Shutdown beendet: Die Demokraten haben es immer noch nicht verstanden…

Es passiert immer wieder: Kann sich das US-Parlament nicht auf ein Budget einigen, dann geht der gesamte Regierungsapparat in den „Shutdown“. Das betrifft nicht nur die Regierung selbst, sondern vor allem die Verwaltung und alle zugehörigen Behörden. Das heißt: Von der Auszahlung von Sozialhilfen wie den Lebensmittelmarken über den Lohn aller Bundesbediensteten (inklusive der Soldat:innen) bis zu den Nationalparks steht alles still. Nichts geht mehr.
Politisch endet das meist in einer Katastrophe für jene Partei, die die Öffentlichkeit dafür verantwortlich macht. Entsprechend schnell versuchen meist alle, diesen Zustand zu beenden.
Streit um Krankenversicherung
Der aktuelle Shutdown begann am 1. Oktober, als das letzte Budget für die Dienstleistungen der US-Regierung auslief. Demokrat:innen und Republikaner:innen konnten sich auf kein neues Gesetz einigen.
Zentraler Streitpunkt ist die staatliche Unterstützung der Krankenversicherung (vor allem den „Affordable Care Act“), welche die Republikaner:innen finanziell austrocknen wollen. Das würde bedeuten, dass sich die Beiträge für die Versicherten verdoppeln, verdreifachen oder sogar vervierfachen.
Für die 24 Millionen Menschen, die auf diese bezahlbare Krankenversicherung angewiesen sind, ist das unleistbar. Fallen sie aus der Versicherung, stehen die meisten komplett ohne Schutz da. Die Folgen sind so absehbar wie katastrophal: Das würde Schätzungen zufolge jährlich 50.000 Menschen das Leben kosten - Tode, die leicht zu verhindern wären und politisch herbeigeführt würden.
Der Kampf um die leistbare Krankenversicherung stand im Mittelpunkt des demokratischen Drucks. Hier wollten sie nicht nachgeben. Und sie hatten die Öffentlichkeit an ihrer Seite.
Shutdown: Trump unbeliebt wie nie
Ein zweiter Schauplatz waren die Lebensmittelmarken. Viele US-Bundesstaaten haben sie trotzdem weiter ausgezahlt, schlicht weil sie Menschen nicht hungern lassen wollten. Die Trump-Regierung verbot das den Bundesstaaten und versprach, juristisch gegen die Auszahlungen vorzugehen.
Zusätzlich beginnt nun die Feiertags-Saison mit Thanksgiving und der Flugverkehr ist ein einziges Chaos. Einerseits wegen der Eingriffe durch das neue „DOGE“ (Department of Government Efficiency) und den Folgen davo, dass man wild mit der Axt durch wichtige staatliche Organisationen gekürzt hat. Andererseits, weil auch die Luftfahrtaufsicht vom Shutdown betroffen ist.
Alles in allem eine wirklich desaströse Situation für die Republikaner:innen. Sie wurden für den Shutdown verantwortlich gemacht und sind unbeliebt wie nie. Trumps Beliebtheitswerte waren schon davor schlecht und gingen nun noch auf Talfahrt. Zumal es gleichzeitig große demokratische Wahlerfolge gab - prominent in New York, aber auch in traditionell umkämpfteren Gebieten wie New Jersey.
Demokraten machen zur falschen Zeit das Falsche
Die Zeichen standen also richtig gut für die Demokrat:innen. Sie konnten viel Druck aufbauen, die Öffentlichkeit war auf ihrer Seite, die Wahlergebnisse gaben ihnen recht und die Situation wurde für die Republikaner:innen immer trister.
Wir ahnen, was dann passierte.
Die Demokrat:innen haben all ihre Vorteile aus der Hand gegeben und acht ihrer Senator:innen der Aufhebung des Shutdowns zugestimmt - ohne von den Republikaner:innenn eine wesentliche Gegenleistung zu bekommen. Das hätten sie Anfang Oktober schon haben können. Den Shutdown über einen Monat durchzuhalten ergibt nur Sinn, wenn man mit mehr hinausgeht, als man von Anfang an hätte haben können. Sie haben ihren Vorteil komplett sinnlos und ohne Not verspielt.
Der Glaube an den unsichtbaren Schiedsrichter
Ihre Erzählung ist ein bisschen anders. Einen angeblich großen Verhandlungserfolg wollen sie schon bekommen haben: Eine Abstimmung über die Krankenversicherung. Davor hätte es den Republikaner:innenn schon genügt, eine Regelung auslaufen zu lassen. Nun wird abgestimmt. Das haben ihnen die Republikaner:innen fest versprochen. Die zentristische Führung der Demokrat:innen glaubt nun wirklich, dass ein solches Versprechen auch ganz sicher eingehalten wird. Schließlich darf man Regeln nicht brechen und MAGA ist bekannt dafür, fair zu spielen.
Und wenn es zu dieser Abstimmung kommt und die Republikaner:innen (mit ihrer Mehrheit) gegen die niedrigen Beiträge zur Krankenversicherung stimmen? Denn dass das nicht passiert, glauben die acht Senator:innen nicht einmal selbst. Dann, so dasKalkül, würden alle sehen, wo die Trump-Partei steht. Zu viele Demokrat:innen glauben immer noch an einen unsichtbaren Schiedsrichter, der das Unrecht bestraft, sobald es geschieht. Als würde es reichen, empört auf das Unrecht zu zeigen.
Dabei wissen die meisten Menschen in den USA längst, wer wo steht. Sie brauchen kein weiteres Theaterstück. MAGA und Trump muss man zwingen, man muss sie vor sich hertreiben. Man besiegt sie nicht im feinen Duell der Worte. Das ist ihnen egal. Sie machen Druck und setzen Zwang, wo immer es geht. Auch so zu antworten, wäre die einzige Sprache, die sie verstehen.
Eigentor statt Elfer beim Shutdown
Nur die zentristischen Demokrat:innen verstehen es nicht und fürchten sich wieder einmal vor dem eigenen Schatten. Anstatt hart zu bleiben und jeden Tag die politischen und medialen Daumenschrauben enger zu ziehen, glaubt man an „Zeichen setzen“ und Skandalisierung. Sie schießen sich den Ball ins eigene Tor, obwohl sie nur noch den Elfmeter ohne Tormann verwandeln mussten. „Hoch gewinnen“ werden sie so nichts mehr. Es ist dieselbe Verliererstrategie wie seit 2016.
Und das alles zu einer Zeit, wo eine Handvoll Demokrat:innen längst die Gewinnerstrategie aufgezeigt hat: Furchtlos zu sich selbst stehen, Leute für den eigenen Weg begeistern und unendlich Druck von unten aufbauen. Das macht der demokratischen Parteiführung aber so viel Angst, dass sie lieber mit den Republikaner:innenn stimmt.



