise auf die Geschlechter verteilt wurden. Dafür wurden Hilfsmaßnahmen analysiert, die mindestens 0,6 Milliarden Euro betragen. So konnten fast 90 Prozent des Gelds in der Analyse berücksichtigt werden.
 
Gegliedert ist die Analyse nach EmpfängerInnen des Gelds: Unternehmen, ArbeitnehmerInnen & Familien und öffentliche Stellen.

#1 Corona-Hilfen für Unternehmen, Vereine, Organisationen und Selbstständige

Zu den Hilfsgeldern an Unternehmen zählen unter anderem die verschiedenen Fixkostenzuschüsse und Umsatzersatz-Regelungen. Für die Analyse müssen zwei Dinge berücksichtigt werden. Sehen wir uns an, wie viele Frauen in den Unternehmen arbeiten, die solche Hilfen empfangen, so gehen praktisch 45,5 Prozent des Budgets an Frauen.
 
Letztlich entscheiden allerdings die Führungskräfte, wie das Geld letztlich verwendet wird. Berücksichtigen wir also bei der Berechnung nur den Anteil der weiblichen Führungsriege inklusive Abteilungsleiterinnen, so haben Frauen nur zu 40,5 Prozent Mitspracherecht.

Das liegt unter anderem daran, dass auch in Branchen, in denen viele Frauen arbeiten, oft Männer die Chefsessel besetzen – aber nicht umgekehrt.

#2 ArbeitnehmerInnen & Familien

Der Hilfstopf mit dem größten Budget ist mit 19 Milliarden Euro die Kurzarbeit, die ArbeitnehmerInnen zugutekommt. Auch die Steuerreform vom Herbst 2020 gehört zu den Maßnahmen für ArbeitnehmerInnen. Gemeinsam mit kleineren Maßnahmen wie dem Kinderbonus, der Familien entlasten soll, geht 40,2 Prozent der Mittel für ArbeitnehmerInnen und Familien an Frauen.

#3 Öffentliche Stellen und politische EntscheidungsträgerInnen

Bis 2024 soll unter anderem eine Milliarde für Zukunftsinvestitionen an Gemeinden verteilt werden. Gerade dort, wo in den Gemeinden Entscheidungen getroffen werden, sitzen allerdings besonders wenig Frauen. Noch vor ein paar Jahren waren in Österreich mehr BürgermeisterInnen Männer, die Josef heißen, als Frauen.

Männer dominieren die regionale Politik. So kommt es, dass Frauen zu 20,1 Prozent der Corona-Hilfen für Gemeinden mitbestimmen. Das hat direkte Auswirkungen auf die Politik. Das Geld wurde anfangs vor allem in die männliche dominierte Baubranche gesteckt. Von den bereitgestellten Hilfen profitieren Frauen nur zu 26,3 Prozent.

#4 Fazit

Wie in vergangenen Krisen profitieren Männer auch von den Corona-Hilfen mehr als Frauen. Ihnen kommt mehr Geld zugute und sie entscheiden über die Verwendung einer größeren Summe. Das Momentum Institut empfiehlt daher folgende Maßnahmen:
 
    •    Bessere Berücksichtigung der von Frauen dominierten Bereichen im Rahmen bestehender Förderinstrumente, z.B. Trinkgeldersatz in der Gastronomie, Ausgleichszahlungen für Einkommensverluste geringfügig Beschäftigter
    •    Höhere Löhne im staatlichen Einflussbereich für ArbeitnehmerInnen in systemrelevanten Berufen bzw. in Berufen mit hohem Frauenanteil
    •    Mehr Frauen auf Führungs- bzw. Entscheidungsebenen, z.B. verpflichtende Frauenquoten in Führungspositionen zumindest repräsentativ zum Beschäftigungsanteil
    •    Datenlage für geschlechtsspezifische Forschung verbessern, z.B. regelmäßige Veröffentlichung von genauen Geldflüssen der Corona-Maßnahmen an Männer und Frauen

Den ausführlichen Bericht des Momentum Instituts findest du hier.

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