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Arbeitswelt
Kapitalismus
Ungleichheit

Höhere Löhne? Das können wir uns nicht leisten!

Die Lohnverhandlungen 2021 laufen. Die Metaller haben sich Plus 3,5 Prozent verhandelt. Aber warum muss es zu jährlichen Lohnerhöhungen kommen? Wie laufen Lohnverhandlungen ab? Barbara Blaha erklärt in dieser Ausgabe Moment Mal, was du zu den Lohnverhandlungen in Österreich wissen musst. 
 

Herbstzeit ist Erntezeit: Landesweit werden die Löhne verhandelt. Die Metallbranche ist schon fertig: Plus dreieinhalb Prozent. Das hört sich schon arg viel an, ja, überleben die Industriebetriebe das überhaupt? Moment Mal!

Lohnverhandlungen 2021: Arbeitgeber:innen stöhnen

Sie stöhnen jedenfalls, die Arbeitgeber: Das Lohnplus am oberen Limit, ja wirklich, echt: “an der Schmerzgrenze”, sagt Metall-Chefverhandler Christian Knill. Auch Wirtschaftsforscher wiegen sorgenvoll die Köpfe: Wifo-Chef Felbermayr sagt, der “hohe Abschluss ist eine Herausforderung für die Industrie”. Also gut: Stimmt das? Schauen wir uns dazu erstmal an, wie das funktioniert, diese Löhne verhandeln?

Wie laufen Lohnverhandlungen ab?

Die Idee hinter jährlichen Lohnerhöhungen: Einmal im Jahr setzen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen und schauen sich an:

  1. Wie sehr sind die Preise gestiegen im vergangenen Jahr – das kennen wir als Inflation.
  2. Um wie viel produktiver ist die Branche? Die Maschinen werden jedes Jahr besser, die Abläufe effizienter: Jedes Jahr kann die Branche mehr Produkte in noch weniger Zeit herstellen. 

Das heißt: Der Kuchen, den wir alle erwirtschaften, wird jedes Jahr ein bisschen größer. Und davon sollen alle etwas abbekommen.

Wie sehen diese Zahlen heuer aus? Die Inflation beträgt 1,9 Prozent für das letzte Jahr, die Lohnerhöhungen liegen also um 1,65 Prozent darüber. Die Stundenproduktivität in der Industrie ist sogar um 2,1 Prozent gestiegen. Und: Die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer:innen war heuer besonders gut – Stichwort Fachkräftemangel, Stichwort volle Auftragsbücher – und es ist ein ordentlicher Abschluss gelungen.

Wir zahlen Steuern für alle

Das ist in den letzten Jahren bei weitem nicht immer gelungen: Ist die Arbeitslosigkeit hoch, dann ist es schwierig, für die Arbeiter:innen ihren gerechten Teil an der gestiegenen Produktivität rauszuholen. Wir, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wir zahlen uns unseren Sozialstaat schon immer selber. Von unserem Gehalt zahlen wir die Lehrerin, die unsere Kinder unterrichtet, wir zahlen die Pension von der Oma und die mobile Pflege vom Opa.

Schauen wir in Länder, die all das den Markt regeln lassen, ist es dort irgendwie leiwander? Leben in den USA z. B. lauter reiche Leute, weil kein gieriger Staat ihnen dauernd alles wegfrisst? Nö. Sie zahlen sich ihre Krankenversicherung halt privat, genauso wie das Pflegeheim vom Opa – wenn sie sich das überhaupt leisten können. Und auch die werden – logisch – jedes Jahr teurer.

Ohne Steuern, kein Wohlfahrtsstaat

Steuern sind also schon okay, denn Steuern sind unser Wohlfahrtsstaat. Wer wirklich höhere Netto-Löhne will, muss an die Frage ran, wie unser Wohlfahrtsstaat finanziert wird. Den müssten wir ja nicht allein über Arbeit und Konsum stemmen. Konzerngewinne, Erbschaften, Grund und Boden und Abgase müssten wir dafür halt endlich gescheit besteuern. Dann muss der Staat nicht jeden Cent besteuern, den wir mehr auf dem Lohnzettel haben.

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