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Ungleichheit

Lashana Lynch: Warum es logisch ist, dass eine Frau James Bond als 007 ersetzt

James Bond wird als Agent 007 im nächsten Film durch eine Frau ersetzt: Lashana Lynch. Die Serie geht mit der Zeit - wie sie es immer tat.

007 wird neu besetzt. Dass mit Lashana Lynch eine Schwarze Frau nun in dem neuen Film „No Time to Die“ in die Schuhe des Geheimagenten tritt, löst große Emotionen bei den ZuseherInnen aus. War dieser Wandel der Zeit absehbar?

Fans warten seit Monaten gespannt auf den neuen James Bond-Film „No Time to Die“ nachdem dieser aufgrund von Corona bereits mehrere Male verschoben wurde. Der Erscheinungstermin ist aktuell für April 2021 angekündigt. Daniel Craig hatte bereits mit Beginn der Dreharbeiten angekündigt, dass dies sein letztes Abenteuer als James Bond sein würde, die Nachfolge blieb aber vorerst offen. Nun steht fest, wer in diesem Film als 007 dem englischen Geheimdienst dienen wird und die Besetzung sorgt bei manchen für erregte Gemüter.

Lashana Lynch: Person of colour und eine Frau

Die Wahl fiel auf Lashana Lynch, eine Schwarze Frau, die bereits in „No Time to Die“ an der Seite von Daniel Craig zu sehen sein wird und dessen Codenamen 007 übernimmt, als dieser den Ruhestand antritt. Eine Entscheidung, die viele Fans erschüttert oder sogar dazu bringt den nächsten Film zu boykottieren. Was dabei der größere Aufreger ist, ist schwer zu sagen: Der Fakt, dass sie Schwarz ist oder es sich um eine Frau handelt.

Bei genauerem Blick auf die Filmreihe ist die Entwicklung allerdings nicht weiter verwunderlich. Denn die Filmreihe rund um James Bond ging stets mit der Zeit. Auch in Hinblick auf die Darstellung der abgebildeten Frauen, die sich nicht erst mit Lashana Lynch in den beinahe sechzig Jahren seit dem Erscheinen des ersten Films 1962 stetig verändert und entwickelt.

Einige Beispiele dazu, wie sich die Darstellung im Wandel der Zeit änderte:

1962: „James Bond jagt Dr. No“und Ursula Andress als Honey Ryder

Der erste Bond-Film erschien 1962 und präsentierte der Welt das erste Bond-Girl: Honeychile Ryder, gespielt von Ursula Andress. Es ist schnell klar, dass Frauen in dieser Zeit vor allem als Lustobjekte dargestellt werden. Doch so problematisch einige Dialoge in diesem Film nach heutigem Standard sind, so fortschrittlich ist die Darstellung von Honeychile Ryder in der damaligen Zeit. Sie trägt ein Messer, verdient ihren eigenen Lebensunterhalt und ist von keinem Mann abhängig. Ihre fehlende Schulbildung kompensiert sie, indem sie Lexika auswendig lernt.

Frauen in den 60er Jahren strebten häufig keine Berufstätigkeit an, da das Bild der arbeitenden Mutter nach wie vor keinen guten Ruf genoss. Honey Ryder zeichnet somit nicht nur das Bild eines schüchternen, naiven Mädchens, sondern auch einer fortschrittlichen Frau der 60er Jahre.

1977: „Der Spion der mich liebte“ und Anya Amasova

Im 1977 erschienenen Film bekommt James Bond erstmalig eine Gefährtin an seine Seite, die ihm in Bezug auf seine Fähigkeiten ebenbürtig ist. Die Rede ist von der russischen Spionin Anya Amasova, die gemeinsam mit Bond verhindern soll, dass ein Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion ausbricht. Sie ist quasi eine weibliche Version von Bond und die Weise, wie sie gezeigt wird, ebnet den Weg für alle schlagkräftigen und ebenbürtigen Partnerinnen, denen er im Laufe der nächsten 40 Jahren gegenübersteht.

Grund für die veränderte Darstellung waren auch gesellschaftliche Veränderungen: das Aufbegehren gegen den Abtreibungsparagraphen, die Entstehung von Frauenbewegungen, eine Änderung im Familienrecht und die Liberalisierung der Sexualität von Frauen.

