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Ungleichheit
Klimakrise

Wie die Kronen Zeitung der AUA beim Greenwashen hilft

Die Kronen Zeitung schwärmt auf einer Doppelseite über die Bemühungen der AUA, nachhaltig zu werden. Dabei ordnet sie jedoch keine Fakten ein, sondern wiederholt die PR-Sprüche des Unternehmens. Wir haben gegengelesen, um die Tatsachen richtigzustellen.

Fliegen wird nie nachhaltig sein. Doch Unternehmen wie die AUA bauen darauf, mit möglichst wenig Aufwand als „grün“ zu gelten. Diesem Greenwashing kann man Tatsachen entgegenhalten – wenn man will. In dem Bericht der „Kronen Zeitung“ wird darauf verzichtet. Der Redakteur fliegt darin von Amsterdam nach Wien und lässt sich von den Piloten erklären, was nicht alles zur Nachhaltigkeit gemacht wird. Das i-Tüpfelchen liefert eine schöne Fotostrecke, die direkt aus der Werbebroschüre der AUA zu stammen scheint.

Wir haben uns dem Artikel angenommen und zeigen auf, was die Aufgabe von Journalismus sein sollte: 

https://www.moment.at/sites/default/files/styles/artikel_full_xlarge/public/2023-07/2.png?itok=XQsDRPmg
Sie haben nicht den “Stempel der Umweltsünde” aufgedruckt bekommen. Fliegen ist ganz einfach die Art der Fortbewegung, die am meisten CO₂ verursacht. Dabei handelt es sich nicht um eine Debatte, einen Stempel oder ein Label, sondern um wissenschaftlich belegte Fakten. https://www.moment.at/sites/default/files/styles/artikel_full_xlarge/public/2023-07/3.png?itok=9hvTbHKM
Das muss man natürlich nicht. Vor allem, wenn man bedenkt, wie wenig Menschen diese Emissionen verursachen: 80 Prozent aller Menschen haben noch nie ein Flugzeug betreten – auch viele Österreicher:innen fliegen nie. Nur 1 Prozent der Weltbevölkerung verursacht die Hälfte der Flug-Emissionen. 

Dass 3% der weltweiten CO₂-Emissionen allein durch die Luftfahrt entstehen, ist enorm problematisch.Viele Strecken könnten mit dem Zug zurückgelegt werden – oder einem anderen Verkehrsmittel, das weniger CO₂ ausstößt. Ein mit dem Flugzeug zurückgelegter Kilometer verursacht 31-mal mehr Emissionen als mit dem Zug.
https://www.moment.at/sites/default/files/styles/artikel_full_xlarge/public/2023-07/4.png?itok=Ymsr5McV
Die Luftfahrtindustrie wächst immer weiter. Von einem Umdenken keine Spur. Auf eine Technologie irgendwann in der Zukunft zu hoffen – seien es “Sustainable Aviation Fuels” oder Wasserstoff – ist eben kein Umdenken, sondern ein Verschieben der Verantwortung in die ungewisse Zukunft. Worum es den Verantwortlichen nämlich nicht geht? Um das Klima. 

Bis dahin wollen Airlines ihr Geschäftsmodell offensichtlich mit so wenig Umstellung wie möglich weiterführen. Journalismus muss aufzeigen, was die Folgen davon sind – und dass das so nicht möglich ist. Und er könnte Pläne kritisch hinterfragen. Etwa, welche Maßnahmen ein Unternehmen tatsächlich schon zur Umsetzung ihrer Klimaziele gesetzt hat.

Der Artikel liefert keine einzige Gegenstimme. Was sehr wohl vorkommt: Zitate, die direkt aus der PR-Abteilung stammen könnten. Würde wirklich jedes Kilo CO2 zählen, dann dürften Flugzeuge nicht mehr abheben.
https://www.moment.at/sites/default/files/styles/artikel_full_xlarge/public/2023-07/5.png?itok=bHQhhrg1
Die AUA wird tatsächlich bis 2028 ihre Langstreckenflotte modernisieren. Aktuell hat die AUA 63 Flugzeuge – 9 davon sind für die Langstrecke. Diese werden ersetzt, dafür kommt ein Zehntes dazu. Diese Flugzeuge verbrauchen rund 20 Prozent weniger Treibstoff. Im Kurz- und Mittelstreckenbereich wurden 4 Flugzeuge getauscht, die auch jeweils etwa ein Fünftel weniger Sprit verbrauchen. 

