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Ungleichheit

“Petar Thunberg” demonstriert alleine für die Mietpreisbremse

“Petar Thunberg” demonstriert alleine für die Mietpreisbremse
Der Pensionist protestiert vor dem Bundeskanzleramt für eine Mietpreisbremse. Foto: MOMENT/Lisa Wohlgenannt, CC BY-SA 4.0
Er sieht anders aus als Greta Thunberg. Er ist kein junges Mädchen, sondern ein älterer Herr. Doch es gibt Gemeinsamkeiten. Er protestiert. Alleine. Für eine größere Sache. Deswegen nennt er sich „Petar Thunberg“, erklärt er mit einem Lächeln. Ein Pensionist im Kampf für die Mietpreisbremse.
 
 

Der Himmel ist grau, die Häuser sind grau, der Boden ist grau. Mittendrin ein Klecks Farbe in grellem Orange. Es ist das selbst gebastelte Schild von „Petar“. „Mietpreisbremse jetzt !!“ steht vorne drauf. Hinten ein Text, indem er die Leute einlädt, sich zu ihm zu gesellen. 

Petar demonstriert seit Anfang März immer Montag bis Freitag gegen die Blockade der ÖVP in Sachen Mietpreisbremse. Abwechselnd stellt er sich zwischen 8 und 9 Uhr vor das Bundeskanzleramt oder die ÖVP-Parteizentrale. „Da, wo die sind.“ Mit „die“ meint er „die Blockierer“.

Die ÖVP blockiert die Mietpreisbremse

Manche Länder haben sie bereits eingeführt, in Österreich wird sich die türkis-grüne Regierung nicht einig. Die Mietpreisbremse. Denn die ÖVP koppelt die Mietpreisbremse an einen Freibetrag von 500.000 Euro bei der Grunderwerbsteuer. Da will der grüne Regierungspartner nicht mit.

Dieser Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer hilft laut dem Momentum Institut kaum – insbesondere nicht den unteren Einkommensschichten. Denn fast alle Haushalte müssen für den Kauf eines Eigenheims einen Kredit aufnehmen. Voraussetzung dafür sind mindestens 20 Prozent Eigenmittel und die monatliche Kreditrate darf 40 Prozent des Nettoeinkommens nicht übersteigen. Angesichts der aktuellen Immobilienpreise erfüllen diese Konditionen die wenigsten Haushalte. Und selbst wenn, macht die Grunderwerbsteuer einen verschwindend geringen Teil der Kosten aus. Eine Mietpreisbremse würde hunderttausende Haushalte entlasten. Auch Petar.

„Ich schaue dahin, wo Armut ist“

„Als ich gehört habe, dass die ÖVP diesen Freibetrag fordert … das war zu viel“, erzählt der 70-Jährige. Da habe er beschlossen, demonstrieren zu gehen. Auf die Frage, ob er persönlich betroffen ist und sich deswegen für die Mietpreisbremse einsetzt, antwortet er: „Das ist jammern auf hohem Niveau“. Doch die Teuerung bei den Mieten spürt auch er. Steigen sie wie erwartet, kostet ihn seine Wohnung bald fast die Hälfte seiner Pension.

Er weiß aber, wie es ist, mit weniger zu leben. Aufgewachsen ist er bei seiner Mutter, die als Alleinerziehende für ihn und seine zwei Brüder gesorgt hat. Gewohnt haben sie im 10. Wiener Gemeindebezirk Favoriten. Die Mutter habe sich gut um die Kinder gekümmert. Dass das Leben in der untersten Einkommensschicht nicht einfach ist, haben die Buben trotzdem früh gelernt. Er spricht vom „Subproletariat“, in dem er aufgewachsen ist. „Nicht einmal für’s Proletariat hat’s gereicht.“ Das hat Petar geprägt und für soziale Themen nachhaltig sensibilisiert. „Ich schaue dahin, wo Armut ist“, und die findet sich in seinem Umfeld nach wie vor, erzählt er.

Existenzen sind bedroht

Und die Armut droht zu steigen. „Uns erreichen immer mehr Hilferufe von besorgten Mietern und Mieterinnen, die sich vor der Delogierung fürchten, weil sie sich das nicht mehr leisten können“, schildert ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian die Situation der Menschen. Das Scheitern der Mietpreisbremse sei verantwortungslos, weil es weitere Existenzsorgen für hunderttausende Haushalte bedeute, fügt er hinzu.

 
"Petar Thunberg" steht mit seinem Schild vor dem Bundeskanzleramt. Zwei Frauen gehen an ihm vorbei. Er lächelt.

Foto: MOMENT/Lisa Wohlgenannt, CC BY-SA 4.0

Zurück zu Petar. Er steht noch immer vor dem Bundeskanzleramt. Leute, die an ihm vorbeigehen, grüßt er freundlich. Die Reaktionen auf seinen Protest fallen ganz unterschiedlich aus, erzählt er. Manche haben ihn belächelt, andere den Daumen hochgehalten. Manche bleiben ein Weilchen stehen und unterhalten sich mit ihm. Mitglieder:innen und Vertreter:innen der ÖVP haben ihn meist ignoriert: „Die sind wie Teflon, an denen perlt alles ab“, sagt er.

Aufgeben will er nicht. Und aufhören erst dann, wenn es eine gerechte Bremse gibt, die hilft. Verstreicht die Chance darauf im April, ohne dass die Regierung sich einig wird, „dann muss ich mir etwas überlegen“, sagt Petar.

Hunderttausende Haushalte sind betroffen

Dann müssen sich noch mehr Menschen etwas überlegen. Nämlich, wie sie ihr Leben finanzieren. Allein die Erhöhung der Richtwertmieten, die am 1. April mit 8,6 Prozent ansteht, betrifft 400.000 Haushalte. Im Juni steht die Erhöhung für die Kategoriemieten an. Das sind noch einmal 80.000 Haushalte. Und auch die Bewohner:innen von freien Mietwohnungen warten auf eine Entlastung.

Einige Länder haben bereits eine Mietpreisbremse beschlossen. Während in Österreich der Anteil des Bereichs Wohnen an der Inflation 1,5 Prozentpunkte beträgt, war der Anteil in Frankreich, Spanien und Portugal mit 0,2 Prozentpunkten bedeutend geringer. Genauso wie die Inflation an sich. Eine Mietpreisbremse drosselt nicht nur die Mieten, sie bremst auch die Inflation.

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