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Ungleichheit
Demokratie

Kindergarten brennt: Warum wir mehr Geld für Kinderbetreuung brauchen

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Der Kindergarten ist die erste und wichtigste Bildungsstätte. Aber Österreich hinkt anderen Staaten bei seinen Ausgaben weit hinterher - und die Arbeitsbedingungen vertreiben begeistertes Personal. Es braucht mehr Geld für Kindergärten. Aber da wird jetzt was gemacht, verspricht Karl Nehammer. Moment mal, sagt Barbara Blaha.

Es gibt für ALLE ein warmes Essen, haben wir unlängst von der ÖVP gelernt. Vor lauter guten Ernährungs-Tipps  („Ein Hamburger beim McDonalds“) haben wir schon wieder vergessen, was uns Bundeskanzler Nehammer gerade unlängst versprochen hat: Richtig viel Schotter für die Kindergärten! 4,5 Milliarden Euro für Kindergärten in diesem Land.

Na bumm. Dann ist alles gelöst, können wir aufhören, uns aufzuregen, alles in Butter und wir … Moment mal!

Warum der Kindergarten so wichtig ist

Gar nichts ist in Butter. Aber der Reihe nach. Der Kindergarten ist in unserem Bildungssystem der wichtigste Baustein überhaupt. Es ist unser größter Hebel, um das auszugleichen, was Familien mit weniger Kohle aus eigener Kraft nicht schaffen können: den Kindern eine echte Chance geben.

Wer in eine arme Familie geboren wird, profitiert mehr als alle anderen von den Bildungseinrichtungen am BEGINN des Lebens. Denn das, was die Familie nicht liefert, lässt sich im Kindergarten leichter aufholen als später in der Schule oder gar auf der Uni. Aber nur, wenn man ihn ausreichend finanziert.

Zu wenig Geld für Kindergärten

Und das tun wir nicht:  Die Ausgaben für Kinderbetreuung haben sich seit 1980 zwar verdoppelt. Nur: In anderen Ländern sind sie noch wesentlich stärker gestiegen. Deutschland hat das Budget dafür um das 4-fache gesteigert, Frankreich um das 5-fache und Italien und Belgien um das 7-fache. Wir geben 0,7% der Wirtschaftsleistung für Kinderbetreuung aus und liegen damit weit unter dem OECD-Durchschnitt von knapp 1%.

Diese Knausrigkeit lässt sich in Zahlen messen, aber sie zeigt sich noch viel härter in der Realität: in fehlenden Betreuungsplätzen, in zu kurzen Öffnungszeiten und in einem beschämend schlechten Betreuungsschlüssel. In Finnland ist eine Fachkraft im Kindergarten für sieben Kinder zuständig, in Dänemark eine für zehn Kinder. In Österreich kümmert sich eine Fachkraft im Durchschnitt um bis zu 24 Kinder

Kinderbetreuung ist Kinderbildung

Was wir in die Bildung von kleinen Kindern stecken, das kriegen wir vielfach zurück: Gute Bildung macht die Kinder gesünder, schützt sie später vor Arbeitslosigkeit – und wir alle sparen uns Sozialausgaben. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht bekommt die Gesellschaft jeden Euro, den sie in die Kindergärten steckt, rund achtmal zurück. Das ist ein verdammt guter Hebel. Deutlich besser als der bei den Unis.  Für jeden Euro, den wir in die Studierenden stecken, kommen laut OECD “nur” zwei für die Gesellschaft zurück.

All das stimmt aber nur, wenn der Kindergarten mehr ist als nur ein Ort, wo die Kinder aufbewahrt werden. Ein guter Kindergarten hat exzellente Pädagog:innen, die ihre Arbeit auch gescheit machen können, weil die Gruppe nicht so vollgestopft ist, dass man sich nicht einmal die Namen der Kinder kaum merkt.

Enorm viele Ausgebildete steigen wieder aus

Kleinere Gruppen sind längst überfällig. Dann wäre das Betreuungsverhältnis viel, viel besser. Davon hätten die Kinder was – aber auch die Pädagog:innen, die für einen Hungerlohn am Limit hackeln. Das Gehalt liegt bei nur knapp über 1.700 Euro netto. Eh klar, zu 98 Prozent machen den Job Frauen. Eigentlich ein Wunder, dass sich da überhaupt noch Menschen für diese wichtige Arbeit finden. Aber auch hier: Immer weniger

Nur 6 von 10 ausgebildeten Pädagog:innen arbeiten tatsächlich im Kindergarten – die anderen schauen, dass sie schnellstmöglich woanders unterkommen. In den ersten zwei Jahren im Job ist Dropout-Rate hoch: Die Kolleginnen kommen hochmotiviert aus der jahrelangen Ausbildung, nur um dann zu sehen, dass alles, was sie gelernt haben, in der Praxis eh nicht zu machen ist. 

Weil die Gruppen zu groß sind, weil die Zeit fehlt, weil das Personal fehlt. Kein Wunder, dass die Frauen jetzt wieder auf die Straße gehen

Die geschummelten 4,5 Milliarden für Kinderbetreuung

Wenn wir wollen, dass der vielleicht wichtigste Bildungsbereich ernsthaft arbeiten und die Bedürfnisse unserer Kinder im Blick haben kann, dann muss da viel, viel mehr Geld rein.

Was ist jetzt mit den 4,5 Milliarden von McNehammer? Wann gibt es das Happy Meal? Die Kohle gibt es verteilt über die nächsten sieben Jahre – bis 2030.  Das ist ungefähr so, wie wenn der Chef sagt: Hey, du bekommst 1200 Euro mehr Gehalt … ähm, ich meine natürlich 10 Euro pro Monat … aber gerechnet auf die nächsten 10 Jahre sind das ja 1200 Euro!Und selbst wenn wir jetzt jedes Jahr zusätzlich xx Millionen reinstecken – wir bleiben immer noch unter dem Schnitt der OECD-Länder.

Was uns der Kanzler da als Big Mac verkauft, ist also in Wirklichkeit nicht einmal ein einzelnes Chicken McNugget. 

Was es braucht: 

  1. Kinderbetreuung ist Kinderbildung: Der Kindergarten muss genauso kostenfrei sein wie später die Schule. Österreichweit. 
  2. Wer Kinder bildet und sich um die Kleinsten kümmert, muss anständig bezahlt werden. Die Löhne der Pädagog:innen gehören rauf – und ihre Arbeitszeit runter. 
  3. Einen Rechtsanspruch auf einen Vollzeit-Kindergarten-Platz. Denn derzeit gibt es viel zu wenige Ganztagesplätze für viel zu viele Menschen, die sie bräuchten.

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