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Kapitalismus
Ungleichheit

Mietpreisdeckel der Regierung: Zu langsam, zu wenig

Auf dem Bild sieht man den Deckel eines Topfes, in dem gerade Wasser kondensiert, als Symbol für den Mietpreisdeckel.
Mietpreisdeckel: Warum die Maßnahmen der Regierung zu kurz greifen.
ÖVP und Grüne haben neue Maßnahmen gegen die Teuerung präsentiert. Im Zentrum steht dabei ein lange geforderter Mietpreisdeckel. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu den Plänen und was die Kritik an ihnen ist.

Was ist ein Mietpreisdeckel?

Mieten werden, je nach Kategorie, regelmäßig an die Inflation angepasst. Bei normalen Teuerungsraten ist das kein großes Problem. Durch die hohe Teuerung sind in den vergangenen eineinhalb Jahren aber auch die Mieten extrem gestiegen. 

Ein Mietpreisdeckel soll die ständige Erhöhung der Mietpreise abschwächen. Vermieter:innen dürfen diese dann nicht mehr anhand der Inflationsrate anheben, sondern nur bis zu einer bestimmten Grenze. Die Regierung hat diese bei 5 Prozent pro Jahr gesetzt.

Warum sollte es einen Mietpreisdeckel geben?

Die hohe Inflation sorgt dafür, dass sich viele Menschen den Alltag nicht mehr leisten können. Besonders finanziell schwache Menschen sind davon betroffen, da sie anteilsmäßig mehr Geld für Grundbedürfnisse wie Essen oder eben auch Wohnen aufwenden müssen. Menschen mit niedrigeren Einkommen wohnen viel öfter zur Miete.

Die Erhöhung der Mieten stellt für sie und viele andere Menschen eine hohe finanzielle Belastung dar. Gleichzeitig treiben Mieterhöhungen auch die Teuerungsrate an. Ein Mietpreisdeckel hilft also nicht nur direkt durch weniger hohe Mieten, er kann auch für eine niedrigere Inflation sorgen.

Wie sieht der Mietpreisdeckel der Regierung aus?

Die Regierung will die Mieten für die nächsten drei Jahre, also 2024 bis 2026, deckeln. Die Mieten dürfen in diesen Jahren nicht mehr als fünf Prozent pro Jahr ansteigen. 

Der Mietpreisdeckel wird aber nicht für alle Mieter:innen gelten, sondern nur für Richtwert- und Kategoriemieten, vereinzelt auch für Genossenschaftswohnungen. Die Mieten von privaten Neubauwohnungen sind davon nicht betroffen. Das ist etwa ein Viertel der Mietwohnungen in Österreich.

Was ist die Kritik am Mietpreisdeckel der Regierung?

Der Mietpreisdeckel kommt viel zu spät und wird kaum eine Entlastung bringen.

Knapp ein Viertel der Mieter:innen fällt unter Richtwertmieten also Altbau. Ihre Mietpreise wurden erst im Mai erhöht. Die Kategoriemieten machen 4 Prozent der Mieter:innen aus. Ihre Mieten wurden erst Anfang Juli erhöht. 

Normalerweise werden Richtwertmieten alle zwei Jahre angepasst. Die nächste Mieterhöhung steht hier also erst 2025 an – vorher greift die Mietpreisbremse der Regierung nicht. Im Schnitt sind die Mieterhöhungen seit 2021 in diesem Bereich um knapp 100€ gestiegen. Die Mietpreisbremse greift hier erst 2025 und senkt die Mieten im Schnitt lediglich um 36 Euro pro Monat bis Ende 2026.

Ein Viertel der Mieter:innen unterliegt im Neubau freien Mieten. Sie haben gar nichts vom Mietpreisdeckel, da sie nicht erfasst werden. Gleichzeitig wurden sie vom Anheben der Mietpreise in den letzten Monaten am stärksten getroffen. Im Vergleich zu 2021 lagen ihre Mietpreise im ersten Quartal 2023 um fast 15 Prozent höher.

Mieter:innen in Genossenschaftswohnungen wird zum Teil durch den Mietpreisdeckel geholfen. Vielen Mieter:innen wäre nächstes Jahr eine Mieterhöhung von knapp 15 Prozent bevorgestanden. Aber auch hier sind die Erhöhungen oft schon dieses Jahr passiert.

Wie sollte ein funktionierender Mietpreisdeckel aussehen?

Dass die Regierung den richtigen Zeitpunkt für einen Mietpreisdeckel verpasst hat, kann man nicht mehr ändern. Die Regierung könnte den Deckel aber sehr wohl rückwirkend einführen. Das ist die wichtigste Forderung, zu der das Momentum Institut nach einer ersten Analyse des Pakets kommt.

Zudem fordert es eine Deckelung auf zwei Prozent, was der Ziel-Inflationsrate der Europäischen Zentralbank entspricht. Portugal und Spanien haben den Mietpreisdeckel mit dieser Begrenzung bereits umgesetzt. Auch andere Länder haben bereits früher eingegriffen. Die österreichische Regierung hat sehr spät und zu vorsichtig reagiert.

Welche Maßnahmen hat die Regierung außer dem Mietpreisdeckel geplant?

Neben einem Mietpreisdeckel wurden noch weitere Maßnahmen angekündigt:

Klimaticket und Autobahn-Vignette werden nicht erhöht. Das macht allerdings nur einen sehr geringen Betrag aus. Die Vignette wäre um 14€ pro Jahr erhöht worden. Das Klimaticket macht Öffis für Vielnutzer:innen tatsächlich schon jetzt grundsätzlich leistbarer, wäre mit seinem Werbeversprechen von allen öffentlichen Verkehrsmitteln für “3€ pro Tag” aber wohl ohnehin nicht erhöht worden.

Gemeinden werden aufgefordert, ihre Gebühren nicht zu erhöhen. Sie sollen dafür mit 150 Millionen Euro finanziell unterstützt werden. Es wird ihnen aber nicht vorgeschrieben. Ein Gebührenstopp vom Bund wurde bereits im Juli angekündigt. Das betrifft Verfahren bei Behörden, etwa die Ausstellung von Führerschein oder Reisepass.

Energieerzeugern sollen Gewinne abgeschöpft werden, wenn sie zu viel Gewinn aus fossilen Brennstoffen machen. Die bisherigen Maßnahmen dazu waren sehr zurückhaltend, konkrete Verschärfungen wurden nicht genannt.

Gegen erhöhte Preise im Handel wird ein Anti-Teuerungsplan erarbeitet. Der lässt aber noch auf sich warten, Details gibt es dazu noch keine.

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