Bleiben noch 50 Flugzeuge, die weiterhin so viel Sprit verbrauchen und Treibhausgase verursachen, wie davor. Eine Nachfrage bei der AUA ergab, dass bis 2030 die Hälfte der Flotte erneuert werden soll und somit die Halbierung der CO₂-Emissionen im Betrieb erreicht werden soll. Geht man davon aus, dass die restlichen Flugzeuge auch um 20 Prozent weniger Treibstoff brauchen, benötigt die AUA ab 2030 um zehn Prozent weniger Treibstoff. Von einer Halbierung ist man da sehr weit entfernt.

Aber halt, es gibt ja noch neue Treibstoff-Arten! Die angekündigte Verwendung von “Biokraftstoffen” ist typisches Greenwashing. Sogenannte “Sustainable Aviation Fuels” (SAF) sind der heilige Gral der Flugindustrie. Sie versprechen eine Verringerung des CO2-Ausstoßes um satte 80 Prozent. Theoretisch. Denn in der Praxis gibt es viel zu viele Hürden, um diesen Wert zu erreichen. Im Artikel wird etwa davon gesprochen, dass Altfette und Speiseöle aufbereitet und beigemengt werden. Das Problem: Diese Produkte sind nur sehr begrenzt verfügbar. 

Zuletzt gab die AUA bekannt, dass 1.500 Tonnen an angeblich “nachhaltigem Treibstoff” in Wien getankt wurden. Gleichzeitig hat die Flotte fast 800.000 Tonnen Kerosin verbraucht. Bis 2030 will die OMV 700.000 Tonnen SAF pro Jahr produzieren. Wie sie das schaffen will und ob der Treibstoff dann tatsächlich so nachhaltig wie versprochen ist, ist nicht bekannt. 

Expert:innen haben jedenfalls berechnet, dass SAF erst 2050 denselben Preis wie Kerosin erreichen könnte. Mit ersten wasserstoffbetriebenen Flugzeuge rechnen Hersteller wie Airbus erst ab 2035. Für die Halbierung der CO2-Emissionen bis 2030 kommen sie auf jeden Fall zu spät.https://www.moment.at/sites/default/files/styles/artikel_full_xlarge/public/2023-07/8.png?itok=7D_4u3US
Der Treibstoffverbrauch wäre in einem Verbrenner-PKW, nur dann deutlich höher, wenn man die Strecke alleine zurücklegt. Wenn man, aber von einem voll besetzten Auto, mit einem durchschnittlichen Verbrauch von 7,7l/100km ausgeht, kommt man auf etwa 17,5 Liter pro Person. Abgesehen davon: Nicht alleine der Treibstoffverbrauch bestimmt die Klimaschädlichkeit eines Transportmittels. Auch Verschmutzung durch Kondensstreifen und Stickoxide kommen bei Flügen dazu.
https://www.moment.at/sites/default/files/styles/artikel_full_xlarge/public/2023-07/9.png?itok=XDbYGe1i
Das klingt alles schön und gut. Aber in welchem Ausmaß der Einsatz von effizienten Flugrouten, eine reduzierte Stellung der Landeklappen und das Abschalten eines Triebwerks nun wirklich die CO2-Emissionen verringern, ist unklar. Zudem stellt sich die Frage, ob diese Maßnahmen nicht immer schon zum Einsatz kamen und wenn ja, warum nicht. Ist Sprit sparen etwa erst seit der Klimakrise im Trend? Man könnte meinen, dass die AUA aus Imagegründen besonders jetzt auf die Betonung dieser Vorkehrungen setzt.

Fakt ist jedenfalls, dass Fliegen nicht nachhaltig ist und es in absehbarer Zukunft auch nicht werden wird. Und genau diese Wahrheiten sollte kritischer Journalismus auch kommunizieren. Ob es sich bei diesem Artikel nun um kritischen Journalismus oder doch eher PR handelt, muss jeder für sich entscheiden. 

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