1987: „Der Hauch des Todes“ und Kara

Es war das Jahr 1987 als wieder eine große Veränderung in die Bond Filmreihe einzog. Rund um diese Zeit griff die Immunkrankheit Aids um sich und ungeschützter Geschlechtsverkehr mit vielen unterschiedlichen Frauen wäre problematisch abzubilden. Also wurde James Bond monogam.

Zumindest für die Länge eines Filmes und die Beziehung zwischen 007 und dem Bondgirl Kara bekommt beinahe ein emotionales Setting. Durch diese Entwicklung sprechen die neuen Bond-Filme nun auch mehr Frauen an, und „Der Hauch des Todes“ ist insgesamt romantischer, ernster und glaubwürdiger als die bisherigen Bond-Filme.

1995: „Golden Eye“ und Judy Dench als M

Pierce Brosnan feierte mit Golden Eye sein Bond-Debut und mit ihm kam eine sehr gravierende Änderung in der Besetzung. Die Rolle des Geheimdienstchefs M wird von einer Frau übernommen und bis 2012 von Judy Dench verkörpert. Damit bekommen die Bond-Filme eine starke Frauenrolle, die sich durch Härte und Autorität auszeichnet. Auch diese Neubesetzung geht auf eine gesellschaftliche Entwicklung zurück. 1992 wurde der britische Geheimdienst MI5 von Stella Remington als Führungskraft übernommen. Die Besetzung ist eine direkte Spiegelung der aktuellen Zeit.

2006: „Casino Royal“und Vesper Lynch

In Casino Royal wird Daniel Craig als James Bond präsentiert und startet die Geschichte von ganz vorne. Er zeigt, wieso James Bond so wurde, wie die Zuseher ihn kennen. Der junge Agent hat noch keinen Doppel-Null-Status, ist auf seiner ersten wichtigen Mission und trifft dabei auf Vesper. Sie ist klug, hübsch und schlagfertig. Und sie verunsichert James Bond.

Am Ende des Films ist James Bond bereit für Vesper Lynch alles aufzugeben. Das Leben wie er es gekannt hat, seinen Beruf, andere Frauen. Doch hätte diese Liebesgeschichte ein Happy End gehabt, hätte es keine der uns bekannten Filme gegeben. Es stellt sich heraus, dass Vesper Doppelagentin war. Sie wählt am Ende des Films den Tod, um James Bond nicht in Gefahr zu bringen und bricht ihn damit. Zurück bleibt der zynische Frauenheld, der nicht an die Liebe glaubt.

 2012: „Skyfall“ und Eve Moneypenny

In diesem Film gibt es mehrere „erste Male“. Einerseits ist es der erste Bond-Film, in dem keine klar ersichtliche Sex-Szene vorkommt. James Bond hat in diesem Film andere Probleme. M wird ermordet und die Beziehung zwischen James Bond und ihr wird intensiv thematisiert. Es ist klar, dass er in ihr eine Mutterfigur sah, die gleichzeitig stark und autoritär agierte. Nach dem Tod von Vesper, der nach wie vor thematisiert wird, erlebt er erneut einen Verlust, der ihn stark trifft.

Ein weiteres erstes Mal ist die Darstellung einer Schwarzen Frau als Teil des Bond-Teams. Eine Schwarze Agentin stellt sich am Ende des Films als Eve Moneypenny heraus, die Vorzimmerdame von James Bond und wiederkehrender Teil der Geschichte.

2021: „No Time to Die“ und Lashana Lynch

Auch wenn Lashana Lynch in diesem Film den Codenamen und die Aufgaben von 007 übernimmt, so tritt sie nicht endgültig in die Fußstapfen von James Bond. Das stellt auch die Produzentin der Bond-Filme Barbara Broccoli klar: „Wir sollten neue Rollen für Frauen schaffen, statt einen Mann in eine Frau umzuwandeln.“ Genau das hat sie in dem kommenden Bond-Film geschafft. 

Wer nach Daniel Craig die Rolle des britischen Geheimagenten namens James Bond übernehmen wird, ist somit weiterhin unklar. 

Sandra Gloning ist Journalistin und hat sich im Studium wissenschaftlich mit der Rolle von Frauen in James Bond-Filmen auseinandergesetzt.

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