Arbeitswelt

Was eine Putzkraft wirklich denkt: Ihr wollt ein sauberes Büro – aber ignoriert uns beim Putzen

Margot (Name geändert) putzt seit Jahren - einst Autobahntoiletten, heute Büros. Ein leichter Job ist das nicht. Aber was sie wirklich stört, ist mangelnde Wertschätzung. Sie erzählt, was sie wirklich denkt.

Heute ist wieder ein echter Scheißtag, das kann ich sagen. Normalerweise reinigen wir diese Betriebsstätte zu viert. Jede:r hat seinen oder ihren eigenen Stock, dann macht man noch die sonstigen Räume wie den Eingangsbereich oder das Sekretariat. Doch mein Chef hat gleich mehrere Kolleg:innen auf Urlaub geschickt, obwohl wir ohnehin schon zu wenige sind.

Mein Arbeitsbeginn hier in dieser Produktionsstätte ist um fünf Uhr in der Früh und ich stehe meistens eine Stunde früher auf. Die Arbeitszeit schreiben wir nicht auf: Du hörst auf, wenn du fertig bist. Wenn wir schnell und koordiniert sind, kann das schon einmal nur sechs Stunden dauern. Bin ich alleine, dann dauert es eben länger.


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Unbezahlt herumfahren

Früher – beziehungsweise bei anderen Arbeitgeber:innen – gab es noch sogenannte Splitdienste. Das heißt, du arbeitest in der Früh drei Stunden, fährst heim und kommst am Abend wieder. Die Zeit dazwischen ist logischerweise unbezahlt. Und das, obwohl man dann nicht nur einmal hin- und zurückfährt, sondern zweimal.

Manchmal sind die Dienstorte weit auseinander. Du fängst sehr früh an und musst dann noch woanders hinfahren. Zum Glück ist das bei mir momentan nicht so, denn ich habe einen festen Standort.

Lieber putzen statt früherer Job

Gelernt habe ich ursprünglich Einzelhandelskauffrau. Das war schon ganz in Ordnung, aber irgendwann wollte ich nicht mehr nur Teilzeit arbeiten. Im Handel gibt es leider nur 20-, 25- oder 35-Stunden-Stellen – zumindest war das damals so.

Vor 13 Jahren habe ich mich dann entschieden, in die Reinigung zu gehen. Da kannst du Vollzeit arbeiten und verdienst vergleichsweise gut. Erst recht, wenn ich mir vorstelle, wie wenig ich verdienen würde, müsste ich meine 1.800 Euro netto auf 20 oder 30 Stunden runterrechnen.

Klos auf der Autobahn

Die Umstellung war einfacher als gedacht. Ich habe zunächst einen Basiskurs gemacht. Wenn neue Reinigungsmittel kommen, bekommt man eine Einschulung. Mittlerweile bin ich nach der erfolgreichen Absolvierung eines Kurses schon Vorarbeiterin.

Ganz am Anfang habe ich Autobahnraststätten gereinigt. Das war schon ganz anders als jetzt. Selbstverständlich reinigt man dort Toiletten. Manche Menschen scheinen eher nach dem Zufallsprinzip zu zielen und treffen nur zufällig dorthin, wo sie es sollten.

Aber in einer Fleischerei wäre es ebenfalls grauslich und ganz ehrlich: Es sehen und riechen auch Schuhverkäufer:innen Dinge, an die ich nicht denken möchte.

Habe ich das wirklich nötig?

Die gegenwärtige Arbeit mache ich jetzt seit fünf, sechs Jahren. Es ist hier schon um einiges besser und angenehmer als auf einer Autobahnraststätte. Doch hier ist nicht alles problemlos.

Wenn du den Eingangsbereich gerade und offensichtlich gewischt hast, gibt es schon vor allem die jungen Anzugträger – meistens Männer –, die einfach durchmarschieren. Dann sagst du ihnen, dass gerade frisch gesäubert ist, und sie sagen: „Wisch halt noch einmal drüber.“

Früher habe ich dann zurück geredet, wenn die Leute so arrogant waren. Und dann habe ich es noch einmal gewischt und mich gefragt: Habe ich das wirklich nötig? Weil was soll man da sagen? Sie hatschen dreimal durch – so werde ich nie fertig.

Ich putz‘ einmal!

Jede:r will einen sauberen Arbeitsplatz – aber dafür müsste man noch früher anfangen. Ich beginne eh schon lange, bevor die Leute herkommen, möchte mir aber keinen zweiten Meldezettel holen oder einen Nebenwohnsitz anmelden. In den Momenten denke ich mir: Es geht halt ums Geld.

Und ich mache das nicht mehr. Ich rede nicht mehr zurück und wische auch kein zweites Mal.  Am aktuellen Standort sind die Menschen zum Glück netter, und sie hinterlassen die Tische nicht komplett verdreckt.

Was noch dazu kommt, ist das, was ich am Anfang gesagt habe: Wir sind stark unterbesetzt. 

Wer soll reinigen?

Das liegt an mehreren Dingen. Ich bin zum Beispiel eine der wenigen, die Deutsch als Muttersprache hat. Für mich ist es kein Problem, wenn Kolleg:innen eine andere Sprache sprechen. Aber dass kaum jemand in dieser Branche arbeiten will, führt dazu, dass es Leiharbeit und Subfirmen aus dem Ausland gibt, bei denen niemand mehr genau weiß, wer wo eigentlich angestellt ist – oder nicht.

Selbst wenn es hier und da kulturelle Unterschiede gibt, zeigt der hohe Anteil an Ausländer:innen, dass es sie braucht, ohne sie geht es nicht. Denn sauber haben will es ja jede:r haben.

Mehr Wertschätzung

Was ich mir wünschen würde, ist mehr Wertschätzung. Denn die wenigsten sehen die Menschen, die es möglich machen, jeden Tag in ein frisch gereinigtes Gebäude zu kommen.

Ich meine nicht einmal, dass mir jede:r in der Früh auf die Schulter klopfen soll. Aber man sollte nicht jedes Mal betteln müssen, um ordentliche Utensilien zu bekommen.

Und es wäre nett, wenn man nicht durch frisch gewischten Boden läuft.


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