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Arbeitswelt

Mythos "Lohn-Preis-Spirale": Warum die Löhne nicht die Preise treiben

Die Lohn-Preis-Spirale ist ein Mythos
Die Lohn-Preis-Spirale ist ein hartnäckiger Mythos
Immer bei Lohnverhandlungen warnen die Unternehmen vor der "Lohn-Preis-Spirale". Warum sie ein Mythos ist.

Die angespannte wirtschaftliche Lage spüren wir alle in unseren Geldbörsen. Denn die hohen Preise drücken die Kaufkraft, das heißt: Vom gleichen Lohn kann man sich immer weniger leisten. Wie stark das Geld an Wert verliert, misst die Inflationsrate. Sie lag im Juli bei über neun Prozent. Das ist der höchste Wert seit fast 50 Jahren. Steigen die Löhne nicht ausreichend mit, drohen alle Lohnabhängigen auf dem Kaufkraftverlust sitzen zu bleiben. Wie hoch die Löhne mit der nächsten Lohnanpassung steigen sollen, verhandeln die Sozialpartner bei der Herbstlohnrunde.  

Mythos „Lohn-Preis-Spirale“

Verhandlungsbasis ist traditionell der Durchschnitt der Teuerung der letzten zwölf Monate. Das wären diesmal zwischen sechs und sieben Prozent. Aber kaum fordert die Vertretung der Arbeitnehmer:innen entsprechend hohe Löhne, warnt die Arbeitgeberseite vor einer drohenden “Lohn-Preis-Spirale“: Hohe Lohnabschlüsse würden die Teuerung weiter antreiben.  

Diese scheinbar sachliche Behauptung kommt sicher wie das Amen im Gebet. Dass sie allerdings alles andere als wissenschaftlich fundiert ist, verrät ein Blick in die Forschung zur Inflation: Studien zeigen, die Löhne erhöhen sich aufgrund der Preise, nicht umgekehrt.[1] Und nicht die Löhne, sondern der Gewinn ist der größte Preistreiber. Die Bedeutung der Löhne wird bei der Preisentwicklung überschätzt.[2]

Löhne sind nur ein Teil der Preise

Es ist nachvollziehbar, dass die Löhne die Preise nicht allzu stark antreiben, wenn man an ein hergestelltes Produkt denkt. Der Lohn ist dabei nur ein Teil der Kosten.  Wird in einer Bäckerei der Lohn für die Mitarbeiter:innen erhöht, hat das keinen Einfluss auf den Preis von Mehl, Zucker und den Strom für den Backofen. Preise insgesamt sollten also um deutlich weniger steigen als um den Anstieg der Löhne. 

Derzeit steigen die Preise vor allem aufgrund von Lieferkettenproblemen, Engpässen am Gütermarkt, sowie hohen Energiepreisen. Die Lohnentwicklungen sind flach. Ein Teil der Inflation ist importiert – Krieg in der Ukraine, Unsicherheit am Energiemarkt – ein anderer Teil hausgemacht. Die Teuerung ist für viele Unternehmen Anlass dafür, ihre Preise deutlich zu erhöhen – teils mehr, als sie aufgrund der gestiegenen Kosten eigentlich müssten. Will man dem Kaufkraftverlust der Bevölkerung nachhaltig entgegenwirken, müssen die Löhne deutlich angehoben werden. Denn wird die Teuerung nicht angemessen ausgeglichen, fällt der Reallohnverlust für Arbeitnehmer:innen bald noch massiver aus.  

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