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Ungleichheit

Wie Politiker:innen schlechte Nachrichten verschleiern: Wenn „wir“ nicht „wir“ ist

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In Krisenzeiten wird von Politiker:innen gerne das „Wir“ benutzt. Dieses „Wir“ verschleiert aber mehr, als es zur Lösung beiträgt. Natascha Strobl analysiert die Rhetorik Tricks, mit denen Politiker:innen schlechte Nachrichten verschleiern.

Rhetorik Tricks: Wenn „wir“ nicht „wir“ ist

Christian Lindner hat es gesagt, Robert Habeck hat es schon davor gesagt. Und auch Magnus Brunner weiß zu berichten. Wenn Politiker:innen schlechte Nachrichten überbringen müssen, dann machen sie das gerne als „wir“.

„Wir werden ärmer werden“ suggeriert, dass alle betroffen sind. Es hat auch etwas Unabwendbares, denn, wenn es alle gleichermaßen trifft, dann hat auch niemand schuld und die Krise bricht wie eine Naturkatastrophe über „uns“ herein. Doch soziale (und damit ökonomische) Prozesse sind keine Naturkatastrophe und auch nicht unabwendbar.

Das „Wir“ der Politiker:innen gibt es nicht

Dieses „Wir“ existiert in dieser Form auch nicht. Und zwar deswegen nicht, weil zum Beispiel viele Reiche während der Corona-Pandemie noch reicher wurden.
Und während die Energiepreise immer weiter stiegen, schöpften Energiekonzerne Milliardengewinne, die sie an ihre Vorstände und Aktionär:innen auszahlten.

Gleichzeitig bewirken Teuerung und steigende Zinsen reale Verluste beim Wohlstands, Einkommen und Vermögen von allen, die nicht von ihren Aktiendepots oder Firmenbeteiligungen leben können. Also bei allen, die ihr Leben durch die Kraft ihrer Hände oder Hirne bewältigen müssen.

„Wir“ verschleiert die Ungleichheit zwischen Arm und Reich

Dieses „Wir“ vernebelt also Verteilungskämpfe. Die finden aber trotzdem statt. Dabei wird nach wie vor nach oben umverteilt. Klar: Einmalzahlungen sind gut und können unmittelbar Abhilfe schaffen. Sie ersetzen aber keine strukturellen Änderungen, die verhindern, dass Reiche immer reicher und Arme immer ärmer werden. In der Krise beschleunigt sich dieser Vorgang, aber die Entwicklung ist seit 30 Jahren tief im neoliberalen System verankert.

Lebensstil der Familie Simpson heutzutage nicht mehr möglich

Wer den nackten Zahlen nicht glaubt: Als die Simpsons Ende der 80er erschienen, waren ihre Lebensumstände sinnbildlich für das Leben von Amerikaner:innen der Arbeiterklasse: Drei Kinder, zwei Autos, eine Katze, ein Hund, ein Haus. Alles bezahlt vom Leben eines Facharbeiters in einem Kraftwerk. Das ist aus heutiger Sicht völlig utopisch. Selbst gut verdienende Zwei-Personen-Familien schaffen es nur schwer, an so etwas wie ein Haus zu kommen. Für Arbeiter:innen in den Ballungszentren ist das ohnehin nur noch reine Utopie. Klar, dazwischen liegen das Ende der neoliberalen Party, die Finanzkrise und seitdem nur noch weitere Krisen.

In all diesen Krisen gibt es aber kein kollektives „Wir“. Denn manche werden durch Krisen nur noch reicher und viele nur noch ärmer.

„Wir“ alle werden also keinen Wohlstandsverlust erleiden. Die Meisten von uns aber schon.

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