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Fortschritt
Ungleichheit

Was heißt non-binary? "Ich bin kein Mann und auch keine Frau"

Auf dem Foto zu sehen ist Alex, eine non-binary Person. Sie trägt ein Jeanskleid und sieht in die Kamera.
Alex ist non-binary. Mal trägt sie Lippenstift, dann wieder Bart. Foto: Alex Hölzl
Nicht Mann, nicht Frau. Alex ist non-binary. Für unsere Serie "Was ich wirklich denke" erzählt Alex von Reaktionen aus Familie und auf Social Media und wie eine Welt ohne Zwang aussehen könnte.

Ich bin kein Mann, ich bin keine Frau. Ich stehe irgendwo dazwischen. Sozialisiert wurde ich als Junge, in meinem Pass steht „weiblich“. Beides stimmt nicht ganz. Ich bin non-binary. Je nachdem, wie ich mich anziehe, werde ich als männlich oder weiblich wahrgenommen. Wie andere mich sehen, ist mir gleich. Wenn mich jemand als „Herr“ anspricht oder eben als „Dame“, beleidigt mich das nicht.

Dass aus mir nicht der Mann wird, den mein Umfeld erwartet hat, habe ich schon früh gespürt. Als Kind habe ich mich mit den Mädels nicht nur besser verstanden, ich konnte mich mit ihnen auch mehr identifizieren als mit den Burschen, die ich als aggressiv und ich-gesteuert wahrgenommen habe. Ebenso früh habe ich erfahren, wie festgefahren die Gesellschaft im Geschlechtersystem ist. Im Kindergarten durfte ich etwas nicht mit Puppen spielen, weil sich das mit den Erwartungen an einen kleinen Jungen gespießt hat.

Mal Bart und Hemd, mal Kleid und Lippenstift

Vor Jahren habe ich angefangen, als non-binary Person nach draußen zu gehen. Ich bin auf Social Media aktiv, poste viele Fotos von mir, die abbilden, in welcher Bandbreite ich mein Geschlecht ausdrücke. Mal trage ich einen Rock, an anderen Tagen ziehe ich ein Hemd darüber und lasse mir meinen Bart stehen.

Ich bekomme teils heftige Hassnachrichten, wenn ich mich so zeige, wie ich eben bin. Männer drohen wir immer wieder mit Gewalt, Frauen belächeln mich und werten mich ab. Aber es gibt auch viele positive Reaktionen. Manche beneiden mich um meine Freiheit.

non-binary leben ist Freiheit

Für diese Freiheit habe ich viel riskiert. Ich lebe in Leonding in Oberösterreich, dort werde ich geächtet, seit ich auch ab und an Lippenstift trage. Teile meiner Familie sprechen nicht mehr mit mir. Ich habe viele Freunde verloren. Sogar in meiner Arbeit muss ich Rückschläge wegstecken. Als vor ein paar Jahren ein Artikel über mich erschienen ist, habe ich vier Kunden verloren. Obwohl ich in der Filmbranche arbeite und dort bestimmt mehr Narrenfreiheit genieße als etwa bei einer Bank, war der Ausdruck meiner Geschlechtsidentität offenbar zu viel für sie.

Früher haben Männer Stöckelschuhe getragen, heute tragen Frauen Hosen. Die Regeln, die wir uns auferlegen, sind völlig willkürlich. Erst vor ein paar Monaten hat es der Popsänger Harry Styles auf das Cover der Vogue geschafft. Er trägt ein Kleid. Das sollte eigentlich keine Nachricht wert sein, aber in dem starren System, in dem wir leben, ist es eine Sensation.

Ich habe vier Kinder. Mir ist wichtig, dass sie die völlige Freiheit haben, sich zu entfalten. So wie alle Menschen das tragen, so leben und lieben sollen, wie sie es möchten. Ohne Angst vor Beschimpfungen und Ausgrenzung. Das ist es, was ich mir für die Zukunft wünsche: Dass wir die Leute endlich mal so sein lassen, wie sie sind.

Du kannst Alex auf Instagram folgen.

 